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SchrottT (German Edition)

SchrottT (German Edition)

Titel: SchrottT (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Post
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Klamotten schlüpfte. Er packte seine Violine ein. Vergaß um ein Haar den Schlüssel zu seinem WG-Zimmer. Auf dem Fahrrad verausgabte er sich dermaßen, dass er keinen geraden Ton aus seinem Instrument gebracht hätte, wenn er es jetzt in die Hand genommen hätte.
    In Rekordzeit legte Colin den Weg zum Proberaum in der Kapelle zurück. Über Nacht war ein frisches Graffito hinzugekommen, aber Colin nahm sich nicht die Zeit, es zu entziffern. Er kettete das Fahrrad an und half der Band, das Equipment zu verladen.
    Wolf trug wieder sein viel zu großes Powerwolf-T-Shirt, das wie die rituelle Kleidung eines Priesters wirkte. Tier trug einen voluminösen Karton mit der Aufschrift: »Zerbrechlich!« James diskutierte mit seinem Vater neben der Fahrertür über die Benzinkosten.
    »Nein, wir kriegen keine Gage«, sagte er gerade. »Wir können froh sein, wenn wir unser Bier nicht selbst bezahlen müssen.«
    »Junge, hast du dir in letzter Zeit die Spritpreise angesehen?«
    »2,49«, sagte James und zuckte mit den Schultern.
    »Für Mitarbeiter und Angehörige der GmbH, ja …«
    Colin sagte artig: »Guten Tag, Herr Günclü.«
    »Oh, du musst der Fan sein, von dem mir mein Nachwuchs so stolz erzählt hat.« Herr Günclü drückte Colin die Hand. »Würdest du der Band Nachhilfe in Sachen Kraftstoffsteuer in BaWü geben?«
    »Dreiunddreißig Prozent«, sagte Colin automatisch. »Für den Weiterbau des Stuttgarter Tiefbahnhofs.«
    »Hör zu«, sagte James und zeigte auf seinen Gitarrenkoffer, der an der Stoßstange lehnte. »Ich kümmere mich um mein Instrument, und ihr zwei Experten unterhaltet euch weiter über die größte Baustelle des Landes.«
    »Das ist typisch«, sagte Herr Günclü. »Immer läuft er weg, wenn es Probleme gibt. Aber das ist ja nicht ungewöhnlich heutzutage. Und wovor läufst du weg?«
    Colin vergewisserte sich, dass James außer Hörweite war. »Herr Günclü«, sagte er dann, »ich bin von der Steuer ausgenommen.«
    »Wie bitte?«
    »Ja. Und jetzt sagen Sie nicht: Oh Gottogott, mein Sohn verkehrt mit einem Mafioso!«
    »Ich würde eher fragen: Seit wann hören Mafiosi diesen … Krach?«
    Colin hob den Zeigefinger. »Die korrekte Bezeichnung lautet Crap Metal«, sagte er. »Sehen Sie, mein Stiefvater arbeitet im Umfeld der GmbH. Deshalb ist er von der Steuer ausgenommen und ich als Familienmitglied auch.«
    »Crap Metal«, echote Herr Günclü und sah nachdenklich dem Drummer dabei zu, wie er seinen riesigen Pappkarton auf einem quietschenden Rollbrett über den Kies zum Transporter manövrierte.
    »Tja«, machte Colin, »Stiefväter sucht man sich nicht aus, wissen Sie?«
    Herr Günclü sah Colin lange wortlos an. Seine tiefbraunen Augen drückten eine Sorge aus, die er nicht in Sätze kleiden wollte oder konnte. Colin verstand sie trotzdem.
    »Ich verspreche nicht, dass ich auf James aufpasse«, sagte er. »Wie auch, ich bin ja nur sein … Fan. Aber ich kümmere mich um das Benzin, in Ordnung?«
    »Ich …« Ein Lächeln huschte über Herrn Günclü wie ein Windhauch in diesem heißen Hochsommer. »Ich würde mich freuen, wenn du volltanken würdest, bevor ihr den Wagen zurückgebt. Hier …« Der Mann kramte einen abgegriffenen Zwanziger aus der Hosentasche. »Versteh das nicht als primitiven Geiz … aber inzwischen wird man bei der Tanke schön blöd angemacht, wenn man an der Kasse nicht nachweisen kann, dass man steuerbefreit ist. Versprich …« Herr Günclü senkte die Stimme, weil James gerade wieder auftauchte. »… versprich mir, dass du versuchst, nicht auf der Baustelle zu landen, in Ordnung?«
    »Sicher.« Lauter fügte er an: »Danke, Herr Günclü. Ich bin sicher, wir werden viel Spaß haben.«
    Colin war nicht blauäugig. Es war ein offenes Geheimnis, dass nicht nur Arbeitskraft und Unmengen Beton auf Nimmerwiedersehen in der ewigen Baustelle verschwanden. Sondern auch Leichen. Leichen, die nie gefunden werden würden, es sei denn, jemand entschloss sich, im Tiefbahnhof jede Betonwand millimeterweise abzutragen.
      
    Als die Band auf dem Gelände der Uni eintraf, war die Gruppe, die zuvor gespielt hatte, gerade fertig. Ein Kerl mit rot-schwarz kariertem Hemd nahm sie in Empfang und stürzte sich auf Colin. »Hey, krass, ich bin dann wohl mal der Daniel, gell?«
    »Ja genau«, sagte Colin, »aber der Bandleader ist der Wolf da.«
    »Wusste ich, wusste ich, aha«, machte Daniel. »Dann baut mal alles auf, heizt den Leuten gehörig ein, als wenn es noch nicht warm genug wäre,

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