SchrottT (German Edition)
deinen Lesern erzählen!«, knirscht Colin.
»Glaub es oder nicht«, versetzt Spanisch. »Wieso sollte einer wie Länglich seine Absichten einem einfachen Angestellten offenbaren?«
Colin schüttelte Blondys Hände ab. »Red weiter. Aber komm zum Punkt, bevor die Sonne aufgeht.«
»Genau«, sagt James. »Mich würd echt mal interessieren, wie du uns gefunden hast. Und ob Länglichs nigerianische Freunde schon hinter der nächsten Kurve warten.«
»Die Antwort wird euch nicht gefallen«, gibt Spanisch zurück.
»Der ganze Shit hier gefällt uns nicht. Also?«
Der Journalist nickt in Richtung Tier. »Location-Trojaner.«
»In meinem Smartphone?« Der Drummer zieht das Handy hervor und hält es zwischen zwei Fingern, als sei es giftig. »Das hat die neuesten Sicherheitsupdates.«
Spanisch grinst. »Ganz so leicht war es nicht. Der Trojaner ist in deinem Drumcomputer.«
»Der hat GPS?«, staunt James.
»Sie hat alles!« , greint Tier.
»Bis auf die letzten Sicherheitsupdates«, versetzt Spanisch.
Blondy kann sich ein Kichern nicht verkneifen. »’tschuldigung. Aber wieso sind Sie hier aufgetaucht, Herr Spanisch?«
Der Blick des Journalisten trübt sich. »Nennt es schlechtes Gewissen, wenn ihr wollt. Oder überlegt euch, was für eine Art Job Journalismus in einer Diktatur ist.«
»Deprimierende Meetings mit der Zensur, und das mehrmals täglich«, sagt Colin. »Formulare und Bestimmungen, was man schreiben darf und was nicht.«
»Und was man schreiben muss , obwohl man es nicht will«, ergänzt Spanisch. »Ihr habt vielleicht etwas gegen Länglich in der Hand. Ihr könntet das Schlimmste verhindern.«
»Und das wäre? Ein neuer Song? Die Idee hatte er auch schon.«
»Eben«, nickt Spanisch. »Ich weiß, es ist ein Strohhalm. Aber wenn sein eigener Sohn sich gegen ihn stellt …«
»Ich bin nicht sein Sohn.«
»… dann ist das eine Stimme, auf die man eher hört, als wenn irgendjemand sie erhebt.«
»Irgendjemand?«
»Wie ich zum Beispiel.« Spanisch zeigt auf seinen gewölbten Bauch. »Wenn ich in meiner Reportage andeute, was mit Länglich los ist, interessiert das keine Sau.«
»Red weiter«, drängt Colin.
Der Journalist hebt und senkt die Schultern. »Aber wenn ein Popstar vor einer Kamera sagt, was Sache ist, in Gegenwart des Beschuldigten, und das alles live …«
»Und wie soll das gehen? Wir brauchen Beweise.«
»Äh«, macht Blondy, aber keiner beachtet sie.
»Ich weiß nicht genau«, brummt Spanisch. »Noch weiß er nicht, dass ich die Seiten gewechselt habe. Wenn ich mich mit ihm treffe und wir das Gespräch irgendwie heimlich aufzeichnen …«
»Er wird sich nicht vor eine Überwachungskamera stellen und einen Monolog über seine bösen Absichten halten. Wer das glaubt, hat zu viele Filme gesehen«, belehrt Colin.
»Ich weiß, aber …«
»Wo soll dieses Treffen überhaupt stattfinden? Woher wissen wir, wo er sich gerade aufhält?« Colin schüttelt den Kopf. »Das ist kein durchdachter Plan, das ist gar nichts.«
Spanischs Gesichtszüge hellen sich auf. »Eins wisst ihr noch nicht.«
»Ojemine!«, sagt James gespielt weinerlich.
Spanisch ignoriert ihn. »Er gibt morgen ein Interview. Im Zusammenhang mit seiner Kandidatur für diese Konferenz.«
»Hm«, macht Colin.
»Es ist ein Live-Interview in einer Fernsehshow. In einem Studio in Köln.« Der Journalist zeigt vage Richtung Süden.
»Live? So was gibt’s heutzutage noch?«
»Gelegentlich«, nickt Spanisch. »Das unterscheidet eine Mediengesellschaft von einer Meinungsdiktatur. Und das Beste ist: Der Sender gehört zum 3D-Konzern, und …« Seine Augen verengen sich zu einem verschwörerischen Grinsen. »… und ich kenne da ein paar Leute.«
Über den Wolken, 4. Juli 2022
Warum die Band ausgerechnet in der Schweiz zu einem TV-Interview eingeladen worden war, hatte nicht einmal Lars-Peter erklären können. Um den kurzfristig anberaumten Termin einhalten zu können, führte kein Weg an ziemlich teuren Gabelflug-Tickets vorbei, während der Tourbus nur mit dem Fahrer nach Frankfurt zur nächsten Show eierte.
Colin hatte weder die albernen Fragen des Gastgebers noch den Playback-Auftritt sonderlich genossen. Ohne richtiges Publikum fehlte ihm etwas, außerdem hatte er nicht genug Übung, um den Mund synchron zu seiner Stimme aus dem Off zu bewegen.
»Grüzi und willkommen in der Schweiz, SchrottT aus Deutschland«, begrüßte der Moderator namens Peter Stürzli die Band. »Was gibt es Neues
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