SchrottT (German Edition)
hochgezogen hatten, in denen die Losverkäufer und Gewinnspielsteuereintreiber wohnten – samt ihren Familien. Weiße lebten nur noch in wenigen Vierteln, und selbst in die Schalke-Arena pilgerten hauptsächlich Afrikaner, da sich die Einheimischen die Karten nicht mehr leisten konnten. Immerhin gab es in den Zeltstädten große Leinwände, auf denen man alle Spiele verfolgen konnte, vorausgesetzt, man konnte einen passenden Wettschein vorlegen.
Eine Stunde vor dem Konzert saß Colin mit Blondy am Rand des Kanals und ließ die nackten Beine baumeln. Unten tobten Kinder im braunen Wasser und versuchten, sich gegenseitig zu ertränken, indem sie Arsch voraus von der Kanalkante hinuntersprangen.
»Die ahnen nicht, in was für eine Welt sie hineinwachsen«, murmelte Colin.
»Sie kennen nur diese«, gab Blondy zu bedenken. »Und aus der machen sie das Beste.«
»Und sie spielen Landeslotto, sobald sie 18 sind.«
»Ich glaube nicht, dass es diese Altersbeschränkung hier noch gibt«, schüttelte Blondy den Kopf. »Eine Schulfreundin hat bis letztes Jahr in Oberhausen gewohnt. Sie hat einiges erzählt.«
»Zum Beispiel?«
Blondy seufzte. »Willst du nicht lieber über was anderes reden?«
»Später vielleicht.«
»Wusstest du, dass es früher mal eine Art Warnung auf jeder Werbung für Glücksspiel gab? So ähnlich wie die Totenköpfe auf den Zigarettenschachteln?«
Colin schüttelte den Kopf. »Hat es was genützt?«
»Nein, aber diese Warnung wegen irgendeiner obskuren Patentverletzung verbieten zu lassen, war eine der ersten Aktionen der Connection hier in NRW.«
»Warum ist deine Freundin nach Frankfurt gezogen?«
»Ihre Mutter hat im Lotto gewonnen.«
»So was passiert?«
Blondy verzog das Gesicht. »Ja, aber es ist wahrscheinlicher, dass einem ein Klavier auf den Kopf fällt. Sind wir jetzt eigentlich zusammen oder nicht?«
»So viel Glück wäre noch unwahrscheinlicher als die Sache mit dem Klavier. Du hättest gute Gründe, mir nicht zu verzeihen.«
»Und du hattest gute Gründe, mich zu verdächtigen.«
»Wirklich?«
»Immerhin gab es diesen Joghurtfleck auf dem Polster im Bus.«
Etwas klickte. Colin fuhr herum.
»Spanisch!«
»Was dagegen, wenn ich ein paar 3D-Fotos schieße? Ihr zwei seht wirklich süß aus. Barfuß wie die Unschuld an einem warmen Sommer…«
»Wir haben gerade von Ihnen gesprochen«, schnappte Blondy.
»Eigentlich ging es nur um Joghurt«, relativierte Colin.
»Ihr habt euch einen chilligen Tag ausgesucht. Genießt ihn.« Der Journalist zwinkerte und verdünnisierte sich.
»Was hat er damit gemeint?« Colin runzelte die Stirn.
Blondys Zehen berührten seine. »Wolltest du mich nicht gerade küssen oder so?«, fragte sie.
»Wollte ich?« Colin lachte. »Kann tatsächlich sein. Ich hatte mich noch nicht endgültig dazu durchgerungen.«
»Keine Sorge, irgendwann schaffst du das.«
»Würdest du mal für mich kochen?«, fragte Colin.
»Wieso?«
»Du … das ist doch dein Job, oder?«
»Klar, wenn nicht gerade Sommerferien sind, bin ich Köchin am Elitegymnasium in Dreieich. Da gibt es jeden Tag wohlschmeckende Spezialitäten, die du dir nicht vorstellen kannst.«
Colin lief das Wasser im Mund zusammen. »Zum Beispiel?«
»Hm …« Blondy schien zu überlegen. »Montags Spaghetti mit Tomatensauce, dienstags Pommes mit Ketchup, mittwochs Spinat mit Salzkartoffeln …«
»Lecker«, sagte Colin und schmatzte.
Blondy kicherte. »Wenn du dich über mich lustig machst, schmeiß ich dich in den Kanal.«
Colin zeigte quer über das Gewässer. »Guck mal, auf der anderen Seite haben sich schon Zaungäste eingefunden.«
»Die wohnen hier«, vermutete Blondy. Sie drehte sich um. »Da kommt unser Manager angehechelt. Was denkst du? Glaubst du, er ist schwul?«
»Schon mög… Wie kommst du darauf?«
»Frauen haben eine Antenne für so was.«
»Ist mir außerdem egal. Hey Boss, was gibt’s?«
»Oje-oje …«, machte Lars-Peter.
»Klingt nach Weltuntergang«, vermutete Colin.
Der Manager zog ein Taschentuch aus der Hosentasche und wischte sich den Schweiß aus dem Gesicht. »Schlimmer. Es kommen keine Zuschauer.«
»Hä?«, machten Colin und Blondy gleichzeitig.
»Ich sagte …«
»Meine Ohren sind intakt«, erklärte Colin geduldig. »Ist das Wetter zu gut? Sind die Leute in Gelsenkirchen zu pleite für die Eintrittskarten?«
»Davon wurden genug verkauft«, schüttelte Lars-Peter den Kopf. »Aber die Leute kommen nicht rein.«
Colin sprang auf. »Weil
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