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Schüchternheit der Pflaume

Schüchternheit der Pflaume

Titel: Schüchternheit der Pflaume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F Kanzler
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ungeplustert, mein Körper bebt mit jeder Schwingung. Ich werde der schwarze Schwan auf diesem Gewässer sein, das Wappentier meines traurigen Prinzen.
    Für einen Moment bedaure ich, dass Lora Lederarsch nicht da ist. Oder Matti, der ebenfalls ein guter Tänzer ist. Als der Kreis der drei Frauen sich öffnet, geselle ich mich eine Weile hinein. Ich tanze das Kollektiv an, Konversation in Körpersprache, passe meine Schritte an. Die Paillettierte lächelt mir zu. Zypern und Tabakblond meiden meine Blicke. Deine dunklen Augen wandern hin und wieder in unsere Richtung. Sie sind heute müder als sonst. Ich überlege, ob du dich später aus der Gruppe wirst wegfischen lassen. Schließlich schwinge ich mich zurück in meine Soloposition und wechsle in meine eigene Gangart. Deine Blicke sind immer noch da, tragen mich über die Beats, verschmelzen mit der Basslinie.
    Ein paar Minuten später geht die Paillettierte zur Toilette. Die Zypriotin schlendert zurück auf ihren Platz. Sie beginnt deinen Kollegen zu küssen, sein Gesicht verschwindet hinter dem dichten Vorhang ihrer Haare. Die Tabakblonde lässt sich neben dir aufs Sofa gleiten. Sie und Peer beobachten das Geknutsche, du starrst in deinen Drink. Der Kollege macht bald darauf Anstalten, die Jacke seiner Freundin an der Garderobe abzuholen. Das Pärchen verschwindet händchenhaltend.
    Die Tabakblonde legt ihre Hand auf deine. Ihre Lippen bewegen sich. Sie plappert, flatterschnell, sie flirtet. Du lächelst und lässt deine Hand unter ihrer liegen. Ein Schreck wie beim Verschütten schwarzer Tinte springt mich an. Ein Lächeln ohne mich, der Tintenfleck als fünfbeinige Spinne, Mojitosäure in der Luft, das Spinnengift sammelt sich in meiner Brust, irgendwo in den Herzkranzgefäßen. Die Finger der Tabakblonden wandern auf deinen Fingerknöcheln auf und ab. Ihre Augen sind weit offen, sie lehnt sich dir erwartungsvoll ins Gehege. Dein Blick wandert aufmerksam durch ihr Gesicht.
    Ich tanze zur Seite, leckgeschlagen, flügellahm. Tanze meine taub werdenden Beine in den Hintergrund. Die Tabakblonde streichelt weiter deine Hand, ihre Lippen bewegen sich eifrig. Ich kann diese Lippen nicht lesen, aber mit einem mageren Rest Hoffnung sehe ich, dass ihr Gerede deine Laune kaum zu heben vermag. Das Prinzenlächeln bleibt ein trauriges.
    Ich hasse meine plötzliche Schwäche. Das also ist Eifersucht. Sie muss sterben, denke ich. Samt der Hoffnung, dass das Frauchen dir nichts geben könne. Diese prallen Schenkel kleben dort im Leder, diese streichelnden Hände sind weich, haben keine Gitarrenschwielen, diese Haut ist glatt und braun. Dass die Frau dir nichts geben könne, so ein Witz, sie kann. Die kleine Tabakblonde da ist hübsch auf ihre Art, haustierhübsch, man möchte ihr den Kopf kraulen, und jeder ihrer Augenaufschläge verspricht ein süßer Seufzer zu werden. Wer könnte es dir übelnehmen. Sie quasselt Süßigkeiten auf dich ein und wird genau das sein, was ich oft nicht bin. Für dich da.
    Für einen kurzen Moment sehe ich alles. Ihre Loyalität, ihre Hingabe und ihre Haustierkrallen, sobald sie von mir Wind bekommt. Gott weiß, warum sie ihre Knopfaugen ausgerechnet an dir festkleben musste. Für einen Moment weiß ich sogar, wie ihre Stimme klingt, spüre ihren Atem im Ohr, als wäre ich du. Sie riecht nach Waschmittel und Aprikosenmarmelade. Ich sehe Bilder vom späteren Abend, sie hat ihren Sommermantel übergestreift und stöckelt neben dir her. Es gelingt ihr, dich zum Lachen zu bringen, sie sieht glücklich aus, du wohlwollend. Ich sehe Bilder am See, Feuerwerke und nächtliche Jahrmarktszenen, Bilder, auf denen ich fehle, Bilder in deiner Wohnung, Bilder, auf denen die Tabakblonde dieselben Teegläser am Mund hat wie ich. Eines davon schusselt sie auf den Boden. Sie bückt sich nach den Scherben. Ich muss ihren Hintern ansehen, meine Hand in ihren Schlüpfer schieben. Dort ist es drall und heiß und aalglatt.
    Vor lauter Kopfkino bemerke ich nicht, dass du neben mir stehst. Du fasst mich am Arm, sagst ein paar Worte, beruhigender Klang. Ich widerstehe dem Impuls, mich deiner Berührung wie eine Wildgewordene zu entwinden. Die schwarze Spinne kriecht ein paar Fingerbreit zurück. Mein Kopf wird klarer. Das tabakblonde Perserkätzchen ist aus meinem Sichtfeld verschwunden.
    »Wo ist sie hin?«, frage ich.
    Du sagst, dass Anja an die Bar gegangen sei. Oder Anne oder Katja oder Sandra, ich verstehe den Namen nicht. Du hättest sie vorletzten Samstag beim

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