Schütze meine Seele: Soul Screamers 4 (German Edition)
Thema zum Tratschen.“
Ein anderes Thema als Doug und Scott.
Wären seit Dougs Tod nicht zwei Wochen ins Land gegangen, in denen sich die Gemüter etwas beruhigen konnten, hätte die Schule wahrscheinlich von lauter Teenagern am Rande des Nervenzusammenbruchs gewimmelt. Nein, danke. Die verstohlenen Blicke und das Getuschel, wenn man den Flur entlangging, genügten mir völlig.
„Und? Hast du die Neue schon gesehen?“, fragte Emma in einem zwar durchschaubaren, doch nett gemeinten Versuch, das Gespräch auf ein weniger bedrückendes Thema zu lenken. Sie brach ein Stück Kruste von ihrer Pizzaecke ab und steckte es sich in den Mund.
„Welche Neue?“ Als ob mich das interessierte. Andererseits gab mir der neue Gesprächsstoff die Gelegenheit, mich von meinen trüben Gedanken abzulenken – oder es würde wenigstens den Anschein haben, dass sie nicht ausschließlich umNash und mich kreisen würden beziehungsweise um die Erkenntnis, dass momentan gar kein „Nash und ich“ mehr existierte.
„Hab vergessen, wie sie heißt.“ Emma rupfte ein zweites Stück Pizzakruste ab und tunkte es in einen Plastikbecher mit French Dressing. „Aber sie ist in der Abschlussklasse. Kannst du dir das vorstellen? Kurz vorm Abschluss mal eben noch die Schule zu wechseln?“
„Ja, das klingt ätzend“, antwortete ich, den Blick auf mein Tablett gerichtet. Ich tat so, als bemerkte ich nicht, wie Nash mich schweigend aus dem Augenwinkel heraus beobachtete. Würde es von jetzt an immer so sein? Wir hocken uns distanziert gegenüber und starren den anderen heimlich an, wenn der gerade woanders hinschaut? Entweder überhaupt nicht miteinander redend oder bestenfalls über irgendeinen unverfänglichen Kram, der garantiert kein Streitpotenzial hat? Vielleicht hätte ich lieber in der Cafeteria bleiben sollen. Das hier wird nicht funktionieren …
„Sie ist in meinem Englischkurs. Wirkte ziemlich verloren, das arme Ding. Deshalb hab ich ihr angeboten, dass sie sich zu uns setzen kann, wenn sie will“, nuschelte Emma, während sie noch kaute. Ich sah überrascht zu ihr hoch.
Zuallererst mal – Emma und andere Mädchen, das passte nicht zusammen. Abgesehen von mir hatte sie keine Freundinnen, denn die meisten unserer Geschlechtsgenossinnen konnten sie aus demselben Grund nicht leiden, aus dem die Jungs ihr scharenweise nachliefen. Seit der siebten Klasse waren es stets nur wir zwei gewesen. Und zwar genau seit dem ersten Schultag nach den Sommerferien, an dem sich die restlichen Schülerinnen beim Anblick von Emmas sinnlichen Lippen und den plötzlich nur noch knapp in ein C-Körbchen passenden Brüsten neidvoll von ihr abgewendet hatten.
Zweitens …
„Was sucht denn eine aus der Abschlussklasse in deinem Englischkurs?“, wollte Nash wissen, bevor ich es fragen konnte.
Emma zuckte die Achseln, schluckte den Bissen herunter und dippte das nächste Stück Pizza in das Dressing. „Sie muss wohl irgendwie hinterherhängen, und deshalb lässt man sie zwei Kurse gleichzeitig machen. So braucht sie nur das aufzuholen, was sie verpasst hat. Ist auf jeden Fall besser, als eine Ehrenrunde zu drehen, bloß weil einem der Stoff aus einem Kurs fehlt, oder?“
„Kann sein.“ Nash spießte eine neue Erbse neben die erste auf seiner Gabel, obwohl er vermutlich nicht vorhatte, sie auch tatsächlich zu essen. „Aber parallel Macbeth und Wer die Nachtigall stört lesen zu müssen, stelle ich mir auch nicht wirklich entspannend vor.“
„Tja, was soll man dazu sagen. Solange mich dieses Schicksal nicht ereilt …“ Em biss herzhaft ab, dann drehte sie sich plötzlich um. Hinter uns knirschten Schritte auf dem gefrorenen Rasen. „Wenn man vom Teufel spricht. Da ist sie ja“, meinte sie und winkte die Neue zu uns heran.
Neugierig reckte ich den Hals in die Richtung, aus der die Schritte kamen, hielt jedoch mitten in der Bewegung inne, da ich Nashs Blick bemerkte. Ihm fielen förmlich die Augen aus dem Kopf. Nur galt dieser Blick nicht mir, sondern der neuen Schülerin. „Sabine?“, sagte er erstaunt, kaum lauter als ein Flüstern.
Em schlug sich mit der Hand aufs Knie. „Genau! Ich wusste doch, es war was mit S.“ Sie winkte abermals. „Hey, Sabine, hier sind wir!“ Dann wandte sie sich wieder Nash zu. „Warte mal, du kennst sie?“
Anstatt zu antworten, sprang er auf und stolperte dabei fast über die Bank. Nachdem ich verdutzt zugesehen hatte, wie es ihm nur knapp gelang, den Tisch zu umrunden, ohne sein
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