Schütze meine Seele: Soul Screamers 4 (German Edition)
meinen finsteren Gesichtsausdruck sah. „Mehr in Richtung Besessenheit, Co-Abhängigkeit und … Sex“, erklärte er kleinlaut.
Ich quittierte die Verlegenheit, mit der er das letzte Wort ausgesprochen hatte, mit einem Augenrollen und kramte in dem Karton nach einer weiteren Geleebohne von meiner Lieblingssorte. „Dass er keine Jungfrau mehr ist, weiß ich.“
„War er aber, bevor er Sabine kennengelernt hat.“
„Uiuiui“, bemerkte Emma vielsagend, und ich kippte daraufhin frustriert den Inhalt des Kartons in den Mülleimer.
„Ja, und?“ Ich öffnete die Tür zur Abstellkammer und griff mir einen Besen. „Gut, sie war also seine Erste. Das hat überhaupt nichts zu sagen.“ Rigoros fegte ich auf dem Boden verstreute Popcornkrümel und ein paar zermatschte Karamelllinsen zusammen. „Sie hat nicht mit ihm gemeinsam etliche Leben gerettet. Oder ihre Seele riskiert, um ihn aus den Fängen der Unterwelt zu befreien. Was auch immer zwischen ihnen gewesen ist, kann wohl kaum damit konkurrieren, stimmt’s?“
„Stimmt.“ Emma beobachtete mich und meine hektischen Bewegungen mit einer Mischung aus Skepsis und Mitgefühl.
„Und davon mal abgesehen, es ist ja auch gar nicht gesagt, dass sie noch was von ihm will. Wahrscheinlich war es wirklichnur Wiedersehensfreude und weiter nichts.“
Ich unterbrach meinen Putzanfall und schaute Emma nach Bestätigung heischend an.
Doch sie zog nur eine wenig ermutigende Grimasse. „Würde ich nicht drauf wetten, so, wie sie sich rangeschmissen hat. Sorry, Kay.“
„Und wenn schon. Ist doch völlig egal, denn er fährt nicht auf sie ab.“ Grimmig fegte ich weiter und knallte mit dem Besenstiel gegen die Scheibe der Popcornmaschine.
Todd sprang vom Tresen und streckte die Hand aus. „Ganz ruhig, Brauner. Komm, gib mir deine Waffe, sonst wird noch jemand verletzt.“
Zu spät. Sabine hatte es geschafft, mich an allem zweifeln zu lassen, was ich bislang so sicher zu wissen glaubte. Knapp fünfzehn Minuten in ihrer Nähe, und meine Welt war total aus den Fugen geraten.
Resigniert überließ ich Todd den Besen, und er stellte ihn zurück in die Kammer. „Kaylee, er hat sie seit über zwei Jahren nicht gesehen. Hab Geduld, lass ihn sich an die neue Situation gewöhnen, und du wirst sehen, spätestens in ein paar Wochen ist wieder alles normal.“
Normal. Ich wusste gar nicht mehr, was das bedeutete. „Meinst du?“
Todd lächelte aufmunternd. „Die Chance liegt so bei fiftyfifty, schätze ich.“
„Toll. Da ist statistisch gesehen sogar die Wahrscheinlichkeit, dass ich im Lauf meines Lebens zumindest einmal vom Blitz getroffen werde, höher.“
Emma lachte leise. „Bei deinem Glück? Garantiert.“
Ich zog einen in Folie eingeschweißten Stapel Pappbecher aus dem Regal und fing an, die Spender aufzufüllen. „Ist ja auch egal. Wie sind sie eigentlich ein Paar geworden?“
„Damals war ich leider, im Gegensatz zu heute, durch dieGrenzen der Naturgesetze sehr eingeschränkt, darum kenne ich nicht jedes private Detail“, sagte Todd, der jetzt mit dem Rücken am Tresen lehnte und lässig die Ellbogen auf die Kante stützte.
„Erzähl mir einfach die Details, die du kennst“, verlangte ich ungeduldig.
„Schon gut, wenn du drauf bestehst“, beschwichtigte er mich. „Nash war erst fünfzehn, als sie ihm über den Weg gelaufen ist, und seine Bean-Sidhe-Kräfte noch in der Entwicklungsphase. Die Suggestivkraft erreicht erst mit der Pubertät ihre volle Intensität.“
„Ach, echt?“, sagte Emma erstaunt, die sich gerade ein Stück Popcorn in den Mund hatte schieben wollen und auf halber Strecke innehielt. „Wusste ich gar nicht.“
Da war sie nicht die Einzige. Aber ich hatte es satt, mich andauernd als mehr oder weniger ahnungslos zu outen, was die Besonderheiten meiner eigenen Rasse betraf, also hielt ich lieber die Klappe.
„Ja. Muss so eine Art Kindersicherung sein. Sonst würden sämtliche kleine Banshee-Buben mit dem Eintritt ins Trotzalter zu Mini-Despoten mutieren. Kannst du dir Nash vorstellen, wie er Mom hemmungslos rumkommandiert, kaum dass er sprechen gelernt hat?“
Dazu brauchte ich nicht allzu viel Fantasie. Jetzt, nachdem ich unfreiwillig erfahren hatte, wie sich außer Kontrolle geratene Suggestivkraft auf der Empfängerseite anfühlte und was sie anrichten konnte. Nash hatte mich mit seiner Banshee-Stimme nicht nur einmal in meinem Handeln beeinflussen wollen.
„Na, jedenfalls, Nash war kurz davor, erwachsen zu werden. Nur hatte
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