Schütze meine Seele: Soul Screamers 4 (German Edition)
Coladose wegzustellen, bevor ich sie in meiner Hand zerquetschte oder ihren Inhalt verschüttete, weil ich zitterte wie Espenlaub.
Alec sah mich noch immer finster an. Doch er wirkte gleichzeitig unheimlich verletzlich, jünger als die neunzehn Jahre, diesein Körper alt war, und sehr viel jünger als seine fünfundvierzigjährige Seele und der Verstand. „Es gibt keine andere Erklärung.“
„Es muss aber eine geben“, beharrte ich. „Avari ist nicht stark genug dazu, jedenfalls nicht ohne dich.“
All die Jahre hatte der Hellion Alec als lebende Tankstelle benutzt, an der er sich bei Bedarf sowohl Nahrung als auch Energie holte, wie es ihm gefiel. Doch jetzt, wo Alec ihm nicht mehr zur Verfügung stand, konnte seine eigene Kraft unmöglich ausreichen, um sich des Körpers eines Wesens in der menschlichen Welt zu bemächtigen. Zumindest nicht so oft, und wenn, höchstens für ein paar Minuten, auf keinen Fall länger.
Er seufzte und brachte damit eine unvorstellbare Niedergeschlagenheit zum Ausdruck. „Er könnte sich einen neuen Proxy besorgt haben. Und ich bin mir sogar ziemlich sicher, dass es so ist. Denn du hast recht, sonst wäre es unmöglich.“
Meine Schläfen pochten wie von Hammerschlägen, und ich fühlte mich, als würde mir jeden Moment der Kopf platzen. „Du willst mir also erzählen, Avari hat sich deinen Körper ausgeliehen, nur um bei einem kleinen Mitternachtsimbiss eine Runde mit mir zu quatschen? Beide Male hast du geredet, und es war deine Stimme, Alec, nicht seine.“
Die war das Einzige, was einen Hellion verriet, wenn er in einem fremden Körper steckte, weshalb Besessene normalerweise nicht sprachen.
„Ich bin sechsundzwanzig Jahre lang sein Spielzeug gewesen. Er hat meine Energie benutzt und kennt mich dadurch in- und auswendig. Es wäre denkbar, dass er auch weiß, wie er meine Stimmbänder steuern kann.“
Nein. Verdammt, nein!
Ich atmete viel zu schnell und musste mich mit aller Macht beruhigen, um nicht zu hyperventilieren. Das durfte einfach nicht wahr sein!
„Okay, angenommen, es wäre so. Dann ergibt das alles aber immer noch keinen Sinn. Weshalb sollte er so viel Energie verpulvern nur für ein nächtliches Kaffeekränzchen mit mir? Wenn er es war, hat er es mich nicht mal merken lassen, damit er sich an meiner Angst und Wut weiden kann. Wieso den ganzen Aufwand betreiben und dann nicht mal damit angeben?“
Alec blieb mir die Antwort schuldig. Stattdessen zog er die Knie an, stützte seine Ellbogen darauf und vergrub den Kopf in den Händen. Alles, was ich von ihm noch sehen konnte, war, wie sich sein Rücken hektisch hob und senkte, während sein Atem heftig und ruckartig ging.
„Bitte sag es. Was verschweigst du mir?“ Denn spätestens jetzt war offensichtlich, dass es da noch mehr geben musste. Vielleicht sogar bedeutend mehr.
Aber er blieb weiterhin stumm.
Ich stand aus dem Sessel auf, setzte mich neben Alec und berührte vorsichtig seinen Arm, um ihn nicht zu erschrecken. „Alec?“
Nach einer kleinen Ewigkeit drehte er schließlich den Kopf und sah mich mit geröteten Augen an. „Ich glaube, ich habe deine Lehrer umgebracht, Kaylee. Avari hat mich wahrscheinlich dazu benutzt. Und wenn das so ist, weiß ich nicht, wie ich ihn aufhalten sollte.“
Unser Wohnzimmer schien plötzlich dunkler geworden zu sein, als hätte jemand das Licht heruntergedimmt. Ich konnte nicht klar denken. Ich konnte kaum richtig atmen. Zu viele Gedanken, zu viele Fragen – und nichts davon ließ sich festhalten, alles tanzte einfach wild umher wie orientierungslose Glühwürmchen.
„Alec …“ Ich blickte zu Boden und versuchte verbissen, den verschwommenen Teppich zu fokussieren, ebenso wie das, was sich in meinem Kopf abspielte, bis beides wieder eine Struktur hatte. „Was … wie sollte das gehen? Ich meine, sie sind alle imSchlaf gestorben, soweit wir wissen. Und Todd hat gesagt, an keiner der Leichen gab es Anzeichen für einen Kampf oder irgendwelche anderen äußeren Verletzungen.“
Als Alec nur schweigend auf seine Füße starrte, sprach ich weiter, verzweifelt nach Informationen grabend, die mich davon abhalten könnten, die Situation in meiner Fantasie schlimmer zu machen, als sie in Wirklichkeit war. Falls das überhaupt ging. „Soll das heißen, Avari kann … ja, was? Ich meine, seine Fähigkeiten durch dich einsetzen, während er dich kontrolliert?“
Eine grauenvollere Wahrheit konnte ich mir nicht vorstellen. Das Wissen, dass ein Hellion meinen
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