Schütze meine Seele: Soul Screamers 4 (German Edition)
Körper gesteuert hatte, war furchtbar. Aber wenn er mich dazu missbrauchen könnte, Leute zu töten, mit Kräften, die ich nicht einmal besitzen dürfte …
„Nein“, flüsterte Alec, mühsam den Kopf hebend, um mich anzusehen. Doch meine Erleichterung hielt nicht lange an. „Er hat außerhalb der Unterwelt keinen Zugriff auf seine Fähigkeiten. Nicht mal, wenn er mich übernommen hat. Meine dagegen kann er sehr wohl nutzen.“
„Was?“ Mir wurde schlecht. Das klang überhaupt nicht gut. „Was willst du damit sagen?“
Ich hatte schon den Verdacht gehabt, dass Alec kein Mensch war, als er das erste Mal mit mir in Kontakt getreten war – indem er sich aus der Unterwelt heraus in Emmas Körper einschleuste. Nur, bis jetzt hatte er nicht die geringsten nicht-menschlichen Merkmale gezeigt. Oder darüber geredet.
Dem einzigen, gänzlich instinktgesteuerten Impuls der Selbsterhaltung nachgebend, stand ich auf und wich langsam vor ihm zurück. „Bitte, sag, dass du ein Mensch bist, Alec. Sag, dass du nicht versucht hast, mich und Dad seit zwei Wochen hinters Licht zu führen, und uns so etwas Wichtiges einfach verschwiegen hast.“
Und bitte, sag es so, dass ich dir glauben kann.
Alec blieb, wo er war, nahezu regungslos. Wahrscheinlich wusste er, auch nur eine unerwartete Bewegung von ihm, und ich würde den letzten Rest Beherrschung verlieren, an den ich mich im Moment noch klammerte. Und dass ich dann nach meinem Vater schrie. „Ich konnte es euch nicht erzählen, Kaylee. Ich wollte dir keine Angst machen.“
„Zu spät. Also kannst du genauso gut mit der Sprache rausrücken und mir reinen Wein einschenken.“ Ich ging um den Beistelltisch herum und rückwärts auf die andere Seite des Raumes zu, ohne Alec aus den Augen zu lassen. „Was bist du?“
Er seufzte und warf einen Seitenblick auf die Sofakissen, als wollte er sie entweder in Stücke zerfetzen oder eins davon an seine Brust drücken wie ein Kind seinen Teddy. „Das ist eine lange Geschichte.“
„Ich hatte sowieso nicht vor, heute noch zurück ins Bett zu gehen.“ Erneut setzte ich mich in den Sessel und nahm meine Coladose, nur um etwas in der Hand zu halten.
„Meine Mom ist ein Mensch“, begann er schließlich. „Avari hat sie damals erwischt und sie mehrere Jahre als Proxy benutzt. Das ist fast fünfzig Jahre her. Während ihrer Zeit in der Unterwelt hat sie sich verliebt. Nein, nicht in ihn …“, zerstreute Alec sofort mein Entsetzen, das mir offenbar deutlich anzusehen war. „In einen anderen. Meinen Vater. Er half ihr, sich ab und zu kurz von Avari wegzuschleichen. Meistens, indem er ihn mit einem schönen, neuen Spielzeug ablenkte.“
Meine Übelkeit wollte sich immer weniger unterdrücken lassen. „Dein Vater hat Avari Menschen … zum Fraß vorgeworfen?“
„Es konnte auch etwas anderes sein.“ Er vertiefte diese Erklärung nicht weiter, als er die Bestürzung in meinem Gesicht sah. „Er hat es für meine Mutter getan. Um ihr Erholungspausen zu verschaffen, ohne die sie nie so lange durchgehaltenhätte. Und um mit ihr zusammen sein zu können.“
Mit Schrecken wurde mir bewusst, dass ich das zwar nicht entschuldigen, aber zumindest verstehen konnte. Todd hatte etwas Ähnliches getan, um bei Addison sein zu können, nachdem sie gestorben und ihre Seele weiter in Avaris Besitz war, was sie zu endlosen Qualen in der Unterwelt verdammte. Einzig und allein zum Vergnügen des Hellions.
Ich nickte, um Alec zu signalisieren, dass er weitererzählen sollte.
„Jedenfalls, als sie schwanger wurde, war den beiden klar, dass sie fliehen musste. Irgendwie. Und Avari durfte nie von meiner Existenz erfahren. Wenn ihm ein Halbblut in die Hände fallen würde – ein idealer Proxy, der ihm viel bessere Dienste erweisen könnte als ein Mensch –, dann wäre er bald zu stark, um ihn zu bekämpfen, und meine Mom wäre für alle Zeit dort gefangen. Also hat mein Dad jemanden, der ihm einen Gefallen schuldete, dazu gebracht, sie zurück in die Menschenwelt zu schleusen. Die beiden haben sich nie wiedergesehen, und ich bin hier groß geworden, als Mensch.“
„Sie hat es dir nicht gesagt?“ Bei diesem Gedanken konnte mein Herz nicht anders, als Mitgefühl für ihn zu empfinden. Ich war genauso aufgewachsen. In völliger Unwissenheit, was meine Herkunft betraf und welche Konsequenzen meine Andersartigkeit eines Tages für mich haben würde. Oder wozu ich tatsächlich fähig war.
„Nicht, bevor ich fast erwachsen war und meine
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