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Schuhwechsel: Als Hausfrau auf dem Jakobsweg

Schuhwechsel: Als Hausfrau auf dem Jakobsweg

Titel: Schuhwechsel: Als Hausfrau auf dem Jakobsweg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosa Villas
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Es gibt kaum etwas Grausligeres als dieses metallene Geklapper auf dem
Jakobsweg. Mag sein, dass ihr das von Zuhause aus so gewohnt seid, wenn ihr
trainiert und euch ein rhythmisches Stakkato in eine Art Trance versetzt, aber
bitte, es gibt Pilger, die haben in vielen Wochen viele 100 km hinter sich
gebracht und sind eins mit der Stille und der Natur geworden. Die empfinden
diesen Lärm nur nervend, unnatürlich und anstrengend.
    Für 2-3 Euro kann man überall am Wegesrand natürlich
gewachsene Pilgerstäbe kaufen. Die haben Charakter und Charme und sind so gut
wie dieses modische Zeugs. Abgesehen davon sind sie deutlich dekorativer, wenn
sie zusammen mit der Jakobsmuschel im Haus oder im Garten stehen und zudem sind
sie eine schöne Erinnerung an den Weg.
    Ich vermisse meinen Pilgerstab. Der war so schön und ist mir
ans Herz gewachsen. Er hat mich so gut durch Matsch und unwegsame Pfade
geleitet. Hat mich gestützt und getragen, so wie ich ihn getragen habe. Er hat
mir einige Kilometer Extraweg beschert, weil ich ihn oft vergessen hatte und
wieder umkehren musste, um ihn zu holen. Aber was machen schon ein paar
Kilometer mehr oder weniger auf dem Jakobsweg? Das ist egal. Er war mir ein
treuer Begleiter und nun fehlt er mir. Seufz.
    Der Pilgerstrom lässt nach. Gerade kommen nicht mehr so
viele. Wenn ich mich sofort auf den Weg mache, könnte ich die Leute hier
abhängen. Die bekommen nämlich gerade ihr Frühstück und sind erst einmal
beschäftigt.
    14.57 Uhr
    Alles wieder ganz anders. Die Leute konnte ich abhängen und
damit wurde meine Laune auch wieder besser. Noch besser wurde sie, als ich in
eine moderne Autoraststätte eingekehrt bin, die von allen anderen
vorbeiziehenden Pilgern seltsamer Weise gemieden wurde. Hier gibt es nämlich
sagenhaft gute Tortillas mit frischen Tomaten und Salat, Zwiebeln und Thunfisch
so frisch und so reichhaltig belegt, wie es besser nicht sein könnte. Richtig
gutes spanisches Essen ohne Schnickschnack und Firlefanz. Echt oberlecker!
    Nach einigen weiteren Kilometern komme ich in Arzúa an. Es
ist Markt und in der Stadt eine Menge los. Ich gehe weiter. Mein linkes Knie
beginnt seinen Geist aufzugeben. So langsam tut es echt wirklich heftig weh.
Nicht gut. Ich überlege mir schon, ob ich mir einen Platz in der nächsten
Herberge sichern soll und meinem Knie eine Pause gönne, aber dann kommt schon
wieder so ein herrliches Stück Wald, dass ich einfach das tue, was ich schon
seit Tagen tue: ich gehe einfach weiter. Mein Verstand sagt: „Such dir eine
Herberge“, meine Beine interessiert das nicht. Sie gehen einfach weiter.
    Vor mir läuft ein altes, dürres Mütterlein mit krummen
Beinen und vollen Einkaufstaschen in beiden Händen. Ich muss mich beeilen, um
sie einzuholen. Als ich auf ihrer Höhe bin, frage ich sie, ob ich ihr beim
Tragen ihrer Taschen behilflich sein kann. Wir befinden uns immerhin mitten in
einem hügeligen Waldstück. Vermutlich hat sie noch einen weiten Weg vor sich,
denn hier wohnt sicherlich niemand.
    Alte Menschen faszinieren mich. In ihren Gesichtern zeichnet
sich das Leben ab, das sie gelebt haben. Fast alle alten Menschen haben
spannende Geschichten zu erzählen. Geschichten, wie sie nur das Leben selbst
schreiben kann und die interessieren mich brennend.
    Die Señora, die mehr als einen Kopf kleiner ist als ich,
dreht sich um und strahlt mich an.
    „No no gracias“, sagt sie und zeigt mir ihre wenigen Hauer,
die einmal Zähne waren.
    „Ich kann das gut selber tragen. Habe auf dem Markt
Tomatenpflanzen gekauft. Schau her, wie schön die sind“, sagt sie und öffnet
ihren Beutel, damit ich die Tomatenpflanzen bewundern kann. Die Frau sieht von
vorne noch älter aus als von hinten. Sie könnte alles zwischen 80 und 120 sein
und blickt mich mit ihren sehr klaren, lebendigen Augen an.
    „Ich wohne im nächsten Dorf“, erzählt sie, und beginnt mit
schnellen Schritten weiterzugehen, „zusammen mit meiner Schwester. Und du? Sei
un Perregrino? Woher kommst du?“
    „Ja,“ antworte ich und versuche Schritt zu halten. „Ich bin
ein Pilger. Auf dem Weg nach Santiago de Compostela und ich komme aus
Deutschland.“
    „Gott schütze dich und begleite dich auf deinen Wegen“, sie
hält inne und küsst mir die Hand, bekreuzigt sich und geht zügig weiter.
    Wenn ich einmal so uralt werden sollte wie dieses
Mütterlein, würde ich sehr gerne so fit sein wie sie und in einem kleinen
Häuschen wohnen. Mitten in einem Laubwald mit eigenem Bach. Gerne auch

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