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Schuhwechsel: Als Hausfrau auf dem Jakobsweg

Schuhwechsel: Als Hausfrau auf dem Jakobsweg

Titel: Schuhwechsel: Als Hausfrau auf dem Jakobsweg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosa Villas
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Städte verloren.
    In einem Straßencafe nehme ich Platz, bestelle mir eine
Tortilla, Wasser und Wein. Während ich auf das Essen warte, beobachte ich die
Menschen, wie sie am Café vorbei schlendern. Sehr wenig Galizier, noch weniger
Pilgerpaare oder Gruppen, dafür aber sehr viele einsame Pilger, die sich nach
einem langen Pilgertag in der Natur noch ein wenig in der Stadt die Füße
vertreten wollen. Ganz genau so wie ich. Allerdings ist das weder aufregend
noch interessant, deshalb schleppe ich mein krankes Knie ziemlich zeitig wieder
zurück ins Hotel.
    Bisher hat es mir nichts ausgemacht, mein Schlafgemach mit
50-70 Personen zu teilen, aber heute ich es schön, so wie es ist. Ich habe ein
Bett für mich ganz alleine. Mein Knie, das leider immer schlimmer wird, lagere
ich auf einem Berg von Kissen und schlafe schnell ein.

Tag 10:
    von Melide in den Urlaub
    noch 50 Kilometer bis Santiago de Compostela
    Wenn man früh ins Bett geht, wacht man logischer Weise auch
früh wieder auf. So mache ich mich im Morgengrauen ohne Frühstück und mit einem
geschwollenen, schmerzenden Knie auf den Weg. Dabei vergesse ich mal wieder
meinen Pilgerstab. Nur dieses Mal kann ich ihn nicht zurückholen, denn er liegt
im Hotelzimmer. Das Hotel hat keinen Nachtportier, aber dafür verschlossene
Türen und mein Schlüssel liegt in der Schlüsselbox an der Rezeption. Wenn man
da einmal draußen ist, kommt man nicht mehr hinein. Mal nicht zu dieser
unchristlichen Zeit um halb 6 Uhr morgens. Mist.
    Erstaunlich, wie viele Pilger um diese Uhrzeit Melide
verlassen. Es ist echt was los auf dem Weg! Noch nicht so viel wie in einer
Fußgängerzone an einem späten Samstagvormittag, aber um den Weg zu finden,
brauche ich keinen Pilgerführer.
    Nach knapp über 3 Stunden pilgern bin ich um 9.00 Uhr sehr
durstig und auch wieder einmal echt hungrig. Endlich kommt eine Bar, deren
Türen offen sind und ich gehe schnurstracks hinein. Da die rundliche Dame
gerade eröffnet, aber noch in keinster Weise mit den Vorbereitungen für das
Tagesgeschäft fertig ist, bricht am Tresen eine mittlere Hektik aus. Mit mir
gibt es nämlich noch einige andere Pilger, die jetzt sofort gerne frühstücken
möchten.
    Man spürt sehr deutlich die Nähe zu Santiago. Ich bin mitten
in der Kurzpilgerstrecke angekommen. Die letzten 100 Kilometer, die einen
Pilger zum Pilger machen, sind sehr beliebt. So wandert der alte Pilger, der
oft schon weit mehr als 600 Kilometer hinter sich gebracht hat, vielleicht müde
aber mit sich und der Natur im Einklang ist, mitten in den Pilgern, die noch
frisch und unverbraucht die paar letzten Kilometer fröhlich tirillierend dahin
marschieren.
    Ich bin ja bei Gott kein Langstreckenpilger auf meinen
lächerlichen 280 Kilometern Wegstrecke, die ich noch nicht einmal konsequent
gepilgert bin. Mit meinem viel zu schweren Rucksack hätte ich die gesamte
Strecke mit ziemlicher Sicherheit nicht geschafft. Ich ächze und stöhne ja
jetzt schon aus dem letzten Loch, mit geschwollenem Knie und einem fiebrigen
Kopf.
    Das muss ich hier und jetzt schon einmal sehr deutlich
betonen, aber ich fühle mich wie ein echter Pilger und ich werde mit einem
neuen Rucksack und extrem wenig Gepäck diesen Weg noch einmal beschreiten.
    Hier bin ich sowas von frei und ohne jede Verpflichtung oder
Verantwortung wie schon ganz lange nicht mehr. Das ist eine sagenhafte Abwechslung
zu meinem Alltag und kein bisschen langweilig. In jedem Fall besser als jeder
Hotelbunker am Strand mit Matschessenbuffets und der einzigen Herausforderung,
morgens, in aller Herrgottsfrühe, einen Liegestuhl für den Tag zu reservieren.
    An dem Tisch links von mir sitzt eine Gruppe von vier
Österreicherinnen mit Nordicwalkingstöcken und schnatternden Mundwerken.
Daneben sechs temperamentvolle Spanier, dazwischen einzelne ältere Pilger, die
ein Gespräch mit anderen Einzelpilgern suchen.
    Es ist grauenhaft. Das ist mir viel zu laut und viel zu viel
am hellen Morgen und meine Laune kackt gerade gewaltig ab. Am frühen Morgen,
nach diversen Kilometern und einem Magen, der schon tiefer hängt als mein
Rucksack, möchte ich kein metallenes Stöckegeklapper und kein Hausfrauengeschnatter
und Nasengerotze in Gottes herrlicher Natur. Das ist ja fürchterlich!
    Ich werde die Leute auch nicht mehr los, da kann ich machen
was ich will, das sind zu viele.
    Und echt, ihr lieben zukünftigen Pilger und Pilgerinnen:
lasst eure Nordic-Walking Stöcke bitte Zuhause. Oder macht den Gummipflöbbel
darüber.

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