Schuld war nur die Badewanne
werfen?«
»Muss das sein?«, klang es wenig begeistert.
»Natürlich muss das sein!«, sagte Hannes sofort. »Oder willst du dir die Rosen später als Trockengemüse übers Bett nageln?«
»Ich weiß ja, dass das nicht geht, da hängt immer noch der doofe Wimpel von 1860 München«, konterte sie. »Aber eins sage ich dir: In der neuen Wohnung verschwindet der Lappen, oder ich klebe mein Poster von Bob Marley daneben.«
Nachdem Sascha erzählt hatte, dass Vicky seinerzeit ihren Brautstrauß konserviert und dann in einer Vase hatte vor sich hin trocknen lassen, bis er beim geringsten Luftzug erst in Staubwolken verschwand und schließlich auch in solche zerfiel, war Steffi gewillt, sich von ihrem Bukett zu trennen.
Normalerweise geschieht das nach einem ganz bestimmten Ritual, und das wiederum kennen wir zur Genüge aus amerikanischen Filmen. Dort finden ja die meisten Hochzeiten zu Hause statt, besser gesagt, in dem dazugehörigen großen Garten, wo auf der riesigen Rasenfläche für die Gäste weiße Stühle und für die Braut ein Torbogen aufgestellt werden, durch den sie am Arm ihres Vaters (er natürlich im Cut!) zum Altar schreitet. Dort wartet der immer blendend aussehende Bräutigam (selbstverständlich im Cut), und dann kommt meistens der Kameraschwenk zu den Komparsen auf ihren Stühlen, bis er im Vordergrund bei der gerührt eine Träne abtupfenden Brautmutter endet. Zu bemerken wäre noch, dass bei solchen Hochzeiten grundsätzlich schönes Wetter herrscht.
Wie der Film dann weitergeht, hängt von seinem Tiefgang ab, doch unweigerlich kommt die Szene, in der die Braut – bereits umgezogen und jetzt in ein todschickes Kostüm gekleidet – oben auf der Treppe zum Garten steht (im Film finden Haustrauungen nie in Bungalows statt, die haben nämlich keine Treppen!) und ihren Strauß schwungvoll in die unten versammelte Menge wirft. Dabei fällt auf, dass diese Menge aus mindestens zwanzig Mädchen besteht, die ja gemäß ihrer Rolle alle unverheiratet sein müssten. Ich bin schon Gast auf diversen Hochzeiten gewesen, aber so viele ledige Frauen sind mir noch auf keiner untergekommen!
Hier bei uns waren es auch nur vier, die sich nebeneinander aufreihten, nämlich die Zwillinge, Trauzeugin Margit und nach längerem Zureden auch Nastassja, die behauptete, mit über dreißig schon viel zu alt zu sein. Hätte sie nichts gesagt, würde niemand sie für älter als fünfundzwanzig gehalten haben. Eine Treppe gab es natürlich nicht, nicht mal eine Stufe, und so blieb Steffi nichts anderes übrig als ein paar Schritte Abstand zu gewinnen, sich umzudrehen und den Strauß rückwärts über die Schulter zu werfen. Beim ersten Mal blieb er an der Lampe hängen und beim zweiten, weniger kraftvollen Wurf kam er zu kurz und fiel Nicki genau vor die Füße. »Gilt das denn auch? Ich hab ihn ja nicht direkt gefangen.«
»Natürlich gilt das!«, behauptete Sascha. »Du hast ihn aufgehoben!«
Ein lautes Aufatmen war zu hören. Es kam von Tom, der die ganze Zeit mit der Hand vor den Augen dagesessen und auf das Ende des Spektakels gewartet hatte. »Du bist ein richtiges Ekel!«, giftete Katja, als sie sich wieder neben ihn setzte. »Musst du deine Erleichterung so deutlich zeigen?«
Bevor sich Tom verteidigen konnte, hatte Trudchen schon das Wort ergriffen. »Und jetzt der Hochzeitstanz!« Sie gab dem Wirt einen Wink, und sofort erklangen die ersten Töne der
Schönen blauen Donau.
»Kommt nicht in Frage!«, schrie Steffi entsetzt, und: »Ohne mich!«, fiel Hannes ein. »Außerdem ist hier viel zu wenig Platz zum Tanzen!«
»Dem kann man ja abhelfen!« Ein paar Stühle wurden weggeräumt, zwei Tische zur Seite geschoben, und wenn der so gewonnene Platz auch jedem Profitänzer nur ein müdes Lächeln entlockt hätte, so müsste er für zwei blutige Amateure, um nicht zu sagen Anfänger, ausreichen.
Steffi hatte mal beiläufig erzählt, Hannes und sie hätten sich bei einem Tanzkurs für Ehepaare angemeldet (»dass wir noch keins sind, sieht man uns ja nicht an, oder?«) und sogar die ersten Stunden durchgezogen, doch dann war Hannes durch einen Hexenschuss außer Gefecht gesetzt worden, in der folgenden Woche hatte sich Steffi beim Squash den Fuß verstaucht, und dann hatten die beiden auch auf die restlichen Unterrichtsstunden verzichtet. Übrigens ohne sonderliches Bedauern.
Die
Schöne blaue Donau
hatte inzwischen Budapest erreicht, und noch immer weigerte sich das Brautpaar beharrlich, wenigstens ein paar
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