Schuld war nur die Badewanne
früher überlegen?«, jammert Katja. »Ich habe doch meine Weihnachtsgeschenke schon alle zusammen. Was meinst du, ob ich ihr einen Gutschein für fünf Packungen Pampers schenke? Den brauche ich erst im Herbst einzulösen. Momentan bin ich nämlich total pleite.«
Das ist sie meistens und nicht nur zwei Wochen vor Weihnachten. »Wann soll denn das Baby kommen?«
»Na ja, September oder so. Ich nehme doch an, dass auch Engländerinnen die gleiche Tragezeit haben wie normale Frauen. Oder glaubst du, dass die später werfen?«
»Vicky ist kein Elefant!«
»Noch nicht«, gluckst Katja. »Ach ja, noch etwas: Du weißt natürlich nichts von dem Familienzuwachs. Vicky hat es Stefanie unter dem Siegel der Verschwiegenheit erzählt.«
»Und deshalb hat sie dich auch gleich angerufen?«
»Na klar. Aber ich soll’s nicht weitersagen. Wahrscheinlich wollen sie dir die Neuigkeit als Weihnachtsgeschenk präsentieren. – Du, ich muss Schluss machen, es klingelt. Das wird Nicki sein. Die hat mal wieder ihren Schlüssel verbummelt. Bin neugierig, was sie sagt, wenn sie hört, dass sie Tante wird.«
Vielen Lesern dieses Buches wird meine Familie schon bekannt sein, und manche von ihnen haben den Werdegang meiner Nachkommen quasi vom Windelalter an verfolgt, doch es soll immer noch einige Menschen geben, die den Sanders’ schen Familienclan nicht kennen. Und bevor sie das Buch entnervt zur Seite legen, weil ihnen der Durchblick fehlt, sei mir eine kurze Rückschau gestattet:
Die Silberhochzeit habe ich seit etlichen Jahren hinter mir, was den Schluss nahelegt, dass ich noch immer mit demselben Mann verheiratet bin. Rolf ist Werbeberater (heute heißt das
public relations manager
oder wenigstens
art director,
seinerzeit reichte die deutsche Bezeichnung) mit zunehmender Tendenz zum Ruhestand – eine Entwicklung, die ich mit Besorgnis verfolge. Doppelt so viel Ehemann mit halb so viel Geld! Er hat zwar viele Hobbys, aber die machen ja nur Spaß, solange man keine Zeit dafür hat. Wie hatte sich das früher immer angehört? »Ich würde ja wirklich gern mal wieder im Garten wursteln, ich kriege es bloß zeitlich nicht auf die Reihe. Der Prospekt für Meier und Schulze muss wieder geändert werden, die Kaffeetassen sollen doch lieber weiß bleiben, zur Druckerei soll ich kommen, und der Steuerberater hat auch schon zweimal angerufen.«
Jetzt hätte Rolf Zeit für die Hobbys, nur hat er keine Lust mehr. »Rasen mähen? Der ist doch noch ganz nass!«
Dieser mitunter etwas turbulenten Ehe sind im Laufe von zehn Jahren fünf Kinder entsprossen. Sohn Nr. 1 ist Sven. Aus dem naturbegeisterten Knaben, der meinen Kühlschrank mit Gläsern voll toten Spinnen, Regenwürmern und ähnlich Eingemachtem zu füllen pflegte, ist ein Landschaftsgärtner geworden, der sich ganz in unserer Nähe etabliert hat und sein Leben als Junggeselle zu beenden gedenkt. Bis jetzt wenigstens!
Sohn Sascha, zwei Jahre jünger, hatte Ähnliches im Sinn gehabt, reduzierte die Zeitspanne später auf »vor meinem dreißigsten Geburtstag heirate ich auf keinen Fall!«, und wurde dann doch mit siebenundzwanzig Ehemann besagter Vicky, die eigentlich Victoria heißt und noch immer englische Staatsbürgerin ist. Kennengelernt hatte er sie auf der QUEEN ELIZABETH II , jenem Kreuzfahrtschiff, auf dem er als Steward zwei Jahre lang um die Welt gefahren war. Vicky ist ausgebildete Tänzerin und gehörte zur Showtruppe des Riesenkahns. Seine Verlobung hatte uns Sascha telefonisch irgendwo aus dem Indischen Ozean mitgeteilt, und kennengelernt habe ich meine Schwiegertochter erst bei der Hochzeit in England.
Wenige Tage später importierte Sascha seine Gattin nebst einem Lieferwagen voll Möbel und Hochzeitsgeschenken nach Deutschland, quartierte vorübergehend alles bei uns ein, weil die angemietete Wohnung noch nicht fertig war, und überließ es mir, der jungen Ehefrau sowohl die deutsche Sprache als auch die Grundbegriffe von Haushaltsführung beizubringen. Deutsch kann sie inzwischen!
Eine Zeitlang hatte er noch in seinem erlernten Beruf als Restaurantfachmann gearbeitet, dann jedoch das Silbertablett an den Nagel gehängt mit der Begründung, dass dieser Job ausgesprochen familienfeindlich sei. Unregelmäßige Arbeitszeiten, Dienst auch an Feiertagen und so weiter. Bis dahin war ihm das nie aufgefallen, seine jeweiligen Freundinnen waren alle aus der Hotelbranche gekommen. Jedenfalls eröffnete er uns eines Tages, er habe einen ihm genehmen Posten in der
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