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Schuldig wer vergisst

Titel: Schuldig wer vergisst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Charles Anke und Dr Eberhard Kreutzer
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nicht. Alex hatte jedes Mal, wenn sie und Jilly im selben Zimmer waren, den ablehnenden Gesichtsausdruck in Grannys Gesicht gesehen.
    Was nicht häufig vorkam. Vielleicht war das ja der Grund, weshalb sie Granny so selten sahen. Selbst die dumme Silly-Jilly war nicht so schwer von Begriff, um nicht zu merken, dass ihre Schwiegermutter nur Verachtung für sie übrig hatte.
    Das war noch ein weiterer Grund auf der langen Liste von Gründen, Jilly zu hassen: dass sie ihre Großmutter kaum noch zu sehen bekam, obwohl Granny ebenfalls in London wohnte. Ja, Granny würde ihr helfen, von Jilly wegzukommen. Das Problem war nur, dass Alex nicht mehr ganz sicher
war, wo sie wohnte. Bayswater, das war alles, was sie noch wusste. Nicht einmal die genaue Adresse. Nur Bayswater.
    Also, sie würde es sicher finden. Gab es da nicht auch eine U-Bahn-Station? Sie konnte mit der U-Bahn nach Bayswater fahren, und war sie erst da, würde sie Grannys Wohnblock wahrscheinlich wiedererkennen. Bayswater konnte doch nicht gar so groß sein, oder? Und falls es nicht anders ging, konnte sie jemanden anhalten und fragen, wo Granny wohnte. Mrs Morag Hamilton: Bestimmt konnte ihr jeder in Bayswater den Weg beschreiben, so wie es in der guten alten Zeit in Gartenbridge jeder gekonnt hätte.
    Alex stopfte das Geld wieder in ihre Jeanstasche und schlenderte aus der Toilette, aus McDonald’s, auf die Straße, um nach der nächsten U-Bahn-Station Ausschau zu halten.
     
    Mark hatte nicht zum ersten Mal mit schwierigen Zeitgenossen zu tun. Immerhin belegte die Statistik über Gewalt in Familien, dass die Wahrscheinlichkeit groß war, unter den nächsten Angehörigen eines Mordopfers auch den Mörder zu finden.
    Doch mit jemandem wie Angus Hamilton hatte er noch nie zu tun gehabt.
    Hamilton war nicht einfach nur unhöflich. Er war fordernd, gebieterisch. Bei Lichte betrachtet regelrecht beleidigend. Er behandelte Mark wie einen ignoranten Untergebenen, jemanden, der entschieden nur dazu da war, seine Befehle auszuführen – und sonst gar nichts.
    Die Leute, die für Angus Hamilton arbeiteten, waren nicht zu beneiden.
    »Wie viele Beamte suchen eigentlich nach Alex?«, wollte er wissen.
    »Ich bin nicht sicher«, wich Mark aus.
    »Nun, dann finden Sie es heraus! Rufen Sie im Revier an. Sind Telefone nicht dazu da?«

    Mark entfernte sich ein paar Schritte von den Hamiltons – Mrs Hamilton war jetzt dazu übergegangen, ihre Nägel mit einem eigens dazu entwickelten Instrument zu polieren, während ihr Mann seinen Marsch wieder aufgenommen hatte – und kehrte ihnen den Rücken zu, um den Anruf zu machen. Wie erwartet, konnte ihm niemand klare Auskunft geben. Ja, sie wussten von dem vermissten Mädchen. In ganz London war die Streifenpolizei unterrichtet und aufgefordert worden, die Augen nach ihr offen zu halten, doch niemand hatte ein Kind gesehen, auf das die Beschreibung passte. Angus Hamilton blieb plötzlich stehen und schlug sich mit der flachen Hand an die Stirn. » Ich bin der Vollidiot«, verkündete er. »Dass ich da nicht eher drauf gekommen bin. Wieso sind Sie nicht darauf gekommen?«
    Mark drehte sich um. »Worauf, Mr Hamilton?«
    »Die Krankenhäuser, Mann! Rufen Sie sofort an, alle! Fragen Sie, ob ein junges Mädel eingeliefert worden ist. Allein. Nach einem Unfall oder so. Worauf warten Sie, Mann?« In diesem Moment löste etwas in seiner Stimme bei Mark eine Reaktion aus und drang durch seine inneren Widerstände gegen die Behandlung als hirnloser Lakai sowie die Enttäuschung über den ruinierten Abend. Alex Hamilton, das vermisste Mädchen, war zwölf Jahre alt. Genau wie seine Nichte Chiara. Chiara war zwar dabei, erwachsen zu werden – das hatte er selbst festgestellt -, aber sie war immer noch ein kleines Mädchen. Wehrlos, zutraulich, naiv und noch nicht mit allen Wassern gewaschen. Wenn Chiara verschwunden wäre …
    Serena wäre außer sich. Joe wäre selber draußen auf der Suche nach ihr. Er würde jeden, der wagte, sie anzurühren, in der Luft zerreißen. Die Polizei unter Druck setzen, genauso, wie es Angus Hamilton tat.
    Mark entspannte sich und war plötzlich milder gestimmt. Sicher, Hamilton war ein rüder, unangenehmer Geselle. Doch
sie waren auf derselben Seite. Sie wollten ein kleines Mädchen finden, das von zu Hause weggelaufen war. Von jetzt ab würde er das nicht vergessen.
     
    Callie hockte immer noch mit Bella auf dem Sofa und sah sich im Fernsehen einen öden, hirnlosen Film an, als weit nach Mitternacht Peter

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