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Schuldig wer vergisst

Titel: Schuldig wer vergisst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Charles Anke und Dr Eberhard Kreutzer
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kleines Mädchen, und ich sehne mich danach, von dir zu hören.«
    Mum hatte Angst, dass Alex sie nicht mehr liebte – als ob das je passieren könnte.
    Aber die Briefe hatten sie nicht erreicht. Die ganze Zeit hatten sie sich immer höher in Jillys Schublade getürmt.
    Jilly! Verhasste, widerwärtige Jilly! Alex hatte gewusst, dass Jilly Ärger bedeutete, doch so viel Abscheulichkeit hatte selbst sie ihr niemals zugetraut. Die Briefe abzufangen und vor ihr zu verstecken, damit sie dachte, ihre Mum hätte sie vergessen. Oder noch Schlimmeres.
    So lange sie lebte, wollte sie Jilly nie wiedersehen.
    Mehr noch: Jetzt wusste sie, wo ihre Mutter war. Der Absender stand auf jedem der Briefe: Lochside, Kelso, Roxburghshire, TD5 8JT.
    Dort wollte sie hin. Sie würde Mum finden, und nichts sollte sie mehr voneinander trennen.

    Alex zog sich in eine der Kabinen zurück, wo sie ihr Geld aus der Tasche holte und es zählte. Wenn sie es bis nach Schottland schaffen wollte – und das würde sie -, dann musste sie mit ihrem Geld sehr sparsam umgehen.
    Sie hatte drei Zehn-Pfund-Noten, einen Fünf-Pfund-Schein und sechs Pfund einunddreißig Pence in Münzen. Also zusammen etwas über vierzig Pfund.
    Würde das reichen?
    Wahrscheinlich nicht.
    Wie konnte sie nur an mehr Bargeld kommen?
    Sie hatte mindestens hundert Pfund in ihrer Sockenschublade. Wenn sie irgendwie daran kommen könnte …
    Aber das war völlig unmöglich. Dahin durfte sie nicht zurück. Jilly hatte inzwischen vielleicht gemerkt, dass sie die Wohnung verlassen hatte, und Dad war möglicherweise sogar schon von der Arbeit zurück. Die Chancen, sich unbemerkt reinzuschleichen, standen nicht gut. Außerdem wollte sie diese Wohnung nie mehr wiedersehen. Niemals.
    Am meisten bedauerte sie, dass sie Buster dagelassen hatte.
    Unbewusst fuhr ihre Hand zum Hals, um das Medaillon zu berühren.
    Es war nicht da.
    O nein.
    Ihr Herz klopfte schmerzhaft, als sie sich erinnerte. Die Kette war gerissen, und sie hatte es unter ihr Kissen gesteckt.
    Ob sie doch wagte, zurückzugehen? Ein, zwei Minuten, länger würde sie nicht brauchen. Geld, Buster, Medaillon. Konnte sie das Risiko eingehen?
     
    Jane Stanford hatte eine Aufgabe zu erledigen: In ihrem Universum war sie sehr wichtig.
    Am Sonntagnachmittag würde in ihrer Kirche der Christingle-Gottesdienst abgehalten, der jedes Jahr kurz vor Weihnachten eigens für die Kleinen vorbereitet wurde und bei
dem jedes Kind eine mit Kerze und Süßigkeiten geschmückte Orange – ein Christingle – bekam. Morgen Vormittag würde sich die Mothers’ Union versammeln, um die Christingles herzustellen. Das geschah in einer Art Fließband-Verfahren, bei dem jede Orange als Symbol für die Welt in der Mitte eine rote Schleife bekam, dann eine Kerze obendrauf und schließlich je vier Cocktailspieße, auf die verschiedene kleine Süßigkeiten und getrocknete Früchte kamen.
    Jahrelange Erfahrung hatte Jane gelehrt, dass die ganze Prozedur viel zügiger vonstatten ging, wenn man sie vorbereitet hatte. Die aufgespulte Schleife musste in passend lange Stücke geschnitten werden, und die Cocktailspießchen durften ruhig schon mit Rosinen und Süßigkeiten bestückt sein. Am mühsamsten war das Zuschneiden von Alufolie in Quadrate, die später das Kerzenwachs auffangen sollten.
    Vor Jahren, als die Jungs noch klein gewesen waren, hatten sie das als Familienunternehmen bewältigt. Sie und Brian hatten die Schleife und Folie zurechtgeschnitten, während Simon und Charlie begeistert – ja, übermütig – die Süßigkeiten und Früchte aufspießten und dabei reichlich davon naschten. Für Jane waren das kostbare Erinnerungen, und sie hatte insgeheim gehofft, sie könnte diese Tradition dieses Jahr wieder aufleben lassen, sie sogar dazu nutzen, Ellie in das Familienleben einzubinden, wo es schon unabänderlich schien, dass das Mädchen ein Teil davon werden würde.
    Doch Simon und Ellie waren weg – am Morgen nach Northamptonshire abgereist. Brian hatte sich in sein Arbeitszimmer verzogen, um an seiner Christingle-Predigt zu arbeiten, was in Janes Augen völlig überflüssig war, weil er sowieso jedes Jahr dasselbe sagte, und sogar Charlie hatte sie im Stich gelassen. »Heute Abend läuft ein guter Film im Fernsehen, Mum. Wie wär’s, wenn wir die Christingle-Dinger vor der Glotze machen würden?«

    Doch das gehörte nicht zur Tradition, und so saß Jane allein im ungeheizten Esszimmer und zitterte, während sie die Schleifen zurechtschnitt und sich

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