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Schuldig

Schuldig

Titel: Schuldig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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zurechtgesponnen: dass er ganz zufällig eine Pistole reinigen würde, wenn der Junge sie zu ihrem ersten Date abholte. Dass er übers Internet einen Keuschheitsgürtel bestellen würde. Aber in keiner dieser wilden Phantasien hatte er sich je vorgestellt, dass der Anblick einer Jungenhand um die Taille seiner Tochter in ihm den Wunsch wecken würde zu rennen, bis ihm die Lungen platzten. Und in keiner seiner Phantasien hatte er gesehen, wie Trixie vor Glück erstrahlte, sobald der Junge zur Tür hereinkam, so wie sie es früher getan hatte, wenn sie Daniel ansah. Über Nacht hatte sein kleines Mädchen mühelos und wie von selbst die Bewegungen eines Vamps angenommen. Über Nacht hatten die Verhaltensweisen und Gewohnheiten seiner Tochter aufgehört, niedlich zu sein, und waren zu etwas Erschreckendem geworden.
    Seine Frau erklärte ihm, dass Trixie sich umso erbitterter gegen ihn wehren würde, je kürzer die Leine war, an der er sie hielt. Schließlich, so rief Laura ihm in Erinnerung, war sie selbst aus Auflehnung gegen das System die Beziehung zu Daniel eingegangen. Also zwang Daniel sich, Trixie und Jason viel Spaß zu wünschen, wenn sie zusammen ins Kino gingen. Und wenn Trixie auf ihr Zimmer verschwand, um ungestört mit ihrem Freund zu telefonieren, schlich er nicht vor ihrer Tür herum. Er ließ ihr Freiraum, und irgendwie war dieser Raum zu einer unendlichen Distanz geworden.
    Â» Hallo?! «, sagte Trixie und riss Daniel aus seinen Gedanken. Die Wagen vor ihnen waren bereits weitergefahren. Daniel schloss auf und fuhr vor der Schule vor.
    Â»Na endlich«, sagte er.
    Trixie zog am Türgriff. »Lässt du mich raus?«
    Daniel drückte den Knopf der Zentralverriegelung. »Dann bis um drei.«
    Â»Du brauchst mich nicht abzuholen.«
    Daniel versuchte, ein breites Lächeln auf sein Gesicht zu zaubern. »Bringt Jason dich nach Hause?«
    Trixie griff nach ihrem Rucksack und der Jacke. »Ja, klar«, sagte sie. »Jason.« Sie knallte die Tür des Pick-up zu und verschmolz mit der Masse von Teenagern, die auf den Eingang des Schulgebäudes zuströmten.
    Â»Trixie!«, rief Daniel aus dem offenen Fenster, so laut, dass sich noch etliche andere Kids mit ihr zusammen umdrehten. Trixie hatte eine Hand vor der Brust geballt, als hielte sie ein Geheimnis fest. Sie sah ihn an, wartete.
    Als Trixie noch kleiner war, hatten sie oft ein Spiel gespielt. Wenn er zeichnete und sie in der Comicsammlung herumstöberte, die er für Recherchezwecke in seinem Arbeitszimmer aufbewahrte, fragte sie beispielsweise: »Bestes Transportmittel?«, und Daniel antwortete stets: »Batmobil.« – »Bei dir piept’s wohl«, sagte Trixie dann. »Das unsichtbare Flugzeug von Wonder Woman.«
    Â»Bestes Kostüm?«
    Â»Wolverine«, sagte Daniel, aber Trixie fand Dark Phoenix besser.
    Jetzt beugte er sich so weit hinaus wie möglich. »Beste Superpower?«, fragte er.
    Die einzige Antwort, bei der sie sich einig waren, hatte gelautet: Fliegen. Doch diesmal sah Trixie ihn an, als wäre er verrückt. »Ich komm zu spät«, sagte sie und wandte sich ab.
    Hinter ihm hupten Autos, aber Daniel fuhr nicht los. Er schloss die Augen und versuchte sich an die Zeit zu erinnern, als er in ihrem Alter gewesen war. Mit vierzehn hatte Daniel in einer anderen Welt gelebt und einfach alles getan, um ihr zu entfliehen: gestritten, gelogen, betrogen, gestohlen und sich geprügelt. Mit vierzehn war er jemand gewesen, den Trixie niemals in ihrem Vater vermutet hätte. Dafür hatte er gesorgt.
    Â»Daddy.«
    Daniel öffnete die Augen und sah Trixie neben dem Pick-up stehen. Sie legte die Hände an den unteren Rahmen des offenen Fensters, und der Glitter in ihrem rosa Nagellack glitzerte in der Sonne. »Unsichtbar sein«, sagte sie, dann tauchte sie wieder ein in die Menge hinter ihr.

    Seit nunmehr vierzehn Tagen, sieben Stunden und sechsunddreißig Minuten war Trixie Stone ein Geist, obwohl sie die Zeit nicht wirklich wahrnahm. Das bedeutete, dass sie durch die Schule ging und lächelte, wenn es von ihr erwartet wurde. Sie tat so, als hörte sie zu, wenn der Mathelehrer über kommutative Eigenschaften sprach. Sie setzte sich sogar in der Cafeteria mit den anderen aus der neunten Jahrgangsstufe zusammen. Aber während ihre Schulkameradinnen über die Frisuren der Frauen an der Essensausgabe lachten,

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