Schule der Hexen
mußte er während einer kurzen Besprechung über ihr Verhalten, sollte Fieda sie zu sich rufen lassen, den Eindruck gewinnen, daß der Aase unter der Angst litt, selbst einmal in einen Beuteldrachen verzaubert zu werden.
Immerhin konnte Lankohr Gerrek davon überzeugen, daß es keinen zweiten Beuteldrachen gab.
Der Aase hatte fast den ganzen Nachmittag bei ihnen verbracht. In vielem erinnerte er Mythor an Vangard, wenngleich seine Haut heller als die Vangards war. Lankohr litt auch darunter, daß er von den Hexen »mißbraucht« wurde, also nicht mit dem Respekt behandelt wurde, der ihm seiner Ansicht nach zustand. Noch schlimmer trieben es die Schülerinnen mit ihm. Sah man in Vanga die Aasen als der Weißen Magie mächtig an und nahm man sie deshalb gerne als Gehilfen der Hexen, so fristete Lankohr ein trauriges Dasein als »Hausmeister« im Schloß. Seine zauberischen Fähigkeiten waren kaum der Rede wert. Er hatte die Novizinnen zu betreuen – und eben seine liebe Not mit ihnen.
Wenngleich Mythor ebenso wie Fieda und Gerrek Gefallen an dem Männlein gefunden hatte, so hütete er sich dennoch davor, ihm jetzt schon blind zu vertrauen. Lankohr hatte zu viele Fragen gestellt. Mit ziemlicher Sicherheit war er nun bei Fieda und erzählte ihr alles, was er gehört hatte.
Mythor hatte nichts zu verbergen. Im Grunde sollte es ihm recht sein. Nur fragte er sich, ob Lankohr sich auf ähnliche Weise bei Burra einzuschmeicheln suchte.
Hatte Fieda schon mit der Amazone gesprochen? Und mit Yacub?
Die Anwesenheit des Steinernen beunruhigte ihn mehr als alles andere. So war er in trübe Gedanken versunken, als er das Geräusch am Fenster hörte.
Er lag auf den Decken. Leise richtete er sich auf und zog das Gläserne Schwert aus der Scheide. Mythor schlich sich zur Wand neben der Fensteröffnung und hielt den Atem an.
Kurz überlegte er, ob er die anderen rufen sollte. Doch falls wirklich Yacub dort draußen umging…
»Honga?«
Mythor ließ das Schwert sinken und lächelte.
»Honga, erschrick nicht«, hörte er die leise Mädchenstimme. »Ich bin’s, Angi. Darf ich zu dir kommen?«
Was konnte sie zu so später Stunde von ihm wollen? Immerhin, vielleicht brachte sie ihm wichtige Nachricht. Mythor trat vor das Fenster und sah ihr bleiches Gesicht, das vom Vollmond beschienen wurde.
»Komm!« flüsterte er, wenn er auch nicht wußte, wie sie das anstellen wollte. Sein Gemach lag im Untergeschoß des Schlosses. Doch viel zu eng war die Öffnung – selbst für dieses zierliche halbe Kind.
Um so erstaunter wich er zurück, als sich Angis Gestalt verflüchtigte und sie schwebend wie ein Geist zu ihm eindrang. Vor ihm gewann sie ihre Gestalt zurück und lächelte.
Jetzt, im Schein der auf dem Tisch flackernden Kerze, sah er sie zum erstenmal genauer. Ihre Haut war bleich, was ihre kirschroten Lippen und die schwarzen Augen noch deutlicher hervorhob. Langes, volles Haar fiel ihr kupferfarben bis weit über die Schultern. Unter dem schwarzen Umhang trug sie ein blütenweißes Kleid mit goldenen Stickereien darauf. Er erinnerte sich schwach daran, daß sie anders gekleidet gewesen war, als sie ihm in Bantalon gegenübertrat. Hatte sie sich für ihn schön gemacht?
Sie blickte ihn aus großen Augen an, und zaghaft berührte sie seinen Arm.
»Ich mußte dich sehen, Honga«, flüsterte sie. »Ich… mußte dich einfach sehen.«
Der schwärmerische Ausdruck in ihren Augen hätte ihn warnen sollen. So aber legte er den Arm um ihre Schultern und fragte lächelnd:
»Schön, nun bist du ja hier. Was hast du denn auf dem Herzen?«
Im nächsten Augenblick lag sie auch schon an seiner Brust. Sie reckte sich und legte den Kopf an seine Schulter. Ihre Hände berührten sein Gesicht.
»Ich weiß nicht, was mit mir geschehen ist, Honga«, flüsterte sie. »Aber ich… ich kann nur noch an dich denken. Ich möchte bei dir sein, immer nur bei dir. Verstehst du das?«
Er begann zu begreifen. Und schon fragte er sich, wie er Angi klarmachen konnte, daß er ihr nicht geben konnte, was sie offensichtlich von ihm erwartete, ohne dabei ihre Gefühle zu verletzen. Er mochte sie, doch sie schien sich Hals über Kopf in ihn verliebt zu haben.
»Angi, ich…«
»Laß mich bei dir bleiben«, flüsterte sie. »Die ganze Nacht und jede Nacht, die uns noch bleibt. Niemand wird merken, daß ich nicht in meinem Kemenate bin. Halt mich ganz fest und…«
»Angi!«
Sanft schob er sie zurück. Er schüttelte den Kopf.
»Angi, was hast du dir
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