Schule der Leidenschaft. Ein erotischer Roman
bewussten Genuss.
„Hmmm … Ich hatte fast vergessen, wie gut Onkel Ugos Kirschen schmecken“, stöhnte sie und öffnete die Augen wieder. Fabrizio betrachtete sie amüsiert.
„Wenn man dir zusieht, wie du eine Kirsche isst, könnte man direkt neidisch werden“, meinte er eine Spur spöttisch, spitzte die Lippen und spuckte kunstvoll einen Kirschkern in hohem Bogen bis hinter das Salatbeet. „Du siehst dabei aus, als ob dir eine Offenbarung erschiene.“
„Vielleicht ist es so etwas Ähnliches.“ Sie nahm ihm den Korb ab, wählte eine Kirsche aus und befahl: „Augen zu!“
Er gehorchte, und sie begann, erst hauchzart, dann etwas fester, mit der Frucht über seine Lippen zu fahren. „Nicht bewegen“, murmelte sie, als er unwillkürlich den Mund öffnen wollte. „Fühlst du die Glätte, so perfekt, als wären sie lackiert?“
„Hmm“, brummte er zustimmend und bemühte sich um Reglosigkeit.
„Gut, dann werde ich sie dir jetzt zwischen die Zähne schieben. Halt sie ganz locker, gerade so, dass sie nicht wieder herausfällt. – Taste sie mit der Zungenspitze ab, ihre lebendige Wärme, die perfekte Oberfläche.“ Sie schwieg einen Moment. „Und jetzt darfst du ganz vorsichtig zubeißen – aber achte darauf, dass du sie nicht dabei beschädigst. Es geht nur darum, ihre Elastizität zu genießen, ihr Versprechen, unter der Schale süß und saftig zu sein.“ Erwartungsvoll blickte sie ihn an.
„Du bist einfach zu ungeduldig“, stellte sie resigniert fest, als er grinsend so fest zubiss, dass sie im Gesicht einige Spritzer des dunkelroten Safts abbekam.
„Jetzt bist du an der Reihe.“
Mit beiden Händen hielt er ihren Kopf ruhig, während er begann, die Tropfen mit seiner geschickten Zungenspitze aufzunehmen. „Das ist wirklich eine ungewöhnlich interessante Methode, Kirschen zu essen“, murmelte er und berührte leicht ihre Mundwinkel, ihre Nasenspitze, fuhr in großzügigen Bögen über ihre zarten Jochbögen und blies schließlich neckend auf die dichten Wimpernkränze.
„Wolltest du uns nicht Spaghetti kochen?“
Während sie das Wasser aufsetzte, die Soße zusammenrührte und abschmeckte, saß er auf dem großen Küchentisch und sah ihr zu.
Nichts an ihrer schlanken Gestalt, ihren anmutigen Bewegungen, die eher zu einer Tänzerin gepasst hätten, verriet, dass sie eine exquisite Köchin war. Auch er war zu Beginn ihrer Beziehung geradezu schockiert gewesen, als sie ihm erzählt hatte, wie gerne sie kochte. Ihre überraschende Leidenschaft für eine dermaßen häusliche Betätigung hatte ihn zu Anfang erheitert, weil es so überhaupt nicht zu dem Bild der eleganten Signora Ceretti gepasst hatte.
Dass ihre Begeisterung durch und durch echt war, hatte er schnell gemerkt. Und schon nach kurzer Zeit hatte er sie als ausgesprochen angenehm empfunden. Jetzt erinnerte er sich daran, dass sie ihm erzählt hatte, dass es Onkel Ugo gewesen war, der ihr Interesse am Kochen geweckt hatte.
Auch Angelina dachte daran, während sie hier in seiner geliebten Küche arbeitete.
Sie konnte sich noch genau an den Sommernachmittag erinnern, an dem sie hungrig in die Küche gestürmt war und ihn dabei antraf, wie er mit konzentriertem Gesichtsausdruck den Haufen Zucchini auf dem Tisch sortierte.
„Was machst du da?“
„Ich fühle, welche von ihnen heute gegessen werden möchten, und welche bis morgen warten wollen“, hatte er ihr erklärt.
„Macht das einen Unterschied?“
„O ja!“
„Kannst du mir zeigen, woran du es fühlst?“
Er hatte ihr nicht nur beigebracht, den Reifegrad von Obst und Gemüse mit intuitiver Sicherheit zu bestimmen. An dem Tisch, auf dem sich Fabrizio gerade lümmelte, hatte sie auch gelernt, Zwiebeln so schnell zu hacken, dass die Augen nicht zu tränen begannen. Sie hatte gelernt, Geflügel und Kaninchen auszunehmen und dass die unterschiedliche Festigkeit des Fleisches die beste Zubereitungsart festlegte. Onkel Ugo kaufte keine vorgefertigten Gerichte, er knetete und formte die Gnocchi, die er servierte, selber. Und an manchen Tagen hingen sämtliche Wäscheleinen voller Spaghetti oder Bandnudeln. Sie wurden immer an der Luft getrocknet, bevor sie in Leinensäckchen verstaut und gelagert wurden. Diesen Standard würde sie weiterführen.
Plötzlich überwältigte sie die Vorfreude beim Gedanken an die beinahe meditative Konzentration, die sie alles um sich her vergessen ließ, sobald sie sich auf die Zubereitung eines komplizierten Gerichts einließ.
Der
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