Schule der Magier - Astaroths Angriff - Neff, H: Schule der Magier - Astaroths Angriff - The Tapestry Trilogy 2 - The Second Siege
schließlich so schnell drehten, dass die Kugel zu einem einzigen Nebel aus Silber wurde. Ein Beben lief durch das Schiff. Von den Masten und der Takelage regneten Eiszapfen auf das Deck herab und zersprangen, als die gewaltigen Segel der Kestrel sich aus eigenem Antrieb entfalteten. Geitaue wurden wie von unsichtbarer Hand gelöst, ebenso die zahlreichen Brassen und Schoten. Als sich die obersten Segel öffneten, schnappten die Verankerungen, die das Schiff am Steg festgehalten hatten, auf.
Vom Strand kam ein gemeinschaftliches Aufkeuchen, als die Kestrel aus dem Meer emporstieg und in der Luft
schwebte. Davids Gesicht glühte vor Erregung. Schneeflocken klebten ihm auf den Wimpern, und er blickte zu den Segeln empor, die sich in der Brise strafften.
Max spürte etwas an seinem Ohr vorbeiflattern. Er drehte sich um und sah eine Motte mit einem angesengten Flügel, die sich auf seiner Schulter niederließ.
»Du wirst mich brauchen!«, quiekte die Motte, und ihre Fühler zitterten in der Kälte.
Mit einem schnellen Blick auf David, der nach wie vor wie gebannt war von der Kestrel, zupfte Max sich Mr Sikes von der Schulter und verstaute den Kobold in der warmen Wolltasche seines Mantels. Die Motte lugte, kuschelig geborgen in ihrem neuen Nest, zu ihm empor.
Das Schiff neigte sich leicht zur Seite und begann sich dann langsam zu drehen, bis der Bug zum offenen Meer zeigte. Max lief zum Heck und schaute zu der Menge am Strand zurück. Er entdeckte seinen Vater und winkte, unter Tränen lächelnd, während das Schiff Fahrt aufnahm und langsam über dem dunklen Meer in den Himmel aufstieg.
KAPITEL 15
In den Sidh
D ie beiden Jungen standen am Bug. Während David in seinem Rucksack nach wärmeren Kleidern stöberte, schaute Max sprachlos über den glitzernden Ozean. Das Schiff segelte auf blinkende Sterne zu und auf einen Mond, der so hell leuchtete wie eine Perle. David zwängte den Kopf durch einen Fischerpullover und zog eine dunkelblaue Wolljacke darüber, deren Knebelknöpfe er mit der linken Hand langsam zumachte.
»Wo fahren wir hin, David?«, fragte Max.
»Ich weiß es nicht«, antwortete David schläfrig; er atmete tief ein und blickte zu dem hohen Mast und seinen weißen, glatten Segeln empor.
Max prägte sich gähnend die Sternbilder am Himmel ein, während das Schiff höher emporstieg. Er spähte in seine Tasche und sah Mr Sikes, jetzt in der Gestalt einer Feldmaus, zu einem behaglichen kleinen Ball zusammengerollt. Max stellte sich vor, ebenfalls warm zusammengerollt in seinem Bett zu liegen und durch die Glaskuppel in seinem Zimmer in Rowan die Sterne zu beobachten. Sie segelten weiter und die Erde schien bald nicht mehr zu sein als eine Miniatur. Max schaute zur Seite und sah Städte wie Spielzeuge über
Kontinente verstreut, über die im Mondlicht Herden von Wölkchen hinwegzogen. Die Luft war kalt, und die Sterne schienen unglaublich hell, während die Kestrel in Richtung Orion weitersegelte.
»Da sind Beteigeuze«, murmelte David und zeigte auf einen großen, rötlichen Stern, »und Bellatrix, die Schultersterne. Dort unten dann Rigel und Saiph, die Füße des Jägers. Einige nennen Orions Gürtel die ›Drei Magier‹; sie heißen Alnitak, Alnilam und Mintaka …«
Max nickte verträumt und hüllte sich fester in seinen Mantel.
Die Sterne waren nun so groß wie Kürbisse, der Mond schien geradezu unermesslich zu wachsen und tauchte die Segel und das Deck in milchiges Licht. Max blickte abermals zurück und sah diesmal nichts mehr von der Erde: Keine Wolken, kein Land und keine dunklen Ozeanwirbel. Da bekam er Angst und dachte, dass sie vielleicht für alle Zeit weitersegeln und ohne jede Verbindung zu ihrer Welt durch den Äther driften würden.
Ob sie Stunden oder Tage oder ein ganzes Leben gesegelt waren, konnte Max nicht sagen. Er nahm nur wahr, dass der Himmel dünn wurde, sich sein unsichtbares zartes schwarzes Gewebe immer mehr dehnte, bis Max hätte schwören mögen, darin die ersten winzigen Lücken sehen zu können. Er klammerte sich lachend an die Reling und beugte sich vor. Die Farbsplitter wurden größer und enthüllten verwaschene Spuren von Blau und Grün.
Die Nacht wich dem Tag, und jetzt schien die Kestrel auf Strömungen aus Luft und Wolkenfetzen zu gleiten, die wie Delfine am Bug entlangrasten. Eine Landschaft kam in Sicht – smaragdgrüne Hügel, bestellte Felder und Flüsse, die sich durch prächtiges Land schlängelten. Kleine Städte
scharten sich um hohe,
Weitere Kostenlose Bücher