Schule für höhere Töchter
hat – die zweibeinige meine ich –, dann hat er den Job vielleicht angenommen und Miss Tyringham die Hunde eingeredet, um die Erziehung von Mädchen in Verruf zu bringen; hast du schon mal daran gedacht?«
»Unsinn. Er ist wie aus einem Roman von Dickens entsprungen. Wahrscheinlich hat er ein kleines Mädchen, das er hütet wie seinen Augapfel, oder wünscht sich so was. Wie seine Hunde knurrt er, aber er beißt nicht.«
»Das sollen wir jedenfalls glauben«, sagte Kate düster.
»Wir können hier nicht herumstehen und reden; er denkt sonst, wir verschwören uns gegen ihn.« Die Hunde beobachteten, noch immer knurrend, wie sie zum Haus gingen.
»Zufrieden?« fragte O’Hara.
»Danke«, sagte Reed. »Dürfen wir Ihnen ein paar dumme Fragen stellen? Das gehört dazu, fürchte ich.«
»Die Polizei hat mich schon ausgefragt.«
»Ja, natürlich. Aber wir glauben eher nicht, daß die Hunde eine Schuld trifft. Das unterscheidet uns von der Polizei, macht uns anders und interessant. Um welche Zeit beginnen die Hunde ihre Runden?«
Mit einem Seufzer, wie ihn Kate gern ausstieß, wenn sie gegen ihren Willen auf eine Cocktail-Party geraten war, ließ sich Mr. O’Hara auf einen Stuhl fallen, forderte sie mit mäßig freundlicher Handbewegung auf, dasselbe zu tun und zündete sich umständlich eine Pfeife an. Er antwortete erst, als sie alle in dichte Rauchwolken gehüllt waren. »Riecht herrlich«, sagte Kate.
»Ich folge Ihrem Beispiel, wenn ich darf«, sagte Reed und zog seine eigene Pfeife heraus. Mr. O’Haras Gesichtsausdruck verfinsterte sich.
»An normalen Tagen«, sagte er, »schicke ich Rose und Lily gegen acht Uhr, nach meinem Abendessen, auf ihre Runde.«
»Sie kochen selbst?« fragte Reed.
»Natürlich. Glauben Sie, ich hab’ ein junges, knackiges Hausmädchen?«
»Ich dachte, Sie bekämen Ihre Mahlzeiten vielleicht aus der Schulküche.«
»Hüttenkäse«, sagte O’Hara.
»Und glitschigen Thunfisch«, fügte Kate hinzu. Reed warf ihr einen warnenden Blick zu.
»Was meinen Sie mit normalen Tagen?« fragte er.
»Wenn die nicht gerade irgendeine verdammte Toberei vorhaben«, sagte er. »Tanzereien, Versammlungen und so. Eine Schule ist eine Schule und sollte sich nicht mit diesem Unsinn abgeben, aber ich bin angestellt worden, um das Haus zu bewachen, nicht um es zu leiten. An solchen Abenden ist es fast elf, bevor ich alle draußen habe und die Türen abschließen kann.«
»Dauern die Versammlungen so lange?« fragte Kate.
»Bis pünktlich Viertel nach zehn. Miss Tyringham ist da sehr genau. Aber die Damen stehen natürlich noch auf den Gängen herum und schwatzen weiter, und wenn es regnet, müssen die Männer, die armen Trottel, noch Taxen auftreiben, und so weiter. Und es ist meist kurz vor elf, bis die letzten aus dem Haus und auf dem Heimweg sind.«
»Warten Sie unten, bis alle fort sind?«
»Ja. Ich bin auch da, um sie einzulassen. Einer muß es ja machen, sonst könnte schließlich jeder hereinmarschieren, nicht wahr?«
»Wird jeder, der hereinkommt, richtig kontrolliert?« fragte Reed.
»Natürlich, wir sind ja in keinem öffentlichen Theater. Ich kenne die Lehrer, zumindest vom Sehen, und die Lehrer kennen die Eltern.«
»Dennoch«, sagte Reed, »wenn zwei Leute, Mann und Frau, im passenden Alter und entsprechender Erscheinung hereinspaziert kämen, würde es ihnen gelingen, an der Versammlung teilzunehmen. Darauf wette ich. Die Lehrer können nicht alle Eltern kennen. Wenn ein völlig akzeptables Paar auftaucht, wird wohl niemand hingehen und sagen; ›Nennen Sie den Namen Ihrer Tochter, oder verlassen Sie das Gebäude‹. Man nimmt einfach an, daß sie dazugehören und läßt es dabei bewenden.«
»Nicht ganz«, sagte Kate. »Das Theban ist besser organisiert, als es auf den ersten Blick scheint. Zuerst wird jeder gefragt, ob er zu einer Versammlung kommt. Natürlich kommt es vor, daß jemand vergißt, das Formular zurückzuschicken oder anzurufen oder zunächst sagt, er käme nicht, es sich dann aber doch anders überlegt. Aber, weißt du, alle Eltern haben ein Namensschild mit diesem neuartigen Klebstoff, der an der Kleidung klebt, ohne Spuren zu hinterlassen. Darauf steht zum Beispiel Mrs. oder Mr. Fred Jones, Esmeralda II, Sylvia IV, und alle Eltern stecken sich bei ihrer Ankunft dieses Ding an. Die Schachtel mit den richtigen Namensschildern steht schon bereit und wartet auf die Eltern, die ihr Treffen haben, und jeder steckt seins an; selbst wenn man theoretisch annimmt,
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