Schummeln fuer die Liebe
hat sie gesagt, als sie mir den Bikini überreicht hat. Das ist gerade mal zwei Wochen her. Damals konnte ich wahrhaftig darüber lachen. Und jetzt?
Johann ist nicht zu erreichen und so sitzen wir wenig später zu dritt im Schlauchboot und schippern über den See. Teresa liegt halb über dem Rand und lässt das Wasser durch ihre Finger gleiten. Die Sonne brennt. Flo hat sein T-Shirt ausgezogen. Wasserperlen glitzern auf seinen braun gebrannten Schultern. Eine neue Badehose hat er auch. Blau und grau gestreift. Die alte hatte aufgedruckte Seepferdchen. Ich sitze so dicht bei ihm, dass ich den Duft seiner Haut einatmen kann. Er riecht nach Sonnenmilch, frischem Wasser und nach Junge. Mein Herz klopft bis zum Hals. Ich schiele zu ihm rüber und sehe die rotblonde, glänzende Haarlocke,die sich über der linken Augenbraue kringelt. Bei jedem Ruderschlag spannen sich seine Muskeln an.
»Gleich bist du wieder dran!«, keucht er und stupst mich mit der großen Zehe an.
Sofort kriege ich eine Gänsehaut, die quälend langsam meinen Rücken hochkriecht. Und rot werde ich auch. Nicht zum Aushalten! Scheiße! Scheiße! Von wegen Wiedersehensfreude. Das ist Verknalltsein pur.
»Puh, ist das heiß!«, sage ich und fächle mir mit der Hand Luft zu.
Teresa plappert und plappert. Irgendwas von ihrer Mum, die neuerdings einen Diät-Tick entwickelt hat, und von ihrem großen Bruder, der schon wieder eine neue Freundin hat.
»Es ist Sophie!«, prustet sie. »Du weißt schon. Sophie aus der 10 a. Die mit der Lispelstimme.« Gekonnt macht Teresa das affektierte Gerede von Sophie Mahlmann nach. Früher hätte ich mitgekichert und mitgelispelt. Im Nachahmen von affigen Stimmen bin ich doch eigentlich einsame Spitze. Jetzt sitze ich hier, als könnte ich nicht bis drei zählen.
Dafür kichert Flo. Noch vor den Ferien hat er immer bloß genervt gegrunzt, wenn es um das Liebesleben von Teresas Bruder ging. Ich versuche ein Grinsen. Aber das hängt irgendwie schief in meinem Gesicht. Wenn das so weitergeht, merken die beiden, was mit mir los ist. Bei dem Gedanken fühlt sich mein Magen an, als hätte ich ein Päckchen tiefgefrorene Fischstäbchen verschluckt.
Die dürfen einfach nichts mitkriegen. Auf gar keinen Fall!!!!
Deshalb versuche ich, so normal wie möglich zu sein, als wir drei ins Wasser hüpfen. Normal sein heißt: die anderen untertunken, selbst getunkt werden, quietschen, kreischen. Das ganze Programm. Ich mache das, aber es fühlt sich nicht normal an. Früher war ich einfach bloß kitzlig, wenn Flo mich um die Taille gepackt hat …
Zum Glück kann man im kalten Wasser nicht rot werden. Oder doch?
»Was ist eigentlich los mit dir?«, fragt Teresa, als wir wieder an Land sind und trockenes Holz fürs Lagerfeuer sammeln.
»Nix! Wieso?«, nuschle ich. Sie guckt mich mit Röntgenaugen an. »Es ist nichts!«, knurre ich ungeduldig. Teresa zieht die Augenbrauen hoch. Verdammt! Früher fand ich es toll, dass man ihr nichts vormachen kann. Ich lache und puffe ihr in die Seite. »Wahrscheinlich hab ich einen Sonnenstich oder Hunger oder beides!« Mit leerem Magen bin ich immer seltsam drauf, das weiß jeder. Teresa grinst. Erleichtert atme ich aus. Sie hat es geschluckt. Gott sei Dank!
Solange die Sonne noch vom Himmel brennt, werden unsere nassen Sachen trocken, und als es anfängt zu dämmern, ist auch unser Feuer so weit. Wir brutzeln unsere mitgebrachten Würstchen und trinken Cola, die wir vorher im See gekühlt haben. Hier und da flackern am Ufer noch andere Feuer auf. Der Baggerseeist im Sommer ein angesagter Treffpunkt. Jemand spielt leise Gitarre.
»Hach, ist das romantisch!«, seufzt Teresa und leckt sich das Würstchenfett von den Lippen. Dabei guckt sie Flo direkt in die Augen. Aber der scheint nichts zu merken.
Verstohlen beobachte ich sein Gesicht. Auch sein Mund glänzt von Fett. Die Oberlippe ist geschwungen, wie die Schwalbe auf einer Kinderzeichnung. Wie es wohl wäre, ihn zu küssen? Oh nein! Mir wird schon wieder ganz heiß. Aber im Feuerschein ist zum Glück jeder rot.
»Jetzt müsste man verliebt sein! Was, Lene?«, sagt Teresa und zwinkert mir verschwörerisch zu.
Flo stöhnt genervt auf. Anscheinend kann er mit dem Liebesthema doch immer noch genauso wenig anfangen wie vor den Ferien. Soll ich mich jetzt darüber freuen oder nicht? Ich seufze tief.
Und das war ein Fehler. Denn das bringt Teresa auf einen Gedanken. Sie richtet sich auf. Ihre Augen funkeln vor Vergnügen. »Mensch, Lene!
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