Schummeln fuer die Liebe
das fände ich auch ziemlich blöd!«, sage ich und gucke ihm tief in die Augen. »Ich bin nämlich ziemlich gern mit dir befreundet, du alte Gurke!«
Flo lächelt. Das gute alte Flo-Lächeln, das ich schon seit Ewigkeiten kenne.
»Selber alte Gurke!«, sagt er und da nehme ich ihn in den Arm und drücke ihn so fest, dass er fast keine Luft mehr kriegt. Und er drückt mich auch. Es ist, als wollten wir unsere Blutsbrüderschaft erneuern, die wir als Elfjährige mit einem indianischen Ritual beschlossen haben.
Ich will mich gerade mit einem lockeren Spruch von ihm lösen, als ich spüre, dass jemand in der Tür steht. Ganz leicht drehe ich den Kopf und da steht …
Baxter!
Er hat Augen und Mund weit aufgerissen und guckt, als hätte er ein Alien vor sich. Schnell lasse ich Flo los. Baxter dreht sich um und geht. Holterdiepolter die Treppe runter und durch den Flur.
»Baxter!«, brülle ich. Ohne nachzudenken, springe ich auf und rase hinter ihm her. Tonki kommt aus ihrem Zimmer. »Mach Platz!«, rufe ich und schiebe sie zur Seite. »Baxter, warte!«, rufe ich.
Mein Kopf sendet zwar deutliche Signale: Was soll das? Du machst dich hier total zum Affen. Bleib stehen!
Aber ich überhöre das und renne einfach weiter. Er ist schon durch die Haustür, als ich ihn endlich einhole. »Baxter!«, rufe ich und packe ihn einfach an den Schultern. »Es ist nicht so, wie es aussieht!«
Wer sagt denn, dass ihn das interessiert? Mit großen Augen guckt er mich fragend an. Aber wenigstens rennt er nicht weg.
»Wirklich!«, sage ich atemlos. »Ich bin nicht in Flo verliebt, kein bisschen, ich …«
Warum sagt er denn nichts?
»Ick wollte nicht dir stören!«
, sagt er mit vollkommen unbewegtem Gesicht.
»Aber du hast mich nicht gestört, Baxter!«, rufe ich verzweifelt. »Du störst mich niemals, ich …«
Ich atme tief ein. Jetzt Augen zu und durch. Schlimmer kann es eh nicht mehr werden.
»Ich liebe dich nämlich!«, sage ich leise und reiße die Augen wieder auf.
Er geht nicht weg. Stocksteif steht er da. Meine Hände liegen auf seinen Hüften. Tonki steht garantiert hinter der Tür und lauscht. Egal!
»Really?«
, fragt er und sieht dabei kein bisschen unfreundlich aus.
Ich nicke heftig mit dem Kopf.
»Really?«
, fragt er noch mal und dann hebt er die Hand und streicht mir durchs Haar. Kaum hörbar fängt er an zu reden. Er spricht englisch und ich muss mich höllisch anstrengen, alles zu verstehen. Er erzählt von Raoul und davon, dass er nicht geglaubt hat, er hätte bei mir eine Chance. Er spricht von meinen Haaren und von meinen grünen Augen. Er sagt, dass er mich
nice
und
lovely
findet. Sein Mund berührt meinen. Ganz leicht! Gerade so viel, dass ich seine Lippen spüre, die ein wenig rau und kalt sind. Mit den Fingern streicht er mir über die Wange und meine Hände fahren seinen Rücken hoch, bis ich die zarte Haut an seinem Hals spüre.
Dann macht er sich plötzlich steif und fragt, warum ich Flo geküsst habe. Ich lache und dann fange ich an zu erzählen. Wir merken schnell, dass das zu lange dauert, um es hier im Stehen vor der Haustür klarzumachen.
Deshalb hole ich schnell meine Jacke. Am Treppenabsatz stehen Flo und Tonki und grinsen breit. Ich grinse glücklich zurück und dann gehen wir los, Baxter und ich. Einfach so. Ich erzähle und erzähle. Diesmal lasse ich nichts aus. Baxter braucht am längsten, um alles zu verstehen. Aber es macht Spaß, immer wieder von vorne anzufangen. Ich könnte stundenlang so neben ihm herlaufen. Wir halten uns die ganze Zeit an den Händen. Manchmal bleiben wir stehen und gucken uns in die Augen.
Irgendwann hat auch Baxter kapiert, dass es nieeinen Raoul gegeben hat, warum ich ihn erfunden habe und vor allem, warum ich ihn dann unbedingt wieder loswerden musste.
Er bleibt stehen, schlingt seine Arme um mich und schubbert seine Nase mit meiner Nasenspitze.
»You’re a funny girl!«
, sagt er.
»That is the reason why … Das ist, warum ich habe mir in dir verliebt!«
»Really?«
, frage ich, und als hätte ich das nicht schon längst kapiert, fängt mein Herz plötzlich wie wild an zu schlagen.
»Really!«
, sagt er. Seine Stimme klingt auf einmal ganz rau.
Wir bleiben eine Ewigkeit so stehen. Aber irgendwann merken wir trotz der Küsse und Umarmungen, dass es langsam Abend und damit ziemlich kalt wird.
Zu Hause stellen wir fest, dass alle schon beim Abendessen sitzen. Renate hat Spaghetti für die Stadlers und die Lohmaiers gekocht. Weil
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