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Schusslinie

Schusslinie

Titel: Schusslinie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Bomm
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der junge Hotelangestellte zu den Männern um, überlegte kurz und fragte
dezent: »Do you want a special service for the night?« Der Weißhaarige mit dem hochroten
Kopf verstand nicht so recht. Sein Begleiter hingegen wusste sofort, was mit der
Frage nach einem »speziellen Service für die Nacht« gemeint war. Er lehnte lächelnd
ab. Ihm war nicht danach. Außerdem würde er kein Geld dafür ausgeben wollen. Inzwischen
hatte der Aufzug die sechste Etage erreicht und die beiden Deutschen stiegen aus.
Der Hotelboy fuhr sichtlich enttäuscht weiter. Die Vermittlung eines nächtlichen
Services hätte sein Taschengeld aufgebessert.
    Mittlerweile hatte auch der Weißhaarige begriffen,
was gemeint war. Die beiden Männer lächelten und strebten durch den mit Teppichboden
gedämpften Flur ihren Zimmern entgegen. »Sollen wir uns noch was aus der Minibar
genehmigen?«, fragte der Ältere mit der sonoren Stimme. Der andere nickte und ließ
sich gerne noch zu einem Drink im Zimmer seines Freundes einladen.
    Es war inzwischen weit nach Mitternacht. Der
Weißhaarige holte aus dem kleinen Kühlschrank zwei kleine Flaschen Pils, öffnete
sie und goss den Inhalt in die beiden bereit stehenden Gläser. »Wo sind wir da reingeraten,
Rainer?!«, sinnierte er und erfüllte mit seiner kräftigen Stimme den Raum. Sie hatten
die Stühle mit den abgewetzten Polstern an das Tischchen gerückt, auf dem ein Fernsehgerät
stand. Das Zimmer war eng.
    Rainer, der Jüngere, kratzte sich im zersausten
blonden Haar und kommentierte: »Räuber und Ganoven.« Er griff nach dem Getränk und
hob das Glas.
    »Das kannst wohl annehmen«, bekräftigte der
Ältere, der seinen leicht bayrischen Dialekt nicht verbergen konnte – und es auch
nicht wollte. Dann prosteten sie sich zu und nahmen einen kräftigen Schluck.
    »Mensch, Martin, die haben ganz schön Schiss«,
meinte Rainer und wischte sich Bierschaum vom Mund.
    »Der Arsch geht denen auf Grundeis, mein Lieber.
Da läuft mehr, als sie uns sagen wollen.«
    »Natürlich, daran besteht überhaupt kein Zweifel.
Warum soll sich denn die Mafia an den Geschäftsführer einer vergleichsweise kleinen
und harmlosen Firma heranmachen, die nur mit Baustoffen handelt? Das gibt doch keinen
Sinn.«
    Martin nickte und lehnte sich zurück, sodass
die Lehne bedenklich knarrte. »Und noch im vergangenen Jahr war alles in Ordnung,
verstehst? Der Jano hat große Töne gespuckt – und die Bilanz hat gestimmt.« Er legte
eine kurze Pause ein. »Naja, zumindest, was ich rausgelesen hab. Aber Bilanzen kann
man nach Belieben frisieren – das kennt man ja, verstehst?«
    »Wie ist deine Einschätzung? Haben wir noch
eine Chance, unser Kapital wieder zu kriegen?«
    »Ich kann die Zweihunderttausend nicht einfach
wegstecken.« Er holte tief Luft. »Zunächst mal vertrau ich auf den Amerikaner, der
schon seiner Schwester zuliebe seinen Schwager nicht als Betrüger abstempeln lassen
will.«
    Rainer nickte wieder. Er hatte zwar nur einen
Bruchteil von der Summe seines Freundes investiert, war aber nicht minder stark
darauf angewiesen, das als Darlehen gewährte Geld wieder zu erhalten.
    Vor vielen Jahren hatte alles so verlockend
angefangen. Jano, der smarte, slowakische Geschäftsmann, dem Beziehungen bis in
die höchsten politischen Ebenen seines Heimatlandes nachgesagt wurden, unter anderem
sogar zum späteren Staatspräsidenten, war auf der Suche nach Geschäftspartnern durch
Deutschland gereist. Ganz im Stile eines amerikanischen Businessman hatte er geredet
und das Vertrauen von potenziellen Investoren gewonnen. Er hatte Ideen und den nötigen
Elan – nur eben kein Geld. Dabei konnte er, gemessen an deutschen Verhältnissen,
bereits mit vergleichsweise geringem Kapitaleinsatz daheim etwas bewegen. Ein paar
zehntausend Mark waren damals für ihn eine riesige Summe gewesen. Und weil in der
Slowakei die Banken noch geradezu inflationäre Darlehenszinsen verlangten, oft über
20 Prozent, konnte er seinen Geldgebern gut und gern die Hälfte davon versprechen
und es trotzdem verkraften.
    Jano war es damals, Mitte der 90er Jahre, tatsächlich
gelungen, Kapitalanleger zu finden, mit deren geldkräftiger Unterstützung er eine
Firma aufbauen konnte, die in geradezu atemberaubender Weise expandierte und von
der aufstrebenden Wirtschaft des kleinen Landes profitierte. Er bezahlte artig seine
Zinsen und legte Bilanzen vor, die bei den jährlichen Gesellschafterversammlungen
Freude aufkommen ließ. Als sich herumsprach, welch

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