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Schusslinie

Schusslinie

Titel: Schusslinie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Bomm
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traumhafte Kapitalanlage eine
Investition in ein slowakisches Unternehmen sein konnte, meldeten sich immer neue
Interessenten bei Jano. Dass er ein Schwindler sein würde, hatte niemand gedacht.
Und auch jetzt war sich Martin noch nicht sicher, ob Jano das viele Geld, das jetzt
offenbar irgendwie verschwunden war, absichtlich veruntreut hatte oder ob er einfach
zu hoch gepokert hatte – womit auch immer.
    »Weißt«, meinte Martin, nachdem er einen kurzen
Moment überlegt hatte, »letztlich ist’s mir wurscht, was da gedreht wurde. Ich will
mein Geld wieder – und dann sehn die mich hier nie mehr. Nie mehr, verstehst?«
    Rainer nickte. »Ich denk auch, wir sollten
uns nicht allzu sehr in diese Sache einmischen. Der Amerikaner ist ehrlich bemüht,
Gras über die Sache wachsen zu lassen.«
    Martin holte tief Luft. »Du hast Recht. Weißt,
mir ist heut Abend etwas eingefallen, was vor einigen Jahren einem Geschäftsmann
aus dem Kreis Göppingen widerfahren ist.« Er holte ein weiteres Pils aus der Minibar
und öffnete den Kronenkork. »Ich weiß zwar nicht, was er für Geschäfte gemacht hat.
Aber weißt, was sie mit dem gemacht haben?«
    Rainer zuckte mit den Schultern.
    »Gekillt hab’n sie ihn. Erschossen. Regelrecht
hingerichtet.« Martin schaute seinem Freund fest in die Augen. Seine Adern an den
Schläfen waren hervorgetreten. »Erschossen – in Ungarn drübn.«
    »Deshalb mein ich, es ist in diesen Gegenden
vielleicht besser, man stellt nicht so viele Fragen.«
    Rainer wurde bleich. »Vielleicht sollten wir
Matthias anrufen.«
    Martin nickte.

5
     
    Bruhn, der energische und für seine cholerischen Anfälle bekannte Göppinger
Kripochef, strich sich über die glänzende Glatze, die nur noch ein schmaler Haarkranz
umgab. »Was?«, wiederholte er und drückte den Telefonhörer fest ans linke Ohr, »auf
offener Straße?« Bruhn rückte mit dem Oberkörper an die Schreibtischkante heran
und stützte sich mit den Ellbogen ab. Das hatte ihm an diesem eiskalten Dienstagmorgen
gerade noch gefehlt. Der Schreibtisch voll mit Fragebögen und Personalakten, mit
statistischen Anfragen des Innenministeriums und einer Dienstaufsichtsbeschwerde
gegen den Hauptkommissar August Häberle – und jetzt eine Leiche. Er lauschte angestrengt
und stieß plötzlich eine Frage aus, als habe er seinen Gesprächspartner jäh unterbrochen:
»Womit erschossen?« Er hörte dem Anrufer noch kurz zu, brummte ein »mhm« und entschied
abrupt: »Ich komm hoch – und bring den Häberle mit.« Dann legte er ohne ein Wort
des Dankes oder des Abschieds auf – wie immer.
    Wenig später ließ sich der Kripochef von diesem
Häberle, der zwar einer seiner fähigsten Mitarbeiter war, aber leider Gottes kein
Blatt vor den Mund nahm, im weißen Dienst-Mercedes auf der B 10 talaufwärts in Richtung
Ulm chauffieren.
    »Was weiß der Teufel, was da wieder dahinter
steckt – und das bei diesem Sauwetter«, knurrte Bruhn und lehnte sich zurück, als
sie Göppingen verließen, »bis jetzt weiß man noch nicht, wer der Tote ist.«
    »Weibergeschichten«, mutmaßte Häberle einsilbig.
In seinem langen Berufsleben hatte er einige Morde bearbeitet, hinter denen verschmähte
Liebe oder Widersacher steckten. Was vordergründig nach politischen oder geschäftlichen
Motiven aussah, entpuppte sich oftmals als eine Beziehungstat. Häberle, jahrelang
beim Landeskriminalamt Stuttgart für die schwierigsten Fälle zuständig gewesen und
nun wieder, knapp acht Jahre vor der Pensionierung, im heimischen Göppingen tätig,
ließ sich so schnell nicht aus der Ruhe bringen – auch wenn Bruhn bereits wieder
großen Presserummel befürchtete und im Geiste sämtliche einflussreichen Kreise in
Aufruhr vermutete.
    »Halten Sie sich bloß mit Vermutungen über
Weibergeschichten zurück«, erwiderte der Kripochef. Es klang wie ein Befehl. »Das
hetzt uns gleich die Boulevard-Presse auf den Hals. Mir reichen schon die hiesigen
Radau-Journalisten.«
    Häberle, der sich im täglichen Stop-and-go-Verkehr
durch Eislingen quälte, wollte nichts dazu sagen. Er wusste, dass Bruhn ein gestörtes
Verhältnis zu den Medien hatte – es sei denn, sie richteten eine Fernsehkamera auf
ihn.
    »Kein Auto bei der Leiche?«
    »Nichts«, brummelte Bruhn, »keine Tasche, nichts.
Liegt einfach so rum – schon einige Stunden, haben die Kollegen gesagt.«
    Häberle schaute seinen Chef von der Seite an:
»Das hört sich nicht gut an. Dann wird’s auch kaum jemand geben, der an dieser

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