Schusslinie
Blüten getrieben haben.« Ziegler kam auf einen Artikel eines Boulevard-Blattes
zu sprechen, in dem Klinsmann mit den Geschehnissen in Verbindung gebracht worden
war. »Ich kann Ihnen sagen, dass derlei Vermutungen und Spekulationen jeder Grundlage
entbehren. Weder der Confederations-Cup, der für Deutschland heute Abend mit dem
Spiel um den dritten Platz meiner Ansicht nach sehr erfolgreich zu Ende geht, hat
etwas damit zu tun, noch der Bundestrainer selbst.« Ziegler legte ein Blatt beiseite.
Ihm war wohl sehr viel daran gelegen gewesen, diese Feststellung an die Medien möglichst
wörtlich weiterzugeben. Die Journalisten, das stellte er mit Verwunderung fest,
schien diese Aussage überhaupt nicht zu interessieren. Kein Einziger hatte mitgeschrieben.
Deshalb fuhr er einigermaßen irritiert fort: »Über den Stand der Ermittlungen informiert
Sie der Erste Kriminalhauptkommissar August Häberle.«
»Meine Damen und Herren, ich geh mal davon
aus, dass Sie alle die Vorgeschichte kennen. Wir haben die bisher veröffentlichten
Pressemitteilungen in einer Mappe zusammengefasst, die Sie am Ausgang mitnehmen
können.« Häberle schaute sich ruhig um. »Es mag den Anschein erweckt haben, dass
sich in den vergangenen Wochen wenig getan hat. Aber die Sonderkommission, bestehend
aus 19 Beamten, hat insgesamt 497 Spuren verfolgt. Das sind natürlich sehr viele
kleine Hinweise, auch anonyme, und es sind kriminaltechnische Details, von denen
uns jedes einzelne helfen kann, ein Mosaik zusammenzusetzen. Was Sie viel mehr interessiert – ich weiß das …« Häberle verzog sein Gesicht zu einem dezenten
Grinsen, »… das sind die berühmten heißen Spuren. Nun …« Er räusperte sich, »… die wirklich heiße
Spur ist leider ausgeblieben. Es hat deshalb auch keine Verhaftungen gegeben. Wir
sind aber dabei, einige Personen aus dem Umfeld der getöteten Personen einer genaueren
Überprüfung zu unterziehen.« Er nannte keine Einzelheiten, sondern umschrieb die
Ermittlungsarbeit elegant. Nach einer Viertelstunde war er fertig, worauf der Staatsanwalt
die Gelegenheit wahrnahm, allen bisherigen vernommenen Beteiligten für deren kooperative
Mitarbeit zu danken. Eine Feststellung, die keinen der Journalisten interessierte.
Als er um Fragen bat, tat sich sofort ein hellblondes
Mädchen mit Mikrofon hervor: »Bis wann rechnen Sie mit der Festnahme des Täters?«
Ziegler blieb vornehm zurückhaltend: »Darüber
zum jetzigen Zeitpunkt eine Prognose abzugeben, wäre vermessen. Ich sage nur: So
bald wie möglich.«
Ein älterer Journalist hob die Hand und stellte
sofort seine Frage: »Wie unsere Recherchen ergaben, soll eine renommierte Firma
aus dem Raum Göppingen in die Angelegenheit verwickelt sein. Können Sie dazu was
sagen?«
Ziegler schüttelte den Kopf. »Zum jetzigen
Zeitpunkt nicht. Es handelt sich um Routine-Überprüfungen. Mehr nicht.«
»Dann sagen Sie uns wenigstens, in welche Richtung
Sie bei dieser Firma ermitteln.« Der Journalist war hartnäckig. Aber das hatte Dr.
Ziegler befürchtet. Er kannte ihn. Es war ein Vertreter der ›Bild‹-Zeitung.
»Tut mir leid«, erwiderte er ruhig, »das würde
die Persönlichkeitsrechte verletzen. Die Ermittlungsansätze sind dort nicht anders,
wie bei anderen Personen.«
Sander überlegte, ob er eine Frage stellen
sollte, oder ob er damit im Kreise dieser vielen Kollegen etwas von seinem Wissen
preisgab, das ihm möglicherweise exklusive zugespielt worden war. Dann, nachdem
sich vier, fünf weitere Kollegen mit dilettantischen Fragen zur Polizeiarbeit blamiert
hatten, hob er seine Hand und Ziegler erteilte ihm das Wort: »Stimmt es denn, dass
der örtliche Bundestagsabgeordnete der Konservativen großes Interesse an dem Fall
bekundet hat?«
Ziegler sah Hilfe suchend zu Häberle, der sofort
in die Bresche sprang: »Sie hören mal wieder das Gras wachsen, Herr Sander. Dass
sich der Abgeordnete, den Sie meinen, für den Fall interessiert, ist nichts Ungewöhnliches.
Sie wissen genau so gut wie ich, dass er sportpolitischer Sprecher seiner Fraktion
ist. Wenn sich dann ein Verbrechen, das offenkundig in die Sportszene hineinspielt
– wie auch immer – in seinem Wahlkreis ereignet, dann wird er sich zwangsläufig
dafür interessieren.« Häberle grinste und fügte hinzu: »Außerdem ist er ein Kollege
von uns.« Die Journalisten der überregionalen Medien schien dies nicht zu beeindrucken.
Es folgten noch weitere Fragen und dann die mehrfach geäußerte Bitte nach
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