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Schusslinie

Schusslinie

Titel: Schusslinie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Bomm
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mit den Behörden im Wesentlichen
inzwischen westlichen Gepflogenheiten entspreche, wenngleich noch immer die Korruption
ein gewisses Problem darstelle. Wolle man dieses Mittel anwenden, um etwas durchzusetzen,
empfehle sich jedoch äußerste Vorsicht, schon gar als Ausländer. »Die Strukturen
sind in mancher Hinsicht noch undurchsichtig und … man kann es so sagen, ja … in einigen Bereichen auch mafiös. Die breite Masse der Bevölkerung«,
fuhr Meckenbach fort, »ist sehr gastfreundschaftlich. Man darf sich nicht von ein
paar wenigen Ganoven irritieren lassen. Kriminelle gibt’s überall, Herr Häberle«,
sagte der Manager, um sogleich festzustellen: »Aber wem sag ich das?«
    »Ich hätt natürlich gern einige Gespräche geführt«,
erklärte der Chef-Ermittler, »und zwar mit Nullenbruchs Kontaktpersonen – wohl mit
einem gewissen Jano, der uns inzwischen ein Begriff ist, und mit einem Amerikaner
namens Pit. Außerdem möchte ich die neue Firma sehen und mit der Kriminalpolizei
sprechen.« Er lehnte sich zurück. »Wir sollten vielleicht einen Dolmetscher haben.«
    Meckenbach nickte. »Das lässt sich einrichten.
Sie sollten sich aber nicht allzu viel versprechen, Herr Häberle. Auch wenn Ihnen
vielleicht vieles zugetragen worden ist – über allerlei Kanäle. Ich bin davon überzeugt,
dass Sie dort unten nur Zeit vergeuden.«
    »Ich nicht«, entgegnete der knapp und irritierte
damit sein Gegenüber.
    »Ich mein nur«, machte Meckenbach zögernd weiter,
»es kann in solchen Ländern auch heute noch … noch gefährlich sein, sich in allzu viele Dinge einzumischen.«
    »Ich weiß mich zu wehren«, stellte Häberle
gelassen fest.
    »Davon bin ich überzeugt. Aber ich hätt nur
eine Bitte.«
    »Und die wäre?«
    »Bei allem, was Sie da unten tun werden …« Meckenbach wurde unsicher, »… halten Sie
bitte mich heraus. Sie wissen, ich muss die Firma aufbauen und bin auf viele wichtige
Persönlichkeiten dort angewiesen.«
    »Okay«, zeigte sich Häberle verständnisvoll,
»aber jetzt hätt ich noch eine Frage: Wie ist Ihr Verhältnis zu Frau Siller?«
    »Verhältnis?«, entfuhr es Meckenbach, als ob
ihn allein schon dieses Wort störte.
    »Beruflich, privat – wie auch immer«, ergänzte
Häberle.
    »Wir sind Kollegen. Frau Nullenbruch hat sie
zur Chefin gemacht. Ich muss tun, was sie sagt.«
    »Und sonst – was wissen Sie sonst von ihr?«
    Er zuckte mit den Schultern. »Eigentlich sehr
wenig. Außerhalb des Geschäfts sehen wir uns praktisch nie.« Dass er dies bedauerte,
ließ er nicht durchblicken. »Und wenn sie Urlaub macht, zieht sie sich in ihr Ferienhaus
zurück – irgendwo in Südfrankreich.«

49
     
    Häberle war nie zuvor in der Slowakei gewesen. Obwohl die Zeit der
politischen Wende nun schon über 15 Jahre zurücklag, beschlich ihn beim Gedanken
an die Staaten des ehemaligen Warschauer Pakts noch immer ein ungutes Gefühl. Er
musste sich jedes Mal einreden, dass auch dort inzwischen demokratische Strukturen
herrschten, dass man keine Angst zu haben brauchte, wenn man sich politisch äußerte,
und dass der Kapitalismus mit all seinen Vor- und Nachteilen längst Einzug gehalten
hatte.
    Als die kleine Maschine deutlich an Höhe verlor,
zog unten das modernisierte und von Amerikanern übernommene Stahlwerk vorbei, das
sich an der Stadtgrenze von Košice befand. Der kleine Flughafen machte ebenfalls
den Eindruck, den Bedürfnissen des heutigen Luftverkehrs angepasst worden zu sein.
Meckenbach, der sich hier auskannte, eilte mit seinem handlichen Reisekoffer voraus,
Häberle folgte ihm durch einige Absperrungen, vorbei an Polizeikontrollen. Draußen
auf den Parkplätzen brannte die Nachmittagssonne auf den Asphalt, Fahnen aller europäischen
Staaten flatterten im sanften Sommerwind. Meckenbach winkte ein Taxi herbei und
erklärte dem Fahrer auf Englisch, dass sie zum Hotel ›Slovan‹ wollten.
    »Sie glauben nicht, was sich hier innerhalb
kürzester Zeit getan hat«, erklärte Meckenbach im Auto und schon bald tauchten beidseits
der Straße die Bau- und Supermärkte auf, die dieses Košice offenbar durch nichts
von westlichen Städten mehr unterschied. Bereits im Flugzeug und bei der Zwischenlandung
in Wien hatten sie sich ausgiebig über die rasante wirtschaftliche Entwicklung in
der Slowakei unterhalten. Zwar ging manches nicht so schnell voran wie einstens
in der ehemaligen DDR, doch dafür hatte dieses Land auch keinen Sponsor, der ihm
innerhalb kürzester Zeit blühende Landschaften

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