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Schusslinie

Schusslinie

Titel: Schusslinie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Bomm
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Massen derart mobilisiert wie Fußball. Und wie sehr gerade dieser
Sport ein ›Wir‹-Gefühl zu erzeugen vermag, hat man bereits 1954 in Bern entdeckt.
Damals, neun Jahre nach Kriegsende, war der Titelgewinn für Deutschland auch so
etwas wie der Anstoß fürs Wirtschaftswunder. Man war wieder jemand – man hat gemeinsam
die Ärmel aufgekrempelt und die Städte wieder aufgebaut.«
    Rambusch nickte wieder. »Ein solches Gefühl
brauchen wir dringender denn je«, gab er seinem Besucher Recht, »gerade unsere Jugend
muss lernen, dass nicht berufliches ›Monopoly‹-Spielen als ›Global Player‹ die Zukunft
sichert, sondern allein das produktive Engagement von uns allen.« Er machte eine
kurze Pause und grinste: »Haben Sie die bereits legendäre Schlagzeile der ›Bild‹
-Zeitung noch in Erinnerung, als Ratzinger Papst wurde? Darin spiegelt sich wider,
was die Nation braucht. ›Wir sind Papst‹ stand da seitenfüllend. Und vielleicht
können wir bald ergänzen: ›Wir sind Papst und Weltmeister.‹
    Liebenstein spürte, dass sie beide auf der
gleichen Wellenlinie lagen. »Und deshalb müssen wir mit Nachdruck am Ball bleiben
– im wahrsten Sinne des Wortes.« Er wollte jetzt zur Sache kommen und sich von Rambusch
die aktuelle Finanzlage erläutern lassen. In diesem Augenblick meldete sich sein
Handy. Er holte es aus der Innentasche seines Jacketts und drückte die grüne Taste.
Es war Gangolf mit schlechten Nachrichten. Liebenstein bestätigte mit einem sachlichen
»Okay«, verwies auf sein Gespräch, das er noch immer mit Herrn Rambusch führe und
versprach, zurückzurufen.
    »Also, kommen wir zur Sache«, bat er anschließend
und Rambusch griff zu seiner Akte.
     
    Ute Siller hatte die Nase endgültig voll. Was ihr das ›junge Ding‹
in der kartonierten Unterschriftenmappe vorgelegt hatte, war eine einzige Katastrophe.
In den ausgedruckten Briefen gab es jede Menge Rechtschreibfehler – unter anderem
hatte die Sekretärin konstant ein ›dass‹, wo es notwendig gewesen wäre, nur mit
einem ›s‹ geschrieben. Kein Wunder, das Flittchen war schließlich Ausländerin. Die
Finanz-Chefin der Firma Nullenbruch umkreiste jeden Fehler mit dem Kugelschreiber,
geriet dabei schließlich derart in Rage, dass sie die zwei Dutzend Blätter mit dem
Firmenkopf allesamt aus der Mappe schüttelte, die Papiere zu einem einzigen Ballen
zerknüllte, aufsprang und wie von einer Rakete getrieben – die Unterschriftenmappe in der Linken und
die unbrauchbar gewordenen Briefe in der Rechten – zur Vorzimmertür stürmte, sie
aufriss und gleichzeitig zu toben begann: »Bist du wirklich so dämlich oder stellst
du dich nur so an?«
    Das Mädchen hatte sich schlagartig umgedreht
und wurde kreidebleich. Es wollte etwas sagen, doch blieben ihm die Worte in der
trocken gewordenen Kehle stecken.
    »Aufstehn, wenn ich mit dir rede«, brüllte
Frau Siller. Anna erhob sich mit weichen Knien, unfähig, etwas zu sagen, während
die Chefin Unterschriftenmappe und Papierknäuel im hohen Bogen vor den Schreibtisch
warf. Dabei kam sie bedrohlich nahe an die Sekretärin heran und blickte ihr energisch
in die Augen: »Es gibt wohl nur eines, wozu du nicht zu dumm bist«, zischte sie
deutlich leiser, aber umso gefährlicher. »Doch das will ich gar nicht in den Mund
nehmen«, fügte sie abwertend hinzu. »Du schreibst diese Briefe alle nochmal – und
wenn du keinen Schimmer von der Rechtschreibung hast, dann informier dich im Duden.«
Anna kämpfte jetzt mit den Tränen.
    »Heul nicht rum«, brüllte Ute Siller jetzt
wieder und deutete auf den mit Akten kreuz und quer beladenen Schreibtisch: »Sieht
so ein ordentlicher Arbeitsplatz aus?«
    Das Mädchen atmete schnell, Tränen rannen über
das Gesicht.
    Mit einer kräftigen Armbewegung wischte die
tobsüchtig gewordene Frau die Schreibtischplatte leer. Aktenordner stürzten zu Boden,
eine leer getrunkene Kaffeetasse zerbrach, die Computermaus blieb am Kabel baumelnd
an der Tischkante hängen. Zwei Handys, ein knallrotes und ein schwarzes, schmetterten
gegen die Bodenleiste der gegenüberliegenden Wand. Beide Geräte erweckten Sillers
Aufmerksamkeit. »Aha, gleich zwei Handys kann sich die Dame leisten«, stellte sie
fest, »sehr üppig – muss ich schon sagen. Da bleibt natürlich keine Zeit mehr für
ordentliches Arbeiten.«
    Anna wich einen Schritt zurück und hielt sich
an der Lehne ihres Schreibtischstuhles fest.
    Ute Siller hätte am liebsten ausgeholt und
der jungen Frau links und rechts

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