Schusslinie
gemeldet.« Der Anrufer legte eine kurze Pause ein,
als sei es ihm peinlich, diese Details zu verraten. »Nun denk ich, es könnt der
Tote sein.«
Häberle hatte sich Notizen gemacht. »Und unter
welchem Namen hat er reserviert?«
»Beierlein, Stefan Beierlein«, antwortete der
Hotelier prompt, »Beierlein mit ›ei‹ und Stefan mit ›f‹ «, fügte er korrekt hinzu.
»Hat er gesagt, woher?«, hakte Häberle nach.
»Stuttgart. Er hat Stuttgart gesagt, hab ich
mir so notiert.«
»Und sonst? Hat er sonst noch etwas gesagt?«
»Nein, nur dass er eine Nacht bleiben wolle.«
Häberle bedankte sich und beendete das Gespräch.
Er stand auf und ging in den Lehrsaal hinüber, in dem ein halbes Dutzend Kripo-Beamte
die ersten spärlichen Erkenntnisse auswerteten und die Feststellungen der Spurensicherung
diskutierten.
»Es gibt was Neues«, machte sich Häberle bemerkbar,
worauf die Gespräche verstummten und sich die Kollegen ihm zuwandten. Er informierte
sie kurz über den Anruf und bat dann Linkohr zu sich ins Büro. Die beiden Männer
setzten sich an den kleinen, viereckigen Besprechungstisch.
»Das könnten Sie übernehmen«, begann Häberle,
»in Stuttgart rauskriegen, was es mit diesem Stefan Beierlein auf sich hat. Ob es
ihn gibt – und wenn ja, was er macht, ob er einen Bezug hierher hat und ob es vielleicht
im Zentralregister Einträge über ihn gibt.«
Linkohr notierte sich den Namen und verließ
mit einem: »wird gemacht, Chef« den Raum. Häberle bewies wieder einmal, dass er
sich trotz seiner Körperfülle rasch zu erheben vermochte und dem jungen, hoch motiviert
davonrennenden Kollegen in den Lehrsaal hinüber folgen konnte. Der Kommissar war
oftmals unterschätzt worden, wenn es um seine Fitness ging. Mancher Täter hatte
verwundert zur Kenntnis nehmen müssen, welches Energiebündel sich in dem eher behäbig
und gemütlich wirkenden Beamten verbarg. Wehe, wenn es freigesetzt wurde. Dann kam
Häberle seine jahrelange sportliche Betätigung zugute – und auch jetzt noch betätigte
er sich als Judoka-Lehrer beim weithin durch seine Handballer bekannten Göppinger
Verein ›Frisch-Auf‹.
Von einer Gruppe Ermittler ließ sich Häberle
darüber informieren, dass die bislang spärliche Beschreibung des Toten bereits bundesweit
mit allen Vermisstenmeldungen der vergangenen Tage verglichen wurde.
»Nur eine einzige«, gab der schnauzbärtige
Kollege Schmidt zu verstehen und räusperte sich, »nur eine einzige hätte mich stutzig
gemacht – aber das dürfte sich nun wohl erledigt haben. Ein Mann aus Dortmund wird
seit heute Mittag von seiner Frau vermisst.«
Häberle dachte für einen kurzen Moment nach.
»Weiß man etwas über die Umstände? Hat er nur sein Weib verlassen wollen – oder
was vermuten die Kollegen?«
»Steht nichts drin. Weder ein Hinweis auf Suizidgefahr,
noch auf Kriminelles«, antwortete Schmidt, während er in einem Wust von Papieren
blätterte.
»Wie heißt er denn?«, fragte der Chef-Ermittler
eher beiläufig.
Schmidt musste erneut in seinen Notizen fahnden.
»Lanski, Leonhard Lanski – 48 Jahre alt, von Beruf Freier Handelsvertreter für Sportartikel.
Er soll gestern früh mit dem Zug nach Stuttgart gefahren sein und hat sich seither
bei seiner Frau nicht mehr gemeldet. Das sei absolut ungewöhnlich. Und sein Handy
sei abgeschaltet. Er wollte heute Mittag wieder zurück sein – und deshalb ist die
Frau um 14.30 Uhr zur Polizei gegangen.«
»Stuttgart, sagen Sie«, wiederholte Häberle,
»bleiben Sie trotzdem mal dran. Versuchen Sie die Frau ans Telefon zu kriegen. Und
fragen Sie sie, wann sie geheiratet hat.«
Schmidt stutzte, worauf der Chef die Erklärung
gab: »Denken Sie an die Gravur im Ehering.«
Matthias Nullenbruch hatte darauf bestanden, sofort mit Jano und Pit,
dem Amerikaner, sprechen zu können. Zunächst hatte ihm die schlecht deutsch sprechende
Sekretärin der großen Baustoffhandlung in Košice zu verstehen gegeben, dass die
beiden Herren einen vollen Terminkalender hätten und leider keinen Besucher empfangen
konnten. Dann aber hatte sich Nullenbruch lautstark als größter Gesellschafter des
Unternehmens zu erkennen gegeben, war am Empfangstresen im Erdgeschoss vorbeigestürmt
und die geschwungene Treppe hoch geeilt. Ohne den Umweg über ein Vorzimmer zu nehmen
und ohne lange anzuklopfen, riss er in dem dunklen Flur die Tür zu Janos Büro auf.
Der zuckte erschrocken hinter seinem Mahagonischreibtisch zusammen und rang sichtlich
nach Worten, als er
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