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Schusslinie

Schusslinie

Titel: Schusslinie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Bomm
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gefährlich wirkten. Schon vor einer
halben Stunde hatte er sie bemerkt, als sich ihre Blicke zufällig trafen. Jetzt
aber beunruhigte ihn dieser starre Blick. Kromer löste seine Augen von ihm und drehte
den Kopf zum Fenster, um sich auf die Landschaft zu konzentrieren. Der Zug fuhr
schnell und gleichmäßig.
    »Dreh dich jetzt nicht um«, sagte Kromer leise,
»aber von dir aus gesehen rechts hinten sitzt eine Type, die kommt mir komisch vor.«
    Striebel kniff die Augen zusammen. »Schon wieder
einer von der Sorte, was?«, erwiderte er abwertend. Es klang, als wäre er am liebsten
gleich zu ihm rübergegangen, um ihn am Kragen zu packen. Sein Bedarf an seltsamen
Typen war gedeckt. Bis ans Lebensende.
    Sein jüngerer Freund hob ratlos die Schultern.
»Vielleicht trügt mich auch mein Gefühl. Aber es sieht so aus, als würde er uns
beobachten.«
    Ein Bahnhof flog vorbei, daneben nur ein paar
wenige Gebäude. Diese einsamen Stationen, so dachte Kromer, waren wohl für die Besiedlungen
in weitem Umkreis von Bedeutung. Während der Zug jetzt dem Lauf eines Flusses folgte,
kreisten die Gedanken der beiden Deutschen immer und immer wieder um die vergangene
Nacht. Ob sie daheim die Polizei informieren würden, war ihnen noch nicht klar geworden.
Möglicherweise setzten sie sich damit einer zusätzlichen Gefahr aus. Außerdem müssten
sie sich dann offenbaren und Farbe bekennen, welcher Art ihr Interesse an irgendwelchen
Geschäften in Košice war. Sie würden wohl eher abwarten, mit welchen Erkenntnissen
Matthias zurückkam.
    Aus ihren Gedanken wurden sie erst gerissen,
als ein zusammengeknülltes Stück Papier zwischen ihren Köpfen gegen die Scheibe
prallte und auf den Boden fiel. Die beiden Männer zuckten zusammen, drehten sich
blitzartig um, doch nirgendwo in ihrer Nähe deutete etwas auf die Herkunft dieses
Papierknäuels hin. Während Kromer sich empört erhob und prüfend in beiden Richtungen
des Mittelgangs sah, bückte sich Striebel nach dem hergeworfenen Papier und faltete
es auseinander. Er strich es auf seinen Schenkeln glatt. »Schau dir das an …«, staunte er und holte tief Luft. Sein Blutdruck
musste einen neuen Höchststand erreicht haben.
     
    Klaus Riegert, der Bundestagsabgeordnete der Konservativen, blickte
durch sein Bürofenster schräg hinüber zu den Kränen, um die herum das Shoppingcenter
des Lehrter Bahnhofs in die noch immer trist graue Höhe wuchs. Den Anrufer kannte
er noch von seinen Jugendzeiten. Heini Heimerle war damals ein angesehener Sportfunktionär
gewesen, den zwischen Ulm und Stuttgart jeder Fußballer kannte. Jetzt hatte er sich
zwar aus dem aktiven Vereinsgeschäft zurückgezogen, doch sagte man ihm nach, dass
er im Hintergrund noch immer die Fäden zog und auch Kontakte zu den ›hohen Herrn‹
des Württembergischen Fußballverbandes pflegte – wenn nicht sogar noch höher. Telefoniert
hatten sie aber noch nie miteinander, zumal Heimerle auch eher dem roten Lager zuzurechnen
war.
    »Entschuldigen Sie, wenn ich Sie einfach so
anrufe«, begann der Sportfunktionär, nachdem er sich vorgestellt hatte. »Ich weiß
nicht, wie ich es Ihnen sagen soll. Es geht um eine Sache, die Sie als Sportpolitiker
wissen sollten …« Heimerle suchte
offenbar die passenden Worte.
    »Dafür bin ich da«, entgegnete Riegert, um
überhaupt etwas zu sagen.
    »Wir können darüber nicht am Telefon reden … die Sache ist wirklich heiß und geheim«,
fuhr der Anrufer fort und war bemüht, keinerlei Emotionen erkennen zu lassen.
    Riegert sagte nichts, sondern wartete gespannt
auf das, was nun kommen würde.
    »Um es kurz zu machen«, Heimerle hatte beschlossen,
nicht mehr lange um das Thema herumzureden, »es geht um Mord.«
    Riegerts Blick blieb wie gebannt an den Kränen
hängen. Er war für einen Moment nicht in der Lage, etwas zu entgegnen. Er schluckte.
    »Um Mord«, wiederholte der Anrufer, »und um
Sport. Ich, das heißt, mein Freund Funke und ich, haben etwas erfahren, das bereits
ein Menschenleben gekostet hat.«
    Der Abgeordnete versuchte jetzt, auf jede Nuance
der Betonung zu achten. Funke, ja, den Namen kannte er im Zusammenhang mit dem Sport
auch. Ein jüngerer Mann, der sich wohl beim Sportclub Geislingen engagierte. Plötzlich
war Riegert nicht mehr nur Politiker, sondern auch der Kommissar. Er schrieb sich
den Namen auf. »Mord, sagen Sie? Und was genau ist passiert?«
    Heimerle atmete schwer. »Das kann ich Ihnen
am Telefon nicht sagen. Ist besser für uns beide. Ich weiß ja nicht mal,

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