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Schusslinie

Schusslinie

Titel: Schusslinie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Bomm
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sollen, aber weil ich auf der Fahrt
nach München bin, von einem Kongress in Frankfurt …« Er lächelte. »… naja, da dachte ich, ich schau mal schnell
vorbei.«
    »Es geht um einen Auftrag?«, hakte die Empfangsdame
noch ein bisschen freundlicher nach. Ihre Kollegin drehte sich zu ihnen um.
    Liebenstein nickte. »Ich möchte auch nicht
allzu lange stören.«
    »Einen Moment bitte«, zeigte sich die Frau
kooperativ, ging einige Schritte weiter, nahm ein Telefon zur Hand und drückte zwei
Tasten. Dann wandte sie sich zur Seite, um mit gedämpfter Stimme zu sprechen. So
sehr sich Liebenstein auch anstrengte, er konnte kein Wort verstehen. Das Gesprochene
wurde von dem sanften Tastenklicken übertönt, das ihre Kollegin am Computer verursachte.
    Liebenstein drehte sich um und staunte insgeheim
über die pompöse Architektur, deren gläserne Schlichtheit von dem Grün einiger hochgewachsener
Zimmerpflanzen kontrastiert wurde. Eine breite, geschwungene Treppe führte in die
obere Etage.
    »Frau Siller lässt bitten. Sie werden abgeholt«,
hörte er eine Stimme hinter sich. Na also, dachte er und bedankte sich.
    Eine halbe Minute später stöckelte eine junge,
blonde Frau die Treppe herab.
    »Herr Ericson?«
    Liebenstein nickte freundlich und schüttelte
dem Mädchen die Hand.
    »Bitte kommen Sie«, wurde er freundlich aufgefordert.
Der slawische Akzent war nicht zu überhören.
    Er wurde in ein Büro geführt, in dem sich auf
einem Schreibtisch Akten stapelten. »Bitte«, sagte das Mädchen, klopfte an eine
der beiden Türen, die in gegenüber liegende Räume führten, und wartete. Augenblicke
später wurde die Tür schwungvoll aufgerissen. Das Mädchen wich beiseite und entfernte
sich an den Schreibtisch.
    »Guten Tag«, sagte Ute Siller kühl.
    Liebenstein war für einen Moment verlegen.
Diese Frau, das spürte er, umgab eine ungewöhnliche Autorität. »Guten Tag. Mein
Name ist Ericson, Elmar Ericson. Entschuldigen Sie die Störung.«
    »Sie ist unerwartet«, gab sie zurück, »unerwartet,
aber hoffentlich sinnvoll. Kommen Sie rein.«
    Sie bot ihm einen Platz auf einem der gepolsterten
Besucherstühle an und ließ sich hinter ihrem Schreibtisch auf ihrem ledernen Bürostuhl
nieder. Alles, was sie tut, wie sie sich bewegt und gestikuliert, hat etwas Energisches
an sich, dachte Liebenstein. Er musste vorsichtig sein.
    »Lassen Sie hören, ich hab wenig Zeit«, forderte
sie ihn auf. Ihre Augen waren genauso kalt wie ihr Auftreten.
    Liebenstein versuchte, ebenso kurz und prägnant
sein Anliegen vorzutragen, das eigentlich ein ganz anderes war, als er vorgaukeln
musste. Er erklärte, dass er der Deutschland-Generalvertreter eines aufstrebenden
japanischen Konzerns sei, der im großen Stil in den Import von Metallteilen aller
Art für die Automobilindustrie einsteigen wolle.
    Ute Siller hörte sich die Schilderungen aufmerksam
an, ließ gelegentlich mit einer erhobenen Augenbraue Zweifel erkennen und verunsicherte
damit den Besucher.
    Liebenstein stellte einen millionenschweren
Auftrag in Aussicht, der umso lukrativer wäre, je günstiger die Lohnkosten seien.
    Die Frau stutzte. »Wie darf ich das verstehen?«
    »So wie ich es sage, gnädige Frau«, entgegnete
Liebenstein und glaubte zu spüren, dass er auf Interesse gestoßen war. »Soweit ich
informiert bin, planen Sie bereits eine neue Produktionsstätte in einem Billiglohnland.
Sie wären sicher in der Lage, gleich von dort aus zu liefern.«
    Ute Siller griff sich nachdenklich ans Kinn.
Diese Pause nutzte Liebenstein zu einem Frontalangriff: »Ist Herr Nullenbruch vielleicht
sogar gerade dort? Ich meine, dann könnte ich vielleicht sogar selbst bei ihm vorbeischauen.«
    Erneut zögerte sie mit einer Antwort. »Wie
kommen Sie denn da drauf?« Es klang distanziert.
    Liebenstein lächelte charmant. »Nun, es war
nur so ein Gedanke. Wenn er längere Zeit weg ist, wie es heißt, dann lag diese Vermutung
nahe.«
    Die Frau kniff die Augen zusammen und wurde
giftig: »Sind Sie gekommen, um das herauszufinden?«
    Wieder lächelte er, doch wirkte es diesmal
verkrampft. »Verzeihen Sie, aber halten Sie mich für einen Industriespion? Nichts
läge mir ferner, als mich in persönliche Dinge Ihres verehrten Herrn Chefs einzumischen.«
Sie sahen sich für einen Moment wie angriffslustige Raubtiere an. »Okay«, entschied
Liebenstein, »war ja nur ein Versuch, Sie als aufstrebendes Unternehmen mit ins
Boot zu nehmen.« Er erhob sich.
    Ute Siller zeigte sich unbeeindruckt. Sie

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