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Schusslinie

Schusslinie

Titel: Schusslinie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Bomm
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blieb
energisch und bestimmend: »Nun seien sie nicht gleich eingeschnappt. Haben Sie erwartet,
dass ich Ihnen gleich um den Hals falle, bloß, weil Sie mit Millionen winken? Ich
kenne Sie doch überhaupt nicht. Wer garantiert mir, dass Sie kein Hochstapler sind?«
    Liebenstein blieb stehen und sah sie mit treuherzigen
Augen an. »Sehe ich so aus?«
    »Wie jemand aussieht, tut überhaupt nichts
zur Sache«, entgegnete sie kühl, als ob sie nicht selbst großen Wert aufs Äußere
legen würde und alle Frauen hasste, die attraktiver waren als sie.
    »Vielleicht …« Er unternahm einen neuen Versuch, sein eigentliches Ziel weiter
zu verfolgen, »… vielleicht sollten wir doch Herrn Nullenbruch hinzuziehen.«
    Sie stand auf, kam von ihrem Schreibtisch hervor
und strich sich ihren knapp knielangen Rock glatt. »Ich sagte Ihnen bereits, Herr
Nullenbruch ist derzeit nicht da.«
    »Und erreichbar?«, Liebenstein schaute ihr
fest in die Augen. Diese Frau, davon war er überzeugt, brauchte ein energisches
Gegenüber. Nur einen solchen Gesprächspartner würde sie akzeptieren.
    Sie überlegte kurz. »Derzeit nicht.«
    »Wie?« Er zeigte sich zunehmend interessierter,
»kein Handy, kein Telefon?«
    Ute Siller wich wieder hinter ihren Schreibtisch
zurück, blieb aber stehen und verschränkte die Arme. Sie atmete tief, presste die
Lippen zusammen, doch dann brach es aus ihr heraus: »Haben Sie jetzt genug geschnüffelt?«,
schrie sie plötzlich, »glauben Sie im Ernst, ich nehm Ihnen die Geschichte mit dem
japanischen Unternehmen ab?«
    Liebensteins Blick wurde finster. Mit dieser
Reaktion hatte er nicht gerechnet. Das kam völlig unerwartet, unberechenbar. Noch
ehe er etwas sagen konnte, schoss Ute Sillers rechter Zeigefinger nach vorne: »Sie
sind ein Schnüffler – und ich fordere Sie hiermit auf, dieses Gebäude sofort zu
verlassen. Augenblicklich. Wenn Sie nicht in einer halben Minute draußen sind, ruf
ich die Polizei.«
    Liebenstein erkannte, dass jeglicher Widerspruch
sinnlos sein würde. Er hatte es auch nicht nötig, sich beschimpfen zu lassen, griff
deshalb zu seinem Aktenkoffer und war mit zwei Schritten an der Tür zum Vorzimmer.
Während er sie öffnete, ging eine wortgewaltige Schimpfkanonade auf ihn nieder,
wie er sie noch vor einigen Minuten von dieser Frau nicht für möglich gehalten hätte.
Ein Stimmungswandel hatte sich vollzogen. Manchmal reichten dazu bereits ein paar
unbedachte Worte des Gesprächspartners.
    Als Liebenstein schon die Tür von außen zuziehen
wollte, nahm das wutentbrannte Geschrei der Frau geradezu hysterische Ausmaße an:
»Und sagen Sie Ihrem Idioten Harald, er braucht keinen Deppen mehr zu schicken.«
    Liebenstein verharrte für den Bruchteil einer
Sekunde. Was hatte sie da gesagt? Doch er entschied sich für die Flucht, zog die
Tür vollends zu, nickte dem völlig entsetzten Vorzimmermädchen mitleidig zu und
verschwand raus auf den Flur.
    Sekunden später wurde die Tür zu Sillers Büro
wieder aufgerissen. »Wieso lässt du jeden Idioten zu mir rein?«, herrschte die Frau
mit gefährlich blitzenden Augen das Mädchen an, das sich hinter dem Aktenstapel
sofort pflichtgemäß erhob und den Blick verlegen senkte. Ihre Knie wurden wieder
weich, wie immer, wenn sie zur Zielscheibe des Zorns der Chefin wurde. Und das geschah
mindestens einmal täglich.
    »Ich hab dich was gefragt«, wetterte Ute Siller.
    »Entschuldigen Sie, aber Sie haben doch selbst
gesagt …«
    »Was hab ich gesagt?« Die Chefin kam drei,
vier Schritte näher. Das war immer jener Moment, bei dem das Mädchen befürchtete,
geohrfeigt zu werden. »Ich hab nur deshalb ›ja‹ gesagt, weil du zu dämlich bist,
ordentlich nachzufragen, welcher Idiot sich hier einschleimen will.« Sie machte
noch zwei Schritte nach vorne, holte mit einer Armbewegung aus und schleuderte sämtliche
Aktenordner und Schnellhefter vom Schreibtisch der jungen Mitarbeiterin. Die Papiere
und Dokumente landeten kreuz und quer auf dem Fußboden, die Tastatur des Computers
war mitsamt der Maus scheppernd zwischen die Aktendeckel gefallen.
    »Ich hab tausendmal gesagt, dass ich diese
Unordnung nicht mehr will. Heute ist erst Feierabend, wenn das hier alles aufgearbeitet
ist.« Die Chefin atmete schnell und hatte einen roten Kopf bekommen. Das Mädchen
stand wie erstarrt und wagte sich nicht zu bewegen. Doch allein dies empfand Ute
Siller als reine Provokation. »Steh nicht so dumm rum.« Erst jetzt wurde ihr bewusst,
dass ihr Schreien in der ganzen

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