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Schuster und das Chaos im Kopf - Kriminalroman

Schuster und das Chaos im Kopf - Kriminalroman

Titel: Schuster und das Chaos im Kopf - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Lieder
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fürchte, wenn ich das tue, überfährt mich ein Sattelzug, ein Dachziegel fällt mir auf den Kopf oder meiner Tochter wird etwas Schlimmes passieren.«
    Er hatte sprachlos zugehört. Machte sie sich über ihn lustig?
    »Und ich gehe niemals unter einer Klappleiter durch.«
    »Warum nicht?«, schaffte er immerhin zu fragen.
    Sie verzog das Gesicht zu einem sehr süßen, schiefen Lächeln.
    »Das bringt Unglück, wusstest du das nicht?«
    »Du bist abergläubisch?«, fragte er verwundert.
    »Das wollte ich damit sagen.«
    Er machte »Hmm« und starrte in den Himmel. Nach einer Weile sagte er leise: »Früher habe ich immer nur blaue Hemden und weiße Mützen getragen. Sie haben mich Schlumpf genannt.«
    Sie lächelte. »Und jetzt sitzt der bestangezogenste Mann neben mir, den ich kenne.«
    Das Kompliment überrumpelte ihn, und er wurde feuerrot.
    Gut, dass es so dunkel war.
    Sollte er noch mehr sagen? »Ich hab grässliche Angst, an einer hinterhältigen Krankheit zu sterben.« Er atmete heftig aus.
    Sie drehte den Kopf und schien zu überlegen.
    Dann lächelte sie wieder. »Du bist ein Hypochonder?«
    Er zog eine Grimasse. »Vielleicht ...«
    Sie lachte leise. »Ein paar Macken haben wir doch alle, oder?«
    »Und ich wasche mir dauernd die Hände.«
    »Bist du enttäuscht, wenn ich jetzt nicht aufspringe und davonstürze?«
    Er konnte den Drang, sie in die Arme zu nehmen, kaum noch unterdrücken. »Nein«, murmelte er stattdessen nur.
    »Gut.« Sie lehnte sich zurück. »Dann bleiben wir hier sitzen und warten, dass die Sonne aufgeht.«
    Eine Katze kam auf ihrem Nachtspaziergang vorbei, strich an ihren Beinen entlang und ließ sich ein bisschen kraulen, bevor sie weiterstreunte.
    Genau diese winzigen Dinge machten ihn beinahe demütig. So ein Leben hatte er sich immer gewünscht. Die halbe Nacht im Garten sitzen, Rotwein trinken, die Sterne beobachten, Herr Meier auf dem Schoß, und die Kinder stehen auch bald auf ...
    Ich bin ein alter gefühlsduseliger Esel.
    Er konnte gerade nicht glauben, dass es eine Welt gab, in der ein Verrückter Frauen erwürgte und auf Bänke setzte.

Tod, Klappe die Vierte
    Zwei Tage darauf wurden die Kollegen von einer Frau angerufen, die bei der morgendlichen Runde mit ihrem Hund um den Achterdiek-See etwas gefunden hatte. Jemanden gefunden hatte.
    Schuster und Grätsch machten sich sofort auf den Weg.
    Stello kam ihnen bereits entgegen.
    »Morgen, Doc.« Schuster stellte sich neben ihn. »Wissen wir schon, wer sie ist?«
    Stello zeigte auf Bliefert, der weiter hinten stand, seine Mütze in der einen Hand.
    »Wie lange ist sie tot, Doc? Kannst du das schon sagen?«
    Stello zog seine Handschuhe aus. »Ich würde sagen seit neun, vielleicht knapp zehn Stunden.«
    Der Achterdiek-See lag vollkommen verlassen da, das Rauschen der Autos auf der A 27, die ganz in der Nähe verlief, konnte man deutlich hören.
    Die Sonne war erst vor einigen Minuten vollkommen aufgegangen und stand orangerot am Himmel. Es brannte fast ein bisschen in den Augen. Es wehte kein Lüftchen. Hier und da zwitscherten ein paar Stare und Amseln um die Wette. Und es roch nach wilden Beeren, moderigem Wasser und leicht nach Abgasen von der nahen Autobahn. Morgendliche Idylle am See ...
    Wäre da nicht die Leiche.
    Sie saß auf einer Bank und blickte in die Ferne. So, als würde sie sich ein bisschen ausruhen, weil sie vielleicht gerade joggen gewesen war.
    Sie saß da, genau wie Carmen Wolfrat und auch Grit Knobloch vor einigen Monaten. Auch sie war nur mit ihrer Unterwäsche bekleidet, einem schwarzen Slip und einem dunkelgrauen Push-up-BH. Und auch sie trug keine Schuhe.
    Bliefert sah so aus, als könne er ein bisschen Zuspruch gebrauchen.
    »Ihr wisst, wer sie ist?« Schuster schenkte ihm ein aufmunterndes Lächeln, das vermutlich etwas schief ausfiel.
    Bliefert nickte. Offenbar kämpfte er mit den Tränen. Jedenfalls sah er ganz und gar nicht gut aus.
    »Sie heißt Hannah Becker. Hat hier in Bremen Musik studiert.«
    Er schüttelte fassungslos den Kopf, seine Mütze noch immer in der Hand. »Gott noch mal, sie könnte meine Tochter sein!«
    Schuster schrieb die Personalien von Hannah Becker in sein Notizbüchlein, das inzwischen völlig abgegriffen und zerfleddert aussah. »Wer hat sie gefunden?«
    Bliefert ruckte seinen Kopf nach rechts. Dort stand eine Frau am Rettungswagen, einen Dackel an der Leine. Ein junger Sanitäter war damit beschäftigt, sie zu beruhigen.
    »Sie geht jeden Morgen mit ihrem Hund Gassi, immer

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