Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schutzengel mit ohne Flügel

Schutzengel mit ohne Flügel

Titel: Schutzengel mit ohne Flügel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arto Paasilinna
Vom Netzwerk:
über die knirschenden Kieswege. Sie sprachen über Aaros antiquarisches Büchercafé. Er äußerte den Wunsch, dass Viivi ihn im Sommer auf seinen Reisen in die Provinz begleiten möge, wo er Nachlässe aufkaufen wolle. Auf die Fahrt nach Schweden konnte er sie nicht einladen, da in den Leichenwagen nur zwei Personen passten, jedenfalls lebend.
    Es war bereits kurz vor Mitternacht, höchste Zeit, schlafen zu gehen. Viivi sagte, falls Aaro Angst habe, nach Hause und zu Fräulein Nuutinen zu gehen, könne er gern auch für ein paar Nächte zu ihr kommen. Auch sie habe ein Sofa, außerdem sei es zur Caloniuksenkatu nicht weit. So schlief denn Aaro zunächst auf Viivis Sofa, aber da es auch nicht bequemer als jenes von Frau Väisänen war, schlich er in den frühen Morgenstunden zu Viivi ins Bett und streckte sich hinter ihrem Rücken aus. Die Schlafende trug das seidene Nachthemd, das er ihr aus dem Nachlass geschenkt hatte.
    Jetzt ist alles gut, dachte Aaro schläfrig und glücklich.
     

15
SULO AUVINEN
ZUM RAPPORT
BEIM ENGEL GABRIEL
     
    Sulo Auvinen flog betrübt zum Himmel nach Kerimäki. Er musste sich beim Engel Gabriel melden, das wusste er, und ihn schauderte davor. Das Wetter empfand er als äußerst widrig, obwohl er über große Flügel und gute Flugkünste verfügte. Ihm stand ein Rapport über vermasselte Schutzaufgaben und womöglich irgendeine Strafe bevor, wer weiß welche – zumindest aber ein Gesichtsverlust, und der wog im Himmel schwerer als auf Erden. Ein Engel kann schließlich keinen Selbstmord begehen.
    Sulo Auvinen war frühmorgens vom Innenhof des Marienkrankenhauses zu seinem Flug gestartet, aber er kam erst gegen Abend am Ziel an. Er hatte ein paar Denkpausen eingelegt, und so hatte sich die Reise in die Länge gezogen. Sulo hatte einfach keine Lust, dem Engel Gabriel höchstpersönlich gegenüberzutreten und sich von Hochwürden abkanzeln zu lassen. Gern hätte er die Reise abgebrochen und wäre zu seiner irdischen Wanderung, zum Leben, zurückgekehrt. Aber Toten bleibt keine Wahl, nicht mal jenen, die zu Engeln befördert worden sind. Sulo war gezwungen, seinen schweren himmlischen Weg fortzusetzen.
    Unsicher landete er vor der Kirche von Kerimäki. In dem seltsamen gelblichen Licht des Sommerabends glühte der größte Balkentempel der Welt in sämtlichen Ockerfarben, genau wie die untergehende Sonne. Überall schwärmten Engel herum, manche saßen, die mächtigen Flügel ausgebreitet, auf dem Dach des Glockenturms, ein paar kauerten auf der steinernen Einfassung des Friedhofs, andere wiederum eilten zwischen Kirche und Vorplatz hin und her und erledigten verschiedene Dinge. Es waren mehr als zweihundert, wie ein flüchtiger Blick ergab, und weitere befanden sich in der Kirche. Sulo Auvinen landete inmitten dieses ganzen Gewimmels und fragte äußerlich ruhig, ob jemand melden könne, dass er zum persönlichen Rapport beim Engel Gabriel erschienen war.
    Als Neuling im Himmel hatte Sulo geglaubt, dass er tatsächlich mit dem Erzengel höchstpersönlich zu tun haben würde, aber das war zum Glück nicht der Fall. Stattdessen führte man ihn ins Innere des Gebäudes und dort auf die stattliche Orgelempore, wo ihn ein jung aussehender, keck wirkender Engel erwartete, der ein vernarbtes Einschussloch auf der Stirn hatte und ein rotes Muttermal am Hals, unmittelbar am Flügelansatz. Sulo Auvinen meldete sich zum Rapport, und sein Gegenüber stellte sich vor:
    »Gabriel. Willkommen Sulo. Dein Flug verlief hoffentlich gut.«
    Rasch stellte sich heraus, dass es im Himmel mindestens Tausend Engel mit dem Namen Gabriel gab, und dieser war einer von ihnen. Er erzählte, dass er für Sulo Auvinen schon zu dessen Lebzeiten zuständig gewesen sei und diese Aufgabe im Himmel fortführen würde. Er habe bereits als Sulos Schutzengel sein Bestes getan. Der unwiderlegbare Beweis dafür sei, dass Sulo ein relativ tadelloses und langes Leben geführt habe und jetzt in die Schar der Engel aufgenommen worden sei.
    Erleichtert erzählte Sulo Auvinen, dass er ganz unerwartet mitten aus seiner Arbeit heraus nach Kerimäki beordert worden sei.
    »Tja …, die Dinge sind nicht ganz so gelaufen, wie ich erwartet hatte.«
    »Das tut mir sehr leid, dabei habe ich mein Bestes getan.«
    »So ist es eben …, wer von uns wäre schon vollkommen«, murmelte der Engel Gabriel. »Aber kommen wir zur Sache. Du hast ziemlich talentiert gepfuscht.«
    Auf der Orgelempore erschien ein junger Kanzleiengel, der vortrug, was Sulo

Weitere Kostenlose Bücher