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Schutzengel mit ohne Flügel

Schutzengel mit ohne Flügel

Titel: Schutzengel mit ohne Flügel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arto Paasilinna
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seien die Radkappen an den Leichenwagen neuerdings schwarz und nicht mehr aus hell glänzendem Aluminium. Die Fahnenstange auf dem linken Kotflügel lasse sich über einen Schalter am Armaturenbrett einholen und könne so auch, das war das Beste, automatisch auf Halbmast gesetzt werden. Besonders bei strengem Frost habe sich diese kleine, aber feine Erfindung großartig bewährt. Dieselbe Technik werde bei Staatslimousinen angewendet, nur dass es dort die Halbmastbeflaggung nicht standardmäßig gebe.
    Was die technischen Eigenschaften anging, so berichtete der Produktionschef stolz, dass es sich um das neueste V-70-Modell handle, dessen Federung stabil, aber wiederum so beschaffen sei, dass das Modell auch als Krankenwagen eingesetzt werden könne – bei einem Patienten mit schwerer Gehirnerschütterung zum Beispiel sei es wichtig, dass der Wagen nicht nur schnell, sondern auch gleichmäßig und erschütterungsfrei fahre. Aaro Korhonen verstand dies sofort.
    »Natürlich sind solche Speziallösungen nicht billig, aber ich kann garantieren, dass dieses Fahrzeug bei der Nutzung als Leichenwagen unbedingt zuverlässig ist und in seinem dunklen Erscheinungsbild wirklich stilvoll wirkt.«
    Produktionschef Westermarck erwähnte noch, dass es beim Automatikgetriebe des Wagens eine spezielle Kriechstufe gebe, die im Hinblick auf Trauerfeiern entwickelt worden sei, der Fahrer brauche sich also nicht um die langsame Fahrgeschwindigkeit zu kümmern, dafür hatten die Ingenieure von Volvo fachmännisch gesorgt.
    Oskari Mättö ergriff kurz das Wort, er sprach gut Schwedisch, denn seine aus Salla gebürtige Mutter war einst als Kriegskind in Skåne gewesen und hatte die dort erlernte Sprache des lieben Nachbarlandes auch ihren Kindern beigebracht.
    Augenzwinkernd erklärte Oskari, dass das Bestattungsinstitut Lindell zu den Branchenführern in Nordeuropa gehöre und dass der Preis kein Hindernis beim Kauf darstelle, sofern denn das Fahrzeug den hohen finnischen Anforderungen entspreche. Er erzählte, dass er mit Leichenwagen verschiedenen Typs etwa siebenhundert Tote zu Grabe gefahren habe, und er glaube mit Fug und Recht sagen zu können, dass es trotz der allgemein niedrigen Dienstgeschwindigkeit des Fahrzeugs außerordentlich auf die Beschleunigung und vor allem auf die Leistung der Bremsen ankomme, beide mussten Spitzenklasse sein. Ebenso sei die Schallisolierung des Motors von enormer Wichtigkeit. Ein dieselbetriebenes Fahrzeug komme also in heutiger Zeit nicht mehr infrage, denn es erfülle nicht die Ansprüche der trauernden Angehörigen, auch werde die Friedhofsruhe aufs Empfindlichste gestört. Ein Begräbnislaster, der über die Kieswege rattere und an einen Dampfhammer erinnere, entspreche nicht den Erfordernissen einer Andacht.
    »Wenn der Wagen Ihrer Fabrik unseren Erwartungen gerecht wird, sind wir bereit, über weitere Lieferungen zu verhandeln, auch werden wir Ihre Fahrzeuge den Rettungsdiensten überall in den nordischen Ländern empfehlen«, versprach Oskari Mättö beflissen und zwinkerte wieder unwillkürlich.
    Nun begaben sie sich nach draußen aufs Vorführgelände, um den nagelneuen Leichenwagen in Augenschein zu nehmen. Es war ein schwarzer, prachtvoller Volvo, am Kühlergrill anstelle des Fabriksymbols ein silbernes Kreuz, das Dach hoch, in den Seitenfenstern dunkelgraues Glas, zwei Hecktüren. Sie zogen die Türen auf, um sich den Innenraum anzusehen. Er war geräumig genug, Oskari Mättö kroch hinein und bat den Produktionschef auszumessen, wie viel Raum über seinem Kopf und seinen Füßen blieb.
    »Diese Maße sind wichtig. Hier hätte zu Versuchszwecken ein leerer Sarg stehen müssen, aber gut, es geht auch ohne, messen wir eben am Lebenden«, sagte Oskari.
    Der Produktionschef zog ihn auf der mit Laufschienen ausgerüsteten Lafette heraus. Als aufmerksamer Experte inspizierte Oskari die Struktur der Schienen und stellte sofort fest, dass die Räder ziemlich klein waren, bei der gewerblichen Nutzung würden sie nicht lange genug halten. Er erklärte, dass heutzutage in Finnland wie auch in den anderen entwickelten Industrieländern übergewichtige Tote zum Friedhof kutschiert wurden, sodass die Räder stabiler sein mussten. Die beiden Profis sahen sich die Rollschienen an und stellten fest, dass Oskari recht hatte. Der Produktionschef versprach, die Rollschienen in der kommenden Nacht austauschen zu lassen.
    Am Morgen war der Wagen fertig, und nachdem Oskari eine Zahlungsverpflichtung

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