Schutzpatron: Kluftingers sechster Fall
Werkstatt, da hat dann sie die Scherereien. Wobei, andererseits, wenn da irgendwas nicht mit rechten Dingen zugeht, wo ich ja gleich daneben wohne, also dann bin ich vielleicht auch irgendwann … und mit dem Buben …«
»Schon klar. Was war denn jetzt nachts?«, unterbrach Hefele die Frau, nachdem sein Chef sich wieder dem Fenster zugewandt hatte und keine Anstalten machte, ihren Redefluss in für die Ermittlungen nützliche Bahnen zu lenken.
»Also, die sind immer erst gekommen, wenn’s schon dunkel war. Das waren ein Kombi und ein Porsche, Neunelfer Targa. Ich sag mal aus den Achtzigern.«
»Woher wissen Sie denn das?«, fragte Hefele überrascht.
»Weil ich’s gesehen hab.«
»Schon, aber ich mein, woher Sie das mit dem Modell wissen. Und dem Baujahr. Als Frau …« Er führte den Satz nicht zu Ende.
»Was soll denn das jetzt heißen? Als Frau … Sie meinen, nur weil ich eine Frau bin, muss ich froh sein, dass ich ein Auto von einem Traktor unterscheiden kann, oder was? Ihr Männer seid doch alle gleich, genau wie der Vater von meinem Kleinen. Immer gescheit dahergeredet, aber als es drauf ankam, war er weg.«
Hefele hob entschuldigend die Hände. »So hab ich das nicht gemeint.«
»So? Nein, sicher haben Sie das nicht. Sie haben nur gemeint, weil ich doch den ganzen Tag meine Nägel lackieren und meine Haare tönen muss, krieg ich von der Welt um mich rum nix mit, hm?«
»Woher wissen Sie’s denn jetzt?«, unterbrach sie Kluftinger.
»Was?«
»Das mit dem Auto.«
Die Frau schien kurz nach Luft zu schnappen, dann sagte sie: »Mein Sohn sammelt Modellautos. Den ganzen Tag schaut er aus dem Fenster und sagt: ›Mami, guck mal, ein Ford sowieso!‹ oder ›Ein Audi diesunddas!‹. Und der kam ja immer wieder, das hab ich mir gemerkt.« Vorsichtig blickte sie zu Hefele, der sich Mühe gab, nicht allzu zufrieden zu nicken. »Und er war schwarz, das hab ich auch ohne meinen Sohn rausgefunden.«
»Warum kam Ihnen das seltsam vor?«
»Na, hören Sie mal, die sind immer gekommen, wenn’s dunkel war. Dann haben sie den Porsche draußen stehen lassen und haben den Kombi, so einen weißen Ducato, reingefahren. Wirklich gesehen hat man nie einen von denen. Und mal ehrlich, so kaputt kann der gar nicht gewesen sein, dass sie den so oft haben richten müssen.«
»War das alles?«, wollte Kluftinger wissen.
»Wie man’s nimmt.«
»Geht’s etwas genauer?«
»Wenn sie drin waren, hat es immer so geblinkt.«
»Geblinkt?«
»Ja, ich weiß auch nicht, wie ich das besser beschreiben soll. Immer so … geblinkt.« Sie hob eine Hand und wischte damit unbestimmt in der Luft herum. »Und manchmal ist auch so ein bläuliches Licht durch die Rollos gedrungen.«
Hefele seufzte. »Von Rollos haben Sie uns noch gar nichts erzählt.«
»Na, wenn sie keine gehabt hätten, hätte ich ja wohl gesehen, was drinnen vor sich geht«, giftete die Frau zurück, und Hefele zog unwillkürlich den Kopf ein. »Jedenfalls war es dann auch immer mal länger dunkel.«
»Bläuliches Licht und Blinken«, murmelte Kluftinger.
»Bitte?«
»Hm, meinen Sie, es könnte drinnen irgendjemand was geschweißt haben?«
Die Frau dachte nach. »Ja, das könnte sein, das würde vom Licht her passen. Und, na ja, immerhin ist es ja auch eine Werkstatt.«
»Sonst noch was?«
»Also, außer dem Licht waren da noch so komische Geräusche.« Sie dachte nach, dann schüttelte sie den Kopf und fuhr fort: »Ab und zu war eine Art Klingeln oder Läuten zu hören, wie von einem … ach, ich weiß auch nicht.« Sie schluckte. »Ich krieg jetzt noch eine Gänsehaut, wenn ich daran denke.« Zur Bestätigung rieb sie sich über die Arme.
Die Beamten konnten sich darauf keinen Reim machen. »Und Sie haben die Leute nie gesehen?«
»Leider nein. Einen Abend sind mehrere rausgekommen und haben einen gestützt, der hat irgendwie gehinkt. Aber das war das einzige Mal. Und einmal stand dann irgendwas auf dem Lieferwagen, aber das hab ich nicht erkennen können.«
Hefele setzte sich auf. »Was meinen Sie mit einmal?«
»Na ja, ich glaube, das stand vorher nicht drauf. Aber ich bin mir nicht sicher, ich meine, ich hab ja keine Observierung durchgeführt …«
Kluftinger erhob sich langsam aus seinem Stuhl, den Blick strikt auf die Straße geheftet. Gerade näherte sich ein älterer Mann dem Fahrzeug. Der Kommissar hielt den Atem an, als der Mann die heruntergelassenen Scheiben sah, sich hinunterbeugte, umblickte – und schließlich den Kopf schüttelte
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