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Schwaben-Gier

Schwaben-Gier

Titel: Schwaben-Gier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Wanninger
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miteinander zu tun gehabt.
    »Ich weiß nicht, ob du mir helfen kannst«, sagte Braig, »es geht um eine ermordete Teigwarenproduzentin. Marianne Kindler, vielleicht hast du davon gehört. Ihrer Familie gehört eine kleine Fabrik mit drei Angestellten. Die wirtschaftliche Situation der Firma sieht nach Aussagen ihres Mannes und der Beschäftigten nicht gerade rosig aus. Sie konnten wohl nur wegen des außergewöhnlichen Verkaufstalents der Ermordeten überleben. Aufgrund ihrer starken Verletzungen schließen wir auf eine Beziehungstat. Wir haben aber noch keinen konkreten Beweis dafür und ermitteln deshalb in alle Richtungen. Solche kleinen Nudelfabriken gibt es hier bei uns recht zahlreich, wenn ich richtig informiert bin. Entsprechend hart wird die Konkurrenz sein. Liegen euch irgendwelche Informationen über außergewöhnliche Vorgänge in diesem Bereich vor? Ich meine, besonders aggressive Verhaltensweisen, Drohungen oder so?«
    Herb zögerte mit seiner Antwort, ließ zuerst nur ein langgezogenes »hmm« hören. Erst nach ein paar Sekunden formulierte er eine Gegenfrage. »Du stellst dir vor, ein anderer Teigwarenhersteller hätte die Frau auf dem Gewissen?«
    »Keine Ahnung. Sind euch solche aggressiven Methoden in diesem Umfeld, aus wirtschaftlichen Gründen, meine ich, bekannt?«
    Herb räusperte sich, kämpfte mit seiner Antwort. »Also, bekannt ist uns alles. Es gibt keine noch so abartige Methode, Konkurrenten auszuschalten, die nicht praktiziert wird. Sei es das Ausspionieren neuer Technologien oder der Versuch, Einsicht in die Preisforderungen und Kundenlisten anderer Betriebe zu nehmen. Damit sind wir jeden Tag konfrontiert. Bauunternehmen, Maschinenhersteller, Elektronikbranche …« Er wartete ein paar Sekunden, fügte dann ein skeptisches »Was die Teigwarenproduktion betrifft allerdings« hinzu.
    »Ja?«
    »Wie groß ist dieses Unternehmen?«
    »Drei Angestellte«, sagte Braig.
    »Die beherrschen wohl nicht gerade den gesamten Nudelmarkt.«
    »Das glaube ich nicht, nein.«
    »Mir liegen keine Informationen über außergewöhnliches Geschäftsgebaren in dieser Branche vor«, erklärte Herb. »Ich werde mich aber umhören, dir zuliebe«, fügte er dann hinzu, Braigs unausgesprochenen Wunsch erahnend, »und wenn sich etwas ergib … Deine Nummer liegt vor mir auf dem Schreibtisch, okay?«
    Braig bedankte sich für das Angebot, beendete das Gespräch. Sollte es wirklich einen außergewöhnlich aggressiv agierenden Nudelhersteller geben, würde Herb wohl davon erfahren. Der Informationsfluss im Bereich der gewerblichen Wirtschaft war aufgrund der großen Konkurrenz relativ gut, wusste er aus Erfahrung, offizielle Informanten und verdeckt arbeitende Ermittler ergänzten sich in ihrer Arbeit.
    Er griff zu den beiden Terminkalendern, konzentrierte sich auf die handschriftlichen Einträge, studierte Seite für Seite, ließ sich dafür weit mehr Zeit als in der hektischen Atmosphäre heute Morgen in Oettingen. Marianne Kindler war ohne Zweifel eine sehr fleißige Frau, die sich alles abverlangt hatte, die Produkte ihrer Firma an den Mann bzw. die Frau zu bringen – die Mehrzahl der Werktage der Kalender legten davon ausgiebig Zeugnis ab. Ihre Besuche erstreckten sich fast über den gesamten Südwesten. Braig fand Adressen von Gaststätten in Konstanz, Radolfzell und Friedrichshafen im Süden bis nach Crailsheim, Bad Mergentheim, Künzelsau, Heidelberg und Mannheim im Norden. Der Schwerpunkt ihrer Visiten lag in einem Umkreis von etwa fünfzig Kilometern um Stuttgart, was angesichts ihres Heimatortes Oettingen nicht verwunderte, war sie hier doch am schnellsten an Ort und Stelle. Braigs Versuch, eine jederzeit gültige Systematik für die Abfolge ihrer Besuche zu erstellen, blieb erfolglos; so sehr er sich bemühte, gelang es ihm nicht, eine Regel zu ermitteln, derzufolge sich ihre Visiten aneinander reihen ließen. Er notierte sich ihre Besuche auf großformatige Blätter, legte sie nebeneinander, stieß jedesmal aufs Neue auf Abweichungen, die nicht vorherzusehen waren. Wahrscheinlich hatte sie die Termine kurzfristig festgelegt und sich vorher telefonisch angekündigt, um ihre Produkte in einer ruhigen Atmosphäre vorstellen zu können. Er musste sich einen Ausdruck ihrer Telefonate vom Vortag besorgen, vielleicht kam er so zum Ziel.
    Braig schob die Terminkalender zur Seite, legte eine der in Marianne Kindlers Büro aufgefundenen Disketten in den Rechner, überflog den Inhalt, versuchte festzustellen, ob

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