Schwaben-Gier
fertig. Tut mir Leid, aber heute bringen mich keine zehn Pferde mehr ins Amt.«
Er informierte sie über die mühsame Durchsicht der Terminkalender und den Verlauf der Pressekonferenz, gab seiner Hoffnung Ausdruck, dass die Berichte der Medien bald Rückmeldungen der von Marianne Kindler am Montag besuchten Lokale bringen würden.
»Ich habe darüber nachgedacht«, sagte Neundorf, »warum der Täter sein Opfer gerade in Heilbronn ablegte. Wir zerbrechen uns den Kopf, was er damit bezweckte. Vielleicht ist alles viel einfacher.«
»Was meinst du?«
»Wie weit und wie lange würdest du denn in der Gegend umherfahren, wenn du eine Leiche loswerden wolltest?«
Braig verstand, worauf sie hinaus wollte. »Möglichst schnell weg mit ihr«, antwortete er, »wer weiß, was dazwischen kommt.«
»Genau«, sagte sie, »möglichst schnell weg mit ihr.«
»Du glaubst, ihr Mörder wohnt in Heilbronn?«
»Ich weiß es nicht. Aber je weiter er mit der Leiche in seinem Wagen fährt, desto größer ist die Gefahr, mit ihr erwischt zu werden.«
»Dann sollten wir uns auf Heilbronn oder zumindest die nähere Umgebung konzentrieren.«
»Es ist nur eine Theorie.«
»Aber sie klingt überzeugend. Vielleicht sollte ich einfach ein paar Lokale in Heilbronn anrufen und sie nach Marianne Kindler fragen.«
»Wenn du es dir zumuten willst.«
Braig beendete das Gespräch, schaltete den Computer ein, holte sich eine Übersicht über Gaststätten in Heilbronn auf den Bildschirm. Die Auswahl schien unendlich groß, reichte vom Alpengarten bis zum Zungenlupfer. Er gab die Nummer des Alpengarten ein, ließ es achtmal läuten, legte auf. Bei den nächsten drei Adressen hatte er mehr Erfolg, die Gespräche wurden angenommen, seine Frage nach Marianne Kindler allerdings abschlägig beschieden.
»Wer soll das sein? Eine Frau, die Nudeln verkaufen will? Unsere Nudeln machen wir selbst.«
Nach seinem vierten Versuch legte er entnervt auf, lief zum Wasserhahn, trank ein Glas Wasser, erfrischte sich. Das Pochen hinter seinen Schläfen hatte erneut begonnen, er fühlte sich müde und abgespannt. Als er zum Schreibtisch zurück lief, sah er das Blatt mit den Adressen der beiden angeblichen Fitness-Jogger, die er am frühen Morgen in Heilbronn befragt hatte. Er wusste nicht, ob die Kollegen schon etwas heraus gefunden hatten, ließ sich mit dem Heilbronner Polizeirevier verbinden. Nach mehreren Versuchen landete er bei einem Polizeiobermeister Völlinger, der ihm überraschend eröffnete, beide Männer persönlich zu kennen.
»Wir spielen in derselben Mannschaft. Fußball. Seit mehreren Jahren. Norbert ist allerdings letztes Jahr ausgestiegen. Er fühlte sich nicht mehr fit genug.«
»Dann ist es vorstellbar, dass die beiden extra so früh aufstehen, um zu joggen?«
»Na ja«, Völlinger zögerte weiterzusprechen, brachte dann lachend hervor: »Für körperliche Fitness ist eigentlich keiner der beiden bekannt.«
»Mir kam es, offen gesagt, seltsam vor, wieso die so früh unterwegs waren.«
»Sie haben persönlich mit ihnen gesprochen?«
»Allerdings«, sagte Braig, »und dieses Gespräch verstärkte meine Skepsis.«
»Aber beide waren nüchtern.«
»Ist das außergewöhnlich so früh am Morgen?«
»Na ja, die machen öfter mal eine Nacht durch.«
»Das lässt sich beruflich vereinbaren?«
»Sie arbeiten bei einer Spedition. Früh- oder Spätschicht.«
»Keine Vorstrafen?«
Völlinger lachte. »Dacht’ ich mir’s doch! Unsere Berufskrankheit. Nein, wir haben heute Mittag beide überprüft. Keine Vorstrafen.«
»Es kann nicht sein, dass Sie befangen sind? Von wegen gleiche Mannschaft und so.«
Die Stimme des Mannes wurde hart. »Ich spreche mit Ihnen als Polizeibeamter, Herr Hauptkommissar.«
Braig wiegelte ab. »Ist ja schon gut. Mir kamen die beiden nur nicht ganz koscher vor. Nicht, dass ich sie mit dem Mord in Verbindung bringen will, das nicht. Aber sie wirkten aufgeregt, über das normale Maß hinaus. Ich halte was auf meine Erfahrung, verstehen Sie? Dazu der frühe Termin und das Wetter. Wer joggt denn freiwillig um diese Uhrzeit bei solchem Nebel?«
»Wahrscheinlich haben Sie Recht. Ganz freiwillig waren die vielleicht wirklich nicht unterwegs.«
»Wie soll ich das verstehen?«
»Wir haben am Wochenende unser Spiel verloren, obwohl wir haushoher Favorit waren. Wahrscheinlich hat Roland wieder eine Wette in den Sand gesetzt.«
»Können Sie mir das genauer erklären?«
»Die beiden sind bekannt für ihre bekloppten
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