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Schwaben-Gier

Schwaben-Gier

Titel: Schwaben-Gier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Wanninger
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die hatte er immer schon. Mein großer dicker Bär, sagt Marianne immer, seit der Sache damals. Da ist was dran.«
    Braig spürte seine Aufregung, hatte Mühe, sich zu bremsen. »Frau Heller, wo sind Sie jetzt? In (Dettingen?«
    »Nein«, erwiderte die Frau, »ich sagte es Ihnen doch, ich bin gerade fertig mit dem Abbauen. Ich bin in Stuttgart. Der Markt ist vorbei.«
    »Ich muss Ihnen etwas zeigen. Ein Bild. So schnell als möglich. Wo können wir uns treffen?«
    »So schnell als möglich? Ich bin sehr müde. Wissen Sie, wie lange ich heute schon auf den Beinen bin?«
    »Bitte. Es ist wirklich dringend. Wir sind gerade in der Nähe von«, er schaute aus dem Fenster, sah die Hinweistafel, »Schorndorf, fahren direkt nach Stuttgart. Könnten wir uns vielleicht in zwanzig Minuten kurz vor dem Landeskriminalamt in Bad Cannstatt treffen? Bis dahin müssten wir es geschafft haben.«
    Sie seufzte laut, schlug aber einen versöhnlichen Ton an. »Gut. In zwanzig Minuten etwa. Ich werde es versuchen.«
    »Sie wissen, wo das Amt liegt?«
    »Wofür halten Sie mich? Ich bin in Stuttgart geboren.«
    Braig bedankte sich für die Bereitschaft der Frau, sich mit ihm zu treffen, beendete das Gespräch. Er zog den Ausdruck des Phantombildes aus seiner Tasche, spürte seine Aufregung.
    »Es handelt sich um den Sohn der Toten«, sagte Schiek mit ausdrucksloser Stimme.
    Braig schaute überrascht zu ihm hinüber. »Ich fürchte, ja.« Er atmete tief durch, spürte die stechenden Schmerzen hinter seiner Schläfe. »Ein ganzer Tag Arbeit – wozu?« Er hielt das Bild in die Höhe, schüttelte den Kopf. »Der Sohn. Wahrscheinlich ihr Sohn.«
    »Immerhin haben wir es noch rechtzeitig erfahren. Sei froh, dass du es noch nicht an die Presse gegeben hast.«
    »Dafür muss ich jetzt noch dankbar sein.«
    »Ich denke schon. Die hämischen Kommentare haben wir uns erspart.«
    Braig wusste, wie Recht Schiek mit seiner Bemerkung hatte, versuchte, seinen Ärger nicht über sich Herr werden zu lassen. So unerträglich ihm der Gedanke auch erschien, es hätte schlimmer kommen können, in der Tat.

8. Kapitel
    Kurz nach halb fünf saß Braig wieder an seinem Schreibtisch. Das Treffen mit Monika Heller hatte genau das erbracht, was er seit dem Telefongespräch mit der Frau befürchtet hatte. Das von Schiek erstellte Phantombild stellte verblüffend realistisch, wie seine Gesprächspartnerin anerkennend betonte, Manuel Kindler dar. Frustriert schlich er sich in sein Büro, lief zum Waschbecken, klatschte sich kaltes Wasser ins Gesicht. Er blieb ein paar Minuten den Kopf nach vorne gebeugt stehen, ließ die Tropfen von sich abperlen, versuchte, einen klaren Gedanken zu fassen. Die Sache mit dem Begleiter Marianne Kindlers war ebenso wie das bisher ungelöste Phänomen ihrer gelegentlichen auswärtigen Übernachtungen geklärt: Manuel, ihrem behinderten Sohn, zuliebe hatte sie dies getan. Was war dann aber mit dem vermeintlichen Liebhaber? Gab es ihn überhaupt oder entsprang er nur seiner Phantasie?
    Braig versuchte, stichhaltige Hinweise auf dessen Existenz zu finden, kam zu keinem Ergebnis. Das einzige Argument, das für das Vorhandensein einer solchen Person sprach, war die Schwere der Verletzungen, die der Mörder Marianne Kindler zugefügt hatte, aber das konnte jeder andere, von besonderen Ressentiments der Frau gegenüber besessene Mensch genauso gewesen sein.
    Er merkte, dass er im Moment nicht zu analytischen Gedankengängen fähig war, lief zu seinem Schreibtisch, überflog die im Verlauf des Mittags eingegangenen Mails und Papiere. Dr. Keils abschließender Obduktionsbericht brachte nichts grundlegend Neues, bestätigte jedoch das außergewöhnliche Ausmaß der Marianne Kindler angetanen Gewalt, unterstützte zudem die Vermutung der Techniker, die letztendlich tödlichen Quetschungen seien von einem einzigen Fahrzeug verursacht worden.
    Wer war von einem solch irrsinnigen Hass auf die getötete Frau besessen, überlegte er, wenn es keinen verschmähten Liebhaber gab? Doch der Ehemann?
    Er klopfte mit geballter Faust auf den Schreibtisch, schüttelte den Kopf. Nein, Hermann Kindler kam dafür nicht infrage, seine gesamte berufliche Erfahrung sträubte sich gegen diesen Gedanken. Wer dann? Ein anderes Mitglied der Familie oder ein Angestellter der Firma?
    Braig notierte sich den Namen des Sohnes, fügte in die nächste Zeile die Anmerkung der zur Zeit kranke Mitarbeiter der Firma Kindler hinzu. Der Name des Mannes war ihm entfallen. War er

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