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Schwaben-Gier

Schwaben-Gier

Titel: Schwaben-Gier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Wanninger
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zusammenzuleben?«
    Braig hörte ohne Widerrede zu, versuchte im Stillen, sich mit ihren Worten auseinander zu setzen.
    »Und ihr fühlt euch dazu noch in eurer Ehre verletzt«, fuhr sie fort, »ein Mann, dieses wertvolle Wesen, wird nicht einfach so von seiner Partnerin verlassen. Wo kämen wir denn hin, wenn er«, sie betonte das Wort, »das zuließe? Wenn uns Frauen der Partner davon läuft, ist das normal. Dazu wurden wir schließlich geboren und erzogen, um eine Zeit lang unserem Herrn zu dienen und dann, wenn wir ihm nicht mehr knackig genug sind, gegen eine Jüngere, Attraktivere ausgetauscht zu werden. Verlassen zu werden – weshalb sollen wir uns darüber aufregen – es ist schließlich unsere Bestimmung, unser Schicksal. Aber wehe, wir erdreisten uns, selbst die Initiative zu ergreifen! Unser Herr und Meister kann das nicht dulden, es verletzt seine männliche Ehre.«
    Er wusste nicht, was er antworten sollte, gestand ihr insgeheim zu, bestimmte männliche Charaktere korrekt beschrieben zu haben. Ob sie Torsten Rails Beweggründen damit nahe kam, konnte er nicht beurteilen, was immer in dem Kollegen vorgegangen war und ihn letztendlich zu der schrecklichen Tat veranlasst hatte, blieb wohl immer verborgen. Das Läuten des Telefons befreite ihn von der Verpflichtung, sich noch länger auf das Thema einzulassen; ohne lange zu überlegen, griff er nach dem Hörer, legte ihn ans Ohr. Die weibliche Stimme am anderen Ende der Leitung war ihm unbekannt.
    »Dorothee Mauser hier. Ich rufe an wegen Sabine Layer. Haben mich Ihre Kollegen richtig verbunden?«
    »Sabine Layer?«, fragte er überrascht. »Sie kennen sie?«
    »Deshalb rufe ich an.«
    »Dann sind Sie bei mir richtig. Braig ist mein Name. Was wissen Sie von Frau Layer?«
    »Wir sind befreundet. Ich mache mir Sorgen, weil Sabine verschwunden sein soll.«
    Sie hatte eine wohl temperierte angenehme Stimme, war Braig auf Anhieb sympathisch. »Sie haben keine Ahnung, wo sie sich aufhält?«, fragte er.
    »Nein. Ich las in der Zeitung, dass sie vermisst wird.«
    »Sie wohnen in Oettingen?«
    »Nein, in Murrhardt. Sabine und ihre Mutter lebten mehrere Jahre in meiner Nähe, daher kennen wir uns.«
    »Die Mutter von Frau Layer?«, fragte Braig. Deren Adresse war das Erste, was er sich besorgen musste, sobald er die Suche nach der Vermissten aufnahm. »Könnten Sie mir bitte deren Anschrift geben?«
    »Ihre Anschrift?« Dorothee Mauser stockte einen Moment, fuhr dann mit leicht belegter Stimme fort. »Das geht leider nicht.«
    »Weshalb?«
    »Sie ist tot. Seit zwei Monaten.«
    »Oh, das ist mir neu. Was können Sie mir über Frau Layer erzählen?«
    »Sie wird wirklich vermisst?«
    »Soweit ich informiert bin, ja.«
    »Ich mache mir Sorgen, ernsthafte Sorgen.«
    Er glaubte, Angst in der Stimme seiner Gesprächspartnerin zu vernehmen, hakte nach. »Darf ich wissen, weshalb?«
    »Sabine fühlte sich bedroht«, erklärte die Frau.
    Braig wurde vollends hellhörig. »Bedroht? Von wem?«, fragte er.
    Dorothee Mauser ließ einen lauten Seufzer hören. »Ein sehr einflussreicher Mann. Ich glaube, sie ist da jemand in die Quere gekommen. Aber das …« Sie verstummte, wandte sich vom Telefon ab. Braig hörte eine Stimme im Hintergrund, hatte die Frau kurz darauf wieder am Ohr. »Ich mache mir ernsthaft Sorgen um Sabine«, sagte sie, »und ich meine, ich sollte wirklich mit Ihnen darüber reden, was sie mir erzählt hat. Aber hier, am Telefon …«
    Braig reagierte sofort. »Sie sind bereit, sich persönlich mit mir darüber zu unterhalten?«
    »Gerne. Ich muss Sie allerdings bitten, zu mir zu kommen. Ich bin an meine Buchhandlung gebunden. Wenn Sie es einrichten könnten?«
    »Sie haben eine Buchhandlung?«
    »Im Zentrum von Murrhardt. Sie können sie nicht verfehlen.«
    »Ich komme, so schnell es geht. Wenn Sie mir bitte kurz Ihre genaue Anschrift geben.« Er nahm einen Stift, notierte sich den Weg, versprach, noch am Vormittag bei ihr vorbeizuschauen, beendete dann das Gespräch.
    »Ich fahre nach Murrhardt«, sagte er, nachdem er den Telefonhörer aufgelegt hatte, »wärst du bereit, allein nach Oettingen zu gehen? Ich komme, sobald …«
    Neundorf winkte ab. »Kein Problem. Es geht um die vermisste Sabine Layer?«
    »Die Anruferin, eine Freundin von ihr, glaubt, sie wurde bedroht. Irgendein einflussreicher Typ, dem sie in die Quere gekommen sei. Ich muss mich darüber informieren. Dass Frau Layer genau seit dem Zeitpunkt vermisst wird, als Frau Kindler ermordet wurde,

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