Schwaben-Gier
»Immobilienmakler?«
»Ganz genau. Ich vermittle Immobilien, das heißt Häuser, Gebäude und Grundstücke an Interessenten.«
»Regional begrenzt?«
Bosbach nickte. »Das ergibt sich zwangsläufig aus der Lage meiner beiden Büros. Ludwigsburg und Esslingen decken so in etwa den Großraum Stuttgart samt Umland ab. In diesem Bereich findet sich der größte Teil der von mir vermittelten Immobilien.«
»Sie selbst sind nur in Ludwigsburg tätig?«
»Nein. Ich wechsle zwischen beiden Büros. Montag, Mittwoch, Freitag hier, Dienstag und Donnerstag in Esslingen. Es sei denn, es gibt einen besonderen Anlass, dann halte ich mich nicht an diese Regel. Aber ich habe in jedem Büro eine Mitarbeiterin. Beide sind immer besetzt – bis freitags um zwölf.« Er versuchte ein freundliches Lächeln, nippte an seinem Kaffee, betrachtete sein Gegenüber.
»Gibt es einen Schwerpunkt in Ihrer Arbeit?«, fragte Braig. »Ich meine, vermitteln Sie mehr Häuser oder mehr Grundstücke?«
»Das ist verschieden«, beeilte sich der Mann zu erklären, »je nachdem, was gerade anfällt.«
»Und – was fällt gerade an?«, fragte Neundorf.
»Jetzt, in diesen Wochen?«
Sie nickte.
Bosbach wusste offensichtlich nicht, wie er mit der Frage umgehen sollte. Er betrachtete seine Gesprächspartner mit gequälter Miene, legte die Stirn in Falten. »Das lässt sich nicht so einfach sagen. Mal dominiert der eine Bereich, mal der andere. Aber …«, der Mann zögerte, sprach erst nach einer Weile weiter, »na ja, ich wollte sagen, für Polizeibeamte im Dienst sind das außergewöhnliche Fragen. Aber«, fügte er schnell hinzu, »Sie werden wissen, warum Sie sie stellen.«
»Ich hoffe doch«, sagte Neundorf. »Uns geht es, wie mein Kollege Ihnen bereits am Telefon andeutete, um gewisse Gepflogenheiten in Ihrer Branche. Nach unseren Informationen sind auch im Immobilienbereich die goldenen Zeiten vorbei. Die ganz großen Gewinne sind wohl nur noch selten zu erzielen.« Sie sah das zustimmende Nicken ihres Gegenüber. »Es sei denn, man entdeckt eine Marktnische und spezialisiert sich darauf. Dann lassen sich auch heute noch gewaltige Profite erreichen.«
»Sie sprechen von einer konkreten Marktnische?«
»Alteingesessene Betriebe zum Beispiel, die die wirtschaftliche Entwicklung verschlafen haben und sich deshalb immer weiter verschulden müssen. Irgendwann stecken sie so tief in den roten Zahlen, dass sie ihre gesamten Anlagen verkaufen müssen – um jeden Preis. Wer dann im richtigen Moment zugreift, kann die Partie seines Lebens machen – vorausgesetzt, er sorgt dafür, dass anstelle der veralteten Produktionsgebäude moderne Eigentumswohnungen hochgezogen werden. Liegt das Gelände nahe dem Ortszentrum, ist das eine äußerst lukrative Angelegenheit.«
Braig sah, wie der Mann zunehmend unruhiger wurde, auf seinem Stuhl hin- und herrutschte, den Blick zwischen ihm und Neundorf pendeln ließ.
»Ist das verboten?«, fragte Bosbach.
Neundorf schüttelte den Kopf. »Nicht, solange alles mit ordentlichen Methoden zugeht.«
»Sie vermuten, dass das nicht immer der Fall ist?«
»Wir vermuten es nicht nur, wir haben Belege dafür«, sagte die Kommissarin. Sie beobachtete ihr Gegenüber, sah, wie Bosbach seine Stirn in Falten legte und sie misstrauisch beäugte.
»Aber Sie reden nicht von meinem Unternehmen«, erklärte der Makler.
Sie gab keine Antwort, ließ den Mann schmoren. Die Unruhe, die Bosbach ergriff, war nicht zu übersehen. Er wackelte auf seinem Sitz hin und her, schaute vom einen zum anderen seiner Gesprächspartner. »Jetzt sagen Sie doch schon!«, platzte es plötzlich aus ihm heraus.
»Das wissen Sie selbst doch am besten, ob wir von Ihnen sprechen!«, erwiderte Neundorf.
»Nein, das weiß ich nicht«, konterte der Mann wie ein patziges Kind, »ich selbst habe mir jedenfalls nichts vorzuwerfen.«
»Na, das ist doch mal eine erfreuliche Aussage«, meinte sie, nickte ihm freundlich zu.
»Von welchen Belegen sprechen Sie dann?«
»Nehmen wir einmal die Familie Kindler in Oettingen.« Neundorf kam ohne jede Vorwarnung auf den Namen zu sprechen, fixierte Bosbach mit ihrem Blick. Sie sah das Zucken seiner Mundwinkel, wartete auf weitere Reaktionen.
»Und?«, fragte er.
»Sie besitzen ein kleines, etwas altbacken arbeitendes Unternehmen, das sich nur mit Mühe am Leben erhalten lässt. Aber sie kämpfen um ihre Existenz und dank des Verkaufstalents von Frau Kindler sind sie bisher auch immer geradeso über die Runden
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