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Schwaben-Hass

Schwaben-Hass

Titel: Schwaben-Hass Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Wanninger
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ähnlich dem fahrigen, verwirrten Etwas, das völlig verspätet, abgekämpft und mit nervösen Bewegungen vor einigen Minuten im Ammerschlag eingetroffen war und jetzt bei ihr am Tisch saß.
    Michaela König wusste nicht, was sie glauben sollte. »Warum soll der Anschlag dir gegolten haben? Ein Journalist der Berliner tageszeitung wurde getötet, berichteten sie, wenn ich mich richtig erinnere. Er soll für eine bisher nicht bekannte Untersuchung recherchiert haben. Was hat das mit dir zu tun?«
    »Der Fahndungsaufruf. Sie suchen mich.«
    »Na ja, die Frau hat gewisse Merkmale an sich, die du ebenfalls aufweist, aber …«
    »Ich flüchtete nach dem Anschlag in die Bahn, kam total fertig nach Hause. Da saßen sie schon in ihrem BMW. Ich rief ein Taxi, ließ mich herfahren. Sonst wäre ich nicht mehr am Leben.«
    »Verena!« Michaela König schüttelte den Kopf. »Deine Nerven! Du solltest dich mehr schonen.«
    Verena Litsche winkte der Bedienung, die gerade am Nachbartisch Geld kassierte, bestellte noch ein Bier.
    »Und für mich noch einen Trollinger«, ergänzte Michaela König.
    »Du glaubst mir nicht, ja?«
    »Kann es nicht sein, dass du zu viel arbeitest?«
    »Das kann nicht nur sein, das ist so. Ich weiß es selbst.«
    »Also.«
    »Ich arbeite am wichtigsten Projekt, mit dem ich es je zu tun hatte. Wenn ich fertig bin, hoffentlich noch diese Woche, – und noch lebe! – werde ich eine Pause einlegen. Ich weiß selbst, dass ich am Ende bin. Mit meiner Kraft und meinen Nerven. Aber ich habe noch weiß Gott genug Verstand zu beurteilen, was um mich herum geschieht.«
    Die junge Bedienung eilte an den Tisch, tauschte ihre leeren Gläser gegen volle aus. Verena Litsche nickte ihr zu, griff hastig nach dem Bier. Sie leerte es zur Hälfte, wischte sich den Schaum vom Mund.
    »Um was geht es bei deinem Projekt?«
    Michaela König erinnerte sich, wie abwehrend ihre Freundin in den letzten Monaten alle Fragen nach ihren neuen journalistischen Untersuchungen behandelt hatte – ganz im Gegensatz zu früher, wo sie geradezu begierig darauf gewesen war, von ihrer Arbeit ausführlich zu berichten. Sie nahm den Wein, nippte daran. »Oder willst du immer noch nicht darüber reden?«
    Litsche hielt das Glas in ihrer zitternden Hand, starrte zum Nachbartisch. »Ich glaube, es ist besser für dich, wenn du nicht weißt, um was es geht.«
    Sie trank erneut von dem Bier, stellte es zurück auf den Tisch. »Erzähle lieber du, was du jetzt in deinen Semesterferien treibst.«
    Michaela König lachte. »Oh, da gibt es nicht viel. Lesen, Seminararbeiten korrigieren, bei ihrer Erstellung beraten …«
    »Männer?« Verena Litsche versuchte, lustig zu klingen. Ihre fahrigen Bewegungen verrieten deutlich, wie aufgesetzt ihre vermeintliche Fröhlichkeit war.
    »Nein.«
    »Wie alt ist er?«
    »Dreiundzwanzig.«
    »Knackiger Hintern?«
    »Hm, ja. Kommt auf die Position an, aus der du ihn betrachtest.«
    »Er studiert bei dir?«
    »Das gehört zu den Geheimnissen einer Beziehung, die sich nur zwischen zwei Menschen abspielt.«
    »Also ja. Wie heißt er? Boris, Felix, Adrian?«
    Michaela König nahm einen kräftigen Schluck von ihrem Wein, prustete vor Lachen. »Beruhige dich. Thomas genügt. Aber du brauchst nicht länger abzulenken. Um was geht es bei deinem neuen Projekt, das es so gefährlich macht?«
    Die Gruppe junger Leute, die am Nachbartisch Platz genommen hatten, redete mit lauten Stimmen aufeinander ein. Verena Litsche betrachtete sie misstrauisch.
    »Ende nächster Woche bringt es die tageszeitung. Den Anfang«, erklärte sie. »Und dann Samstag für Samstag.«
    »Die tageszeitung ?« Michaela König überlegte. »Der Journalist, der getötet wurde …«
    »Harry Nuhr. Ich traf mich mit ihm in Winnenden, weil er heute sowieso in den Süden kam. Wir wollten genau festmachen, wie viel Zeit ich noch benötige und wie sie es veröffentlichen. Mitten in unserem Gespräch wurde er ermordet.« Sie nahm ihr Glas, trank es vollends aus.
    »Im Radio sprachen sie davon, dass er für eine Untersuchung recherchierte.«
    Verena Litsche nickte. »Er hatte Fotos erhalten. Ein Minister der Landesregierung beim Kauf eines Kindes. Sexueller Missbrauch.«
    »Ein Minister?«
    »Nuhr zeigte sie mir, Minuten bevor es geschah. Die Polizei muss sie gefunden haben. Die Fotos sind nicht die Ursache. Absurd. Hätte der Killer verhindern wollen, dass sie bekannt werden, hätte er sie Nuhr wegnehmen müssen, logisch? Ihn einfach über den Haufen zu fahren,

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