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Schwaben-Hass

Schwaben-Hass

Titel: Schwaben-Hass Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Wanninger
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stammende Zisterzienserabtei Bebenhausen.
    Der ursprünglich romanische Bau hat durch Umgestaltungen in der Gotik die sonst oft beängstigende Schwere frühmittelalterlicher Bauten verloren, zugleich mit feingegliederten Spitzbögen und einem kunstvollen Netzwerk in den Gewölben und den Säulen ungewohnte Anmut gewonnen. Zum besonderen Juwel der Klosteranlage ist der Kreuzgang mit der Brunnenhalle erwachsen, deren unverfälschte Ursprünglichkeit ausstrahlende Atmosphäre vor allem in den Sommerwochen große Scharen auch auswärtiger Besucher anlockt.
     
    Eine der heißbegehrten Wohnungen in den wenigen rund um das Kloster und das königliche Jagdschloss gelegenen Häusern zu ergattern, gehörte zum spannendsten Lotteriespiel Tübinger Professoren und Dozenten. Verena Litsche durfte sich glücklich schätzen, zum Kreis der Auserwählten zu gehören, war es ihr doch vor jetzt schon fast acht Jahren gelungen, sich in eine kleine Zwei-Zimmer-Wohnung in einem ruhigen alten Haus am Ortsrand einzumieten. Der Wald mit seinen von den kalten Monaten noch deutlich gelichteten Laubbäumen begann wenige Meter hinter dem Gebäude.
    Das Taxi hatte Bebenhausen erreicht, bog in die Schönbuchstraße ein. Der Ort lag im Dunkeln, von wenigen Lampen schwach beleuchtet.
    »Dort ist es«, erklärte Verena Litsche.
    Umgeben von Hecken und dichtem Gebüsch tauchte ein kleines Haus auf. Stil und Gestaltung der Fassade wiesen auf die Mitte des vergangenen Jahrhunderts hin. Kleine quadratische Fenster, die Eingangstür durch ein winziges Vordach geschützt, rankender Efeu entlang der Regenabflussrohre.
    Nirgendwo brannte Licht. Im Erdgeschoss waren die Fenster hinter Läden verborgen, im oberen Stockwerk wiesen nur die Vorhänge darauf hin, dass dort jemand wohnte. Außer dem sanften Murmeln eines nahen Wassers lag die Umgebung in völliger Stille. Eine einzelne Straßenlampe, etwa dreißig Meter entfernt, warf einen schwachen Lichtkegel.
    Der Taxifahrer hatte sein Fahrzeug gerade abgebremst, als der Polizeiwagen aus dem Dunkel auftauchte. Erstaunt starrten sie auf das grüne Auto, das direkt auf sie zuhielt und in wenigen Metern Abstand stoppte. Zwei Polizeibeamte sprangen aus dem Fahrzeug.
    »Was ist passiert?«, rief Verena Litsche. Sie riss die Tür des Taxis auf, rannte auf die Straße. »Schon wieder ein Attentat?«
    Die Polizisten schüttelten die Köpfe.
    »Nur ruhig Blut, Frau«, erklärte der eine, ein großer, kräftiger Mann mit mächtigem Bart und auffallend tiefer Stimme, »was machen Sie hier mitten in der Nacht?«
    Er baute sich direkt vor dem Taxi auf, wandte den voll aufgeblendeten Scheinwerfern den Rücken zu.
    »Das ist meine Wohnung«. Verena Litsche deutete auf das einzeln stehende Gebäude in der Nähe.
    »Sie können sich ausweisen?«
    Sie nickte, zog ihren Ausweis aus der Hosentasche. Ihr ganzer Arm zitterte, als sie ihm das Dokument reichte.
    »Litsche, Verena«, sagte der Beamte mit kräftiger Stimme.
    Sein Kollege nickte ihm zu, ließ Michaela König und den Taxifahrer aussteigen. »Papiere, bitte.«
    Er hatte seine Mütze weit ins Gesicht gezogen, war mehr als einen Kopf kleiner als der andere Beamte. Eine intensive Wolke herben Rasierwassers hüllte ihn ein. Michaela König riss den Kopf zurück, als ihr der penetrante Duft in die Nase waberte.
    »Ich habe keinen Ausweis dabei«, erklärte sie.
    »Das sehr schlecht.« Er sprach mit deutlichem Akzent, hatte Schwierigkeiten, sich korrekt auszudrücken.
    »Ich wohne in Tübingen. Sie können es gern überprüfen.«
    »Name?«
    »Michaela König.«
    Er wiederholte ihren Namen laut, warf seinem Kollegen einen Blick zu. »Das wir später nachsehen. Und du?«
    Der Taxifahrer reichte ihm seine Dokumente.
    »Dein Fahrzeug?«
    »Nein. Ich bin Student, fahre Nachtschicht. Für meinen Chef.«
    Der Beamte hatte Schwierigkeiten, die Papiere im dämmrigen Licht zu überprüfen, winkte sie in den Scheinwerferkegel des Taxis zu seinem Kollegen. »Georgio, du kontrollieren.«
    Der bärtige Polizist studierte die Dokumente des Taxifahrers, musterte ihn mit scharfem Blick. »Sie sind Türke?«
    »Kurde«, antwortete der Mann.
    »Seit wann in Deutschland?«
    »Zwei Jahre.«
    »Was studieren Sie?«
    »Medizin.«
    »Sie kennen Ihre Fahrgäste gut?« Der Beamte trat zwei Schritte zurück aus dem Scheinwerferkegel, wies auf die beiden Frauen.
    »Wen? Sie?« Der Taxichauffeur wusste nicht, was er antworten sollte. »Aber nein, ich fahre sie heute zum ersten Mal.«
    Er klang aufgeregt.

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