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Schwaben-Hass

Schwaben-Hass

Titel: Schwaben-Hass Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Wanninger
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jungen Frau nachzuschauen, die durch die Fußgängerzone lief.
    »Obwohl es natürlich auch ein irre gutes Mitbringsel für den Stern wäre. Sozusagen meine zweite Bombe zum Einstand.«
    Nuhr zog ein Couvert aus seiner Aktenmappe, entnahm ihm mehrere Fotos. »Deshalb bin ich heute im Süden. Fotos abholen. Kennst du den Herrn?«
    Verena Litsche betrachtete die Bilder. »Schau an, der Herr Minister. Wo hast du die her?«
    »Ein alter Bekannter. Er spezialisierte sich auf die Vermittlung delikater Fotos und Texte. Sie stammen von einer Frau, die sich mit Menschenhandel und Prostitution beschäftigt. Dabei kam ihr der Kerl zufällig vor die Linse. Sie konnte es selbst kaum glauben, als ihr sein Gesicht unterkam. Aber an seiner Identität gibt es keinen Zweifel. Macht sich gut, oder? Sie fotografierte die Geldscheine, das Mädchen, das in das Fahrzeug wechselte, das Gesicht des Mannes. – Mein erster Beitrag für den Stern«, meinte Nuhr mit süffisantem Lächeln, »der Minister der Landesregierung beim Einkauf von Frischfleisch.«
    Er nahm die Fotos wieder an sich, verstaute sie im Umschlag. »Eine ganz schöne Bombe, zumal hier im Süden«, sagte er, steckte das Couvert wieder in seine Mappe. »Aber zugegeben, völlig bedeutungslos im Vergleich zu deiner Arbeit. Ein kleiner, unbedeutender Sprengsatz, sozusagen. Und die Atombombe lieferst du.«
    Das dunkle Auto kam langsam die Mühltorstraße hoch, näherte sich zügig der Freiluftterrasse des Alten Rathauses und raste dann urplötzlich los. Verena Litsche spähte gerade nervös zu dem jungen Mann an der Brunneneinfassung, sah entsetzt, wie das Fahrzeug auf die Terrasse ausscherte und direkt auf sie zujagte. Sie wollte schreien, ihren Gesprächspartner auf die hinter seinem Rücken drohend auftauchende Gefahr aufmerksam machen, brachte vor Schreck jedoch keinen einzigen Ton zustande. Das Auto räumte das gesamte, vor der Ostseite des Gebäudes aufgestellte Mobiliar des Lokals aus dem Weg. Stühle wirbelten durch die Luft, Tassen, Gläser, Flaschen, Teile von Tischen. Menschen schrieen auf.
    Verena Litsche drückte sich mit den Füßen vom Boden ab, warf sich zurück. Das Geschehen lief wie in einem spannenden Kinofilm auf Großleinwand vor ihr ab. Halb in Trance, wie eine unbeteiligte Zuschauerin verfolgte sie ohnmächtig das Toben des Wahnsinnigen.
    Das Auto hatte ihren Tisch erreicht. Im Fallen nahm sie wahr, dass Nuhr von der dunklen Karosserie erfasst und samt seinem Stuhl in die Höhe katapultiert wurde. Sie hörte das Schreien von Menschen, splitternde Gläser, Tassen und Teller, auf den Boden prasselnde Metall- und Plastikteile. Mitten in all dem Tumult ein laut aufheulender, davonjagender Motor, dann heftiges Quietschen von Bremsen und den erneut aufkreischenden Motor, das Hupen eines davonjagenden Autos. Sie wusste nicht mehr, was um sie herum geschah, fühlte, wie ihr Herz heftig pochte und ihr Atem in kurzen Stößen frische Luft in ihre Lungen jagte. Dann versank sie in einer weichen, warmen Masse.
     
    Panische Stimmen aus allen Richtungen.
    »Der rast durch die Schlossstraße!«
    »Holen Sie doch endlich Hilfe! Ist kein Arzt da?«
    »Sind Sie verletzt?«
    Verena Litsche starrte geradeaus, sah das Gesicht unmittelbar vor sich. Ein fremder, älterer Mann.
    »Sie können mich erkennen?«
    Sie begriff langsam, dass er mit ihr sprach, löste sich aus ihrer Trance. Es dauerte einige Sekunden, bis ihr Körper den Befehlen des Gehirns folgte. Schwerfällig nickte sie.
    Der Mann starrte sie an.
    Sehr viel länger brauchte sie, bis sie wieder auf ihren Beinen stand. Unsicher und zitternd, kaum dazu imstande, das Geschehene zu begreifen.
    Der Boden war übersät mit Trümmern. Hektik und aufgeregte Stimmen auf allen Seiten.
    »Die Kissen haben Ihnen das Leben gerettet«, sagte der Mann.
    Verena Litsche drehte sich um, sah einen Berg aus dicken, weichen Sitzbelägen, die hier auf einem Stuhl übereinander gereiht gelegen hatten.
    »Danken Sie Gott, dass Sie genau hier saßen.«
    Sie starrte den Mann verständnislos an, spürte das Verkrampfen in ihrem Inneren. Langsam begann ihr Körper zu begreifen, was geschehen war.
    »Der Kerl ist verrückt«, rief eine Stimme, »warum hat er das getan?«
    Die gesamte Fußgängerzone voller Menschen – Männer, Frauen, Jugendliche, Kinder, schimpfend, heftig miteinander diskutierend, alle auf das Durcheinander vor dem Alten Rathaus starrend, – drehte sich wie ein Karussell oder Panoptikum vor ihren Augen. Sie hörte

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