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Schwaben-Hass

Schwaben-Hass

Titel: Schwaben-Hass Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Wanninger
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Horizont wölbten sich die Umrisse des Schwäbischen Waldes. In Hessental wechselte sie den Bahnsteig, setzte sich in den weitgehend leeren letzten Wagen des Zuges nach Stuttgart.
    Kurz nach 21 Uhr hatte sie den Hauptbahnhof der Landeshauptstadt wieder erreicht. Sie wusste genau, wie sie vorgehen wollte, hatte sich die Sache auf der Fahrt detailliert überlegt. Zuerst die Stadtbahn nach Heslach, dann die Taubenstaffel zur Hohentwielstraße hoch und anschließend durch die Gärten den steilen Hang hinauf bis zum Haus.
    Als sie am Schreiberplatz ausstieg, spürte sie die Anspannung im ganzen Körper. Schweißausbrüche in den Achseln, unsicherer Gang, ein trockener, vor Angst belegter Hals, Hustenreiz, Naselaufen, rasendes Herzklopfen. Ob sie es wirklich riskieren sollte?
    Ihre Kraftreserven waren völlig verbraucht. Sie versuchte, gegen ihre Zweifel anzukommen, schlich sich durch die hell erleuchtete Böblinger Straße, bog in die Taubenstaffel ab. Ein Trupp angetrunkener, grölender Männer hatte die unteren Stufen in Besitz genommen, schrie sich unglaublich witzige Sprüche zu. Bis Michaela König begriffen hatte, dass sie die Treppe kaum unbehelligt erreichen würde, war sie bereits von schwankenden, nach Alkohol und Schweiß stinkenden Gestalten umringt. Schwaden von Bier und Urin waberten in ihre Nase. Als sie die Hand auf ihrer Schulter spürte, drehte sie sich blitzschnell um, sprang in die hell erleuchtete Böblinger Straße zurück.
    Der Umweg über die Nachbarstraßen machte ihr noch mehr Angst. Überall hell leuchtende Straßenlampen, gleißende Autoscheinwerfer, die sie, wenn auch nur für Augenblicke, weithin sichtbar ins grelle Licht rückten. So schnell sie konnte, eilte sie die steilen Straßen hoch, tauchte auf dem letzten Stück in die Dunkelheit der obersten Stufen der Taubenstaffel ab.
    Endlich hatte sie die Hohentwielstraße erreicht. Verschwitzt und mit jagendem Puls verharrte sie am oberen Ende der Staffel, musterte die Straße in beiden Richtungen. Sie war menschenleer, nichts zu sehen, nichts zu hören. Michaela König wollte sie gerade überqueren, als ein Auto um die Kurve schoss. Erschrocken glitt sie zurück, wartete im Dunkel der Treppe, bis das Fahrzeug außer Sichtweite war. Langsam wagte sie sich wieder vor. Sie lief über die Straße, läutete an mehreren Klingelknöpfen des prächtigen, schlossartigen Hauses. Der Lautsprecher quakte, eine weibliche Stimme fragte nach ihrem Wunsch. Sie faselte irgendwelche Lügen von einem Geschenk für eine Freundin, das sie gerne abgeben würde, hörte das Schimpfen. Die abweisende Antwort ging im Brummen eines Automotors unter. Erschrocken drückte sie sich an das Gitter, senkte den Kopf. Nur jetzt nicht entdeckt werden, nicht hier in dieser wehrlosen Situation.
    Sie hörte, wie das Auto hinter ihr bremste, drückte verzweifelt auf weitere Knöpfe. Die Stimme des Mannes kam keinen Meter von ihr entfernt. Erschrocken schnappte sie nach Luft, schlug mit der flachen Hand auf das komplette Klingelbord.
    »Wir suchen die Rebenreute«, sagte der Mann.
    Ihre Achseln klebten vor Schweiß, Arme und Beine zitterten. Sie gab keine Antwort, hörte endlich die Frage aus dem Lautsprecher. »Bisch du es, Anna?«
    Sie schrie so laut »ja«, dass es sie selbst schmerzte, spürte, wie das Gittertor nachgab, drückte es nach innen, donnerte es zurück ins Schloss. Fluchtartig sprang sie die Treppen zur Haustür hoch, öffnete sie, verbarg sich im Dunkel des Treppenhauses. Ihr Herz hämmerte, der Puls jagte. Sie lehnte sich an die Wand, schnappte nach Luft. Rebenreute, Rebenreute. Erst langsam wurde ihr bewusst, dass die Frage des Mannes einer Straße gegolten hatte.
    Oben im Treppenhaus entstand Unruhe. »Anna, bisch du da?«
    Licht flammte auf, stach ihr schmerzend in die Augen. Erschrocken kniff sie sie zusammen. Sie hörte Schritte, wusste, dass es höchste Zeit war zu verschwinden.
    Michaela König öffnete die Tür, drückte sich leise nach draußen, zog sie hinter sich zu. Sie schwang sich auf die Mauer neben der Treppe, kletterte die Böschung hoch.
    Der Hang war steil, von Büschen, Bäumen, Gestrüpp und Moosplatten übersät. Sie ließ sich auf alle Viere nieder, kraxelte im Schatten der Pflanzen hoch, gewann Abstand zu dem weitläufigen Gebäude, tauchte vollends ins Dunkel. Unten, Richtung Straße hörte sie das Rufen. Anna, woher auch immer sie kommen sollte, war offensichtlich noch nicht eingetroffen.
    Völlig außer Atem kämpfte sie sich durch

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