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Schwaben-Herbst

Schwaben-Herbst

Titel: Schwaben-Herbst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Wanninger
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Ich würde wahnsinnig.«
    Braig roch den würzigen Duft des Kaffees. Natürlich spielte das eine Rolle, und ob! Wie oft hatte er schon mit ansehen müssen, wie ein – von ihnen in wochenlanger mühevoller Arbeit eines Verbrechens überführter – Täter aufgrund seines Vermögens und seiner gehobenen gesellschaftlichen Position seinen Hals Stück für Stück aus der längst zugezogenen Schlinge zu winden vermochte, so lange, bis alle ihre Anschuldigungen als wertlos verworfen wurden. Fast übermenschliche Zurückhaltung wurde ihm in solchen Fällen abverlangt, wenn einer dieser Privilegierten mit Hilfe eines hoch bezahlten, raffiniert die Grenzen der Gesetze auslotenden Anwalts oder gar der skrupellos zum Einsatz gebrachten Beziehungen eines einflussreichen Politikers mit einer milden Strafe gehätschelt oder letztendlich nach mehreren Berufungsinstanzen, die sich kein Normalsterblicher leisten konnte, frei gesprochen wurde. Oft genug wunderte er sich über das Zögern oder gar die Weigerung der zuständigen Staatsanwälte, gegen Subjekte dieser besonders auserwählten Stände zu ermitteln, kritisierte insgeheim oder auch offen deren allzu schnelle Bereitschaft, die Nachforschungen einzustellen.
    Wie willkürlich das Vorgehen der obersten Ermittlungsbehörden in bestimmten Fällen ausfiel, hatte er sich am Anfang seiner beruflichen Tätigkeit nicht einmal in Ansätzen ausgemalt. Zu blauäugig war sein von jugendlicher Begeisterung geprägter Tatendrang gewesen, fern jeder erst später erfahrenen Frustration. Hier die etablierten Vertreter der Konzerne und die ihre Interessen verwaltende Polit- und Anwaltskaste, dort das einfache Volk – er hatte Jahre gebraucht, dieses Verständnis von Gerechtigkeit zu lernen, wollte sich heute noch nicht einfach damit abfinden. Kam es wieder einmal zu einer von diesem Zwei-Klassen-System geprägten Ermittlungsanordnung, schwankte Braig zwischen grenzenloser, alles zerfressender Wut und dem Wunsch, den Bettel hinzuwerfen und sich nach einer anderen, leichter zu bewältigenden Art des Broterwerbs umzusehen. Wie oft er diesen Punkt schon erreicht hatte, wusste er nicht mehr. Ohne die Hilfe seiner Lebensgefährtin und auch seiner Kollegin – soviel war auf jeden Fall sicher – hätte er sich diesem Entschluss längst nicht mehr verweigert. Ann-Katrin Räuber und Katrin Neundorf hatte er es zu verdanken, seinem Beruf trotz aller Frustrationen und zunehmender Ernüchterung treu geblieben zu sein.
    »Es tut mir wirklich leid, dass ich Ihnen nicht weiterhelfen kann.«
    Braig sah auf, bemerkte Umgelters Bedauern. Er konzentrierte sich wieder auf seine aktuellen Ermittlungen, formulierte seine nächste Frage. »Immer noch keine Erinnerung an das Aussehen des Täters, nicht eine Spur von seinem Gesicht?«
    Der Mann schüttelte den Kopf. »Wirklich nicht, nein.«
    »Ein Hinweis auf sein Alter?«
    »Jung, ich sagte es schon. Aufgrund seiner Bewegungen und seiner Körperhaltung zwischen Zwanzig und Vierzig, ich kann es nicht genauer definieren, es geht nicht.«
    Braig nahm die Tasse an die Lippen, trank langsam Schluck um Schluck, stellte sie dann auf dem niedrigen kleinen Glastisch ab. Sie hatten sich vorhin schon kurz unterhalten, gleich nachdem er die Wohnung Umgelters betreten und ohne zu zögern dem Angebot des Mannes zugestimmt hatte, einen Kaffee zuzubereiten, auch wenn es erst kurz vor Sieben war und die Umgebung draußen noch im trüben Dämmer lag. Sein Gastgeber hatte ihm in stockenden Worten berichtet, was er vor etwas mehr als eineinhalb Stunden keine zweihundert Meter von seiner Wohnung in Ludwigsburg-Ossweil entfernt auf dem Nachhauseweg beobachtet hatte. Was jetzt noch fehlte, war die genauere Erklärung, das detaillierte Beschreiben der für die kriminalpolizeilichen Ermittlungen wichtigen Sachverhalte. »Dass der Kerl so eine Militärjacke trug, bemerkten Sie erst, als Sie ziemlich nahe an ihm dran waren.«
    »Das ist richtig, ja.« Umgelter stellte seine Tasse ebenfalls ab, wischte sich dann die Augen, versuchte auf diese Weise offenbar einen Teil seiner Müdigkeit zu vertreiben. »Als ich die Schreie der Frau von der Neckarweihinger Straße her hörte, sah ich nur den Umriss des Mannes. Erst als ich begriff, dass sie Hilfe benötigte und auf die beiden zu rannte, bekam ich ihn deutlicher ins Blickfeld. Aber leider nur von hinten, ich muss es immer wieder betonen.«
    »Und die Jacke war olivgrün-braun gemustert?«
    »Soweit ich das trotz des Dämmerlichts beurteilen kann,

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