Schwaben-Sumpf
übernehmen?«
»Name und Adresse«, knurrte Felsentretter.
»Raffaela Reizle. Sie. wohnt in Cannstatt in der Endersbacher Straße. Also kein weiter Weg für dich.«
Er notierte sich die Anschrift und die Telefonnummer der jungen Frau. Keinen Kilometer von meiner Wohnung entfernt, wusste er. »Du kümmerst dich um die beiden anderen?«
»Ich bin schon unterwegs«, antwortete Neundorf.
7. Kapitel
Ines Wahl öffnete mit müden Augen die Tür, als Neundorf in der Albert-Schweitzer-Straße in Besigheim ihr intensives Klopfen und Läuten auch nach mehreren Minuten noch nicht aufgegeben hatte.
»Die schläft garantiert noch. Sie müssen lange auf die Klingel drücken. Ihre Eltern sind übers Wochenende weggefahren«, hatte ihr Sebastian Feix wenige Straßen entfernt geraten, »nur nicht nachgeben, die kommt schon zu sich.« Es war spät geworden in der Nacht, hatte er ihr erklärt, sehr spät. Ines und er waren erst am frühen Samstagmorgen mit einem der ersten Züge zurückgefahren, nachdem sie mehrere Discos und Kneipen im Zentrum Stuttgarts aufgesucht hatten. Jessica Heimpold hatte sich schon bald nach dem Kinobesuch von ihnen verabschiedet, gemeinsam mit Raffaela und Felix, von dem er nur den Vornamen wusste, weil er ihn an diesem Abend zum ersten Mal gesehen hatte. »Fragen Sie Ines, die kennt ihn genauer, glaube ich jedenfalls.«
Neundorf betrachtete die junge Frau, die sich mühsam den Schlaf aus den Augen zu reiben suchte, bemerkte ihren Unwillen, sich auf die unverhoffte Besucherin einzulassen.
»Ja? Was ist los?«
»Mein Name ist Neundorf. Ich bin Polizeibeamtin«, stellte sie sich vor.
»Polizei?« Ines Wahl nahm die Hände aus dem Gesicht, musterte ihr Gegenüber. Sie war gut einen halben Kopf größer als die Kommissarin, hatte dunkle glatte Haare und – trotz ihres unausgeschlafenen Zustandes deutlich zu erkennen – ein hübsches leicht gebräuntes Gesicht.
»Es geht um Jessica Heimpold.«
»Wieso?«
»Könnten wir das nicht in der Wohnung besprechen?«
Die junge Frau zeigte keine Bereitschaft, den Wunsch ihrer Besucherin zu erfüllen, verzog nur missmutig die Stirn.
»Ich komme gerade von Sebastian Feix. Vielleicht können Sie mir weiterhelfen.«
»Basti?« Der Name des jungen Mannes schien ihre abwehrende Haltung aufzuweichen. »Was wollen Sie von uns?«
»Wir gehen ins Haus, ja?« Neundorf trat auf die junge Frau zu, schob sich an ihr vorbei ins Innere. »Wo können wir miteinander reden?« Sie wartete, bis Ines Wahl die Tür geschlossen hatte und in einen großen, ordentlich aufgeräumten Raum, offensichtlich das Wohnzimmer, getreten war.
»Sie waren gestern Abend in Stuttgart. Mit Jessica, Ihrer Mitschülerin vom St. Agnes-Gymnasium«, sagte sie, nahm auf dem breiten Sofa Platz, wartete auf eine Antwort.
Die junge Frau hatte sich an die üppig gepolsterte Lehne eines breiten Sessels geschmiegt, musterte ihre Besucherin mit strengem Blick. »Und? Was geht Sie das an?«
Neundorf sah keinen Grund, ihrem Gegenüber den Anlass ihrer Fragen vorzuenthalten. »Jessica Heimpold ist tot. Sie wurde heute Nacht ermordet.«
Langsam, wie in Zeitlupe, schien die junge Frau zu begreifen. »Jessica?«, hauchte sie, »heute Nacht?«
»Kurz nachdem Sie sich getrennt hatten, ja.«
Ines Wahl drückte sich von dem Sessel hoch, richtete sich zu voller Größe auf. »Aber, aber wieso denn, Jessica, sie wollte doch …«
»Ja, was wollte sie?«
Die junge Frau rang um Worte, versuchte, einen sinnvollen Satz zustandezubringen. »Sie, sie wollte doch nur mit Raffaela und deren neuem Freund noch in eine Kneipe.«
»In welche Kneipe?«
»In welche?« Ines Wahl überlegte. »Keine Ahnung. Das müssen Sie sie selbst fragen.« Sie bemerkte ihren Fehler fast augenblicklich, riss ihre Augen weit auf. »Jessica, aber das kann doch nicht sein!«
»Sie waren zusammen im Kino.« Neundorf beobachtete die junge Frau, die die Hände vors Gesicht geschlagen hatte und leise vor sich hin schluchzte. »In welchem Film?«
Die Antwort ließ auf sich warten. »Final Destination 3«, sagte sie dann. »Den können Sie aber vergessen.«
»Und dann?« Neundorf lächelte ihrer Gesprächspartnerin freundlich zu, ließ ihr Zeit.
»Dann schlenderten wir durch die Königstraße«, fuhr Ines Wahl nach einer Weile fort. Sie holte tief Luft, fuhr sich mit dem Ärmel ihres Pyjamas übers Gesicht. »Eigentlich wollten wir noch ins L’Oasis, aber dann trafen Sebastian und ich zwei alte Kumpel, und weil Raffaela schon den ganzen
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