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Schwaben-Sumpf

Schwaben-Sumpf

Titel: Schwaben-Sumpf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Wanninger
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letzten Einkauf, irgendetwas vergessen?
    Die junge Filialleiterin sah sein eifriges Winken, zögerte nicht, die Tür aufzuschließen. Sie waren gut miteinander bekannt, pflegten einen freundlichen Umgang. Kaum ein Besuch, bei dem er sie nicht mit einem Scherz auf den Lippen begrüßte.
    Sie öffnete die Tür, ließ ihn ein, fragte nach der Ursache seines frühen Erscheinens. Er grüßte sie freundlich, wies zu ihrem Büro.
    »Ist etwas mit Sabine?«, fragte sie.
    Der Mann schüttelte den Kopf. »Wir müssen miteinander reden. Es dauert nicht lange, okay?«
    Sie hatte nichts dagegen einzuwenden, solange das Gespräch nicht allzu viel Zeit beanspruchte, drehte sich zur Seite, lief vor ihm her. Die Tür zum Büro stand offen. Sie wies auf die beiden Stühle, bot ihm Platz an. Der Mann nickte dankbar, sah, wie sie sich niederließ, griff zu seiner Tasche.
    »Um was geht es?«, fragte sie, schob das Papier auf ihrem Schreibtisch zur Seite. Die Lieferscheine lagen kreuz und quer aufeinander, warteten auf die genaue Durchsicht. Der Monitor des Computers flimmerte, Listen bestellter Produkte überzogen den Bildschirm. Hinten im Eck gähnte der Schlund des geöffneten Tresors, noch war sie nicht dazu gekommen, das Wechselgeld in die Kassen umzufüllen. Sie drehte sich zu ihrem Besucher, sah, wie er eine Sprudelflasche aus seiner Tasche zog. »Dein Frühstück?«, fragte sie lächelnd.
    Der Mann zog die Hasche vollends aus ihrer Umhüllung, nahm sie in die rechte Hand, holte aus, schlug sie der Frau auf den Kopf. Sie schrie vor Schmerz laut auf, rutschte vom Stuhl, taumelte zur Seite.
    »Bist du verrückt?«, schrie sie.
    Er hob den Arm, um erneut zuzuschlagen, spürte ihre Hand, mit der sie ihn zurückdrängte, ließ die Flasche fallen. Die Frau starrte ihn aus von Ratlosigkeit und Angst gezeichneten Augen an, versuchte, an ihm vorbei aus dem Büro zu flüchten.
    Sie hatte keine Chance, war seiner gut vorbereiteten Aktion nicht gewachsen. Der Mann zog ein großes Brotmesser aus seiner Tasche, rannte hinter ihr her, erwischte sie drei Schritte außerhalb des Büros, stach ohne jedes Überlegen auf sie ein. Er rammte ihr die Klinge in den Leib, von der Seite, dann von hinten, hörte die Bürotür hinter sich ins Schloss fallen – das einzige Versehen dieses Tages. Der Weg zum Safe war versperrt, sein Plan gescheitert. Voller Wut stach er noch elf Mal auf die am Boden liegende Frau ein, elf wuchtige, mit aller Kraft ausgeführte Stiche, verließ dann den Laden, ging nach Hause. Er verschwand im Bad, machte sich frisch, setzte sich zu seiner Frau an den Frühstückstisch.
    Sie sah nur kurz zu ihm auf. »Du warst schon unterwegs?«
    »Ein kleiner Spaziergang«, bestätigte er, griff nach einem Brötchen, belegte es mit Schinken.
    Sie nickte, trank vom aromatisch duftenden Kaffee, streifte mit ihrem Blick die Uhr an der Wand.
    Kurz nach halb neun, ein ganz normaler Morgen in einem Vorort von Stuttgart.
     
    Stephanie Riedinger hatte Mühe, das schreckliche Geschehen aus ihren Gedanken zu vertreiben, dessen Aufklärung sie über Wochen hinweg verantwortet hatte.
    »Sie hat mich erpresst«, hatte er behauptet, als es ihr endlich gelungen war, ihn als Täter ausfindig zu machen. Inhaltsloses, verlogenes Geschwätz, das nur von seiner akribisch vorbereiteten Tat ablenken sollte, wie sich später im Verlauf der Vernehmungen herausstellte. Die junge Frau, die sich von der Aushilfe zur Filialleiterin hochgearbeitet hatte und wenige Wochen später ihren Partner heiraten wollte, war samt ihrem ungeborenen Kind elend verblutet. Was hatte den zu diesem Zeitpunkt völlig unbescholtenen, niemals zuvor negativ aufgefallenen Mann dazu veranlasst, seine Bekannte so bestialisch zu ermorden? Geld, so der abschließende Befund ihrer Ermittlungen, er brauchte Geld, um einen gemeinsamen Urlaub mit seiner Frau zu finanzieren, mittels dessen er seine Eheprobleme zu lösen glaubte.
    War dieser Beruf noch länger zu ertragen? Stephanie Riedinger hatte es fast wie eine Erlösung empfunden, als Michael Felsentretter am Mittag mit hochrotem Kopf in ihr Büro gestürmt war, irgendetwas von einem familiären Notfall geäußert und sie dringend darum gebeten hatte, sich um die Befragung der Anwohner der Straße in Schwäbisch Gmünd zu kümmern, wo der Mörder Robert Heimpolds das Tatfahrzeug gestohlen hatte. »Gegen 21.30 Uhr gestern Abend«, hatte er ihr erklärt, »fremde Personen oder Autos – irgendjemand muss doch etwas gesehen haben!«
    Sie wusste

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