Schwaben-Sumpf
willst nicht einfach dort anrufen und fragen?«
»Mir wäre es lieber, du versuchst, den Namen zu ermitteln.«
»Sofort«, antwortete er, »ich gebe dir Bescheid.«
Sie beendete das Gespräch, gab die Nummer Reinhard Welters ein. Das Pausensignal ertönte dreimal, dann hatte sie eine männliche Stimme am Ohr.
»Welter.«
»Hier Neundorf. Spreche ich mit Herrn Reinhard Welter?«
»Rechtsanwalt Reinhard Welter, ja. Was kann ich für Sie tun?«
Rechtsanwalt, überlegte sie. Er hatte eine angenehme, sonore Stimme, klang freundlich und unbesorgt.
»Es geht um Robert Heimpold.«
»Oh nein«, rief der Mann. »Das darf doch alles nicht wahr sein!« Er stöhnte laut, fügte ein unablässiges: »Oh nein, oh nein, oh nein »hinzu.
»Sie haben sich gestern Abend mit ihm getroffen.« Sie formulierte die Vermutung nicht im fragenden, sondern im feststellenden Ton, wartete auf seine Reaktion.
Die ließ keine Sekunde auf sich warten. »Da konnten wir doch nicht wissen, was dann passiert.«
»Er war also bei Ihnen?«
»Ja. Aber damit hat keiner gerechnet.«
»Sie haben davon gehört?«
»Davon gehört? Sie sind gut. Es gibt kein anderes Thema mehr in Gmünd.« Er schwieg einen Moment, holte tief Luft, setzte dann zu einer Gegenfrage an. »Wer sind Sie? Warum rufen Sie an?«
Sie sah keinen Grund, ihre Identität zu verschleiern. Der Mann hatte bis jetzt offen und ehrlich geantwortet. »Neundorf ist mein Name. Ich ermittle beim Landeskriminalamt.«
Reinhard Welter schien sofort zu verstehen. »Ja, natürlich. Es heißt, er sei absichtlich überfahren worden.«
»So ist es, ja.«
»Oh nein«, stöhnte ihr Gesprächspartner, »das darf nicht wahr sein! Für so gefährlich habe ich die Sache nicht gehalten.«
»Von welcher Sache sprechen Sie?«
»Von welcher Sache? Sie sind gut! Weshalb haben wir uns denn hier getroffen?«
»Können Sie mir …« Neundorf setzte gerade zu ihrer nächsten Frage an, wurde von dem Mann unterbrochen.
»Wenn Heimpold wirklich absichtlich überfahren wurde, was ist dann mit Bohnwald? Ist er ebenfalls in Gefahr?«
»Bohnwald? Von wem sprechen Sie?«
»Martin Bohnwald. Er hat sich bei mir mit Heimpold getroffen. Mein Gott, wo führt das noch alles hin?«
»Wir müssen miteinander reden«, sagte sie, »sobald wie möglich. Wo kann ich Sie treffen?«
»Hier bei mir zu Hause. Ich habe heute keinen Termin mehr. Wenn Ihnen das zusagt?« Er nannte ihr seine Adresse, beschrieb ihr den Weg, auf dem sie am schnellsten zu ihm finden würde. »Ich werde Bohnwald warnen«, fügte er dann hinzu. »Ich fürchte, die Sache ist gefährlicher als ich dachte. Wenn Heimpolds Tod wirklich geplant war, schwebt Bohnwald ebenfalls in Gefahr.«
Neundorf spürte ihre wachsende Nervosität, warf den Telefonhörer auf die Gabel, griff nach ihrem Schlüsselbund. Gerade, als sie aus dem Büro spurtete, läutete ihr Telefon erneut. Sie achtete nicht darauf, eilte zum Fahrstuhl. Was sie jetzt interessierte, lag siebzig, achtzig Kilometer entfernt. War das der Weg zu den Mördern Jessica und Robert Heimpolds?
20. Kapitel
Der Anruf war genau in dem Moment erfolgt, als er sich auf den Weg nach Schwäbisch Gmünd machen wollte. Margit, seine Frau, hatte das Gespräch mit den üblichen Vorwürfen eröffnet.
»Ich weiß, dass es dich nicht interessiert, wie es mir geht. Ob ich krank bin, im Laden schikaniert oder von Schlägern überfallen werde. Aber damit hat es auch nichts zu tun.«
»Was soll das?«, hatte Felsentretter genervt erwidert. »Hattet ihr Kakerlaken zwischen den Broten, oder stehst du kurz vor dem Eisprung?«
»Die Schläger waren wieder am Werk. Heute Mittag.«
»Na und? Wie ich an deiner Stimme höre, hast du den Angriff überlebt. Oder sprichst du aus dem Jenseits?«
»Es geht nicht um mich. Heute ist Donnerstag, da habe ich frei, wie du dich vielleicht erinnerst.«
»Was dann? Die verkalkte Alte? Bildet sie sich wieder ein, die hätten es auf sie abgesehen?«
Die Stimme seiner Frau hatte einen weinerlichen Tonfall angenommen. »Sophia. Sie haben Sophia überfallen!«
Felsentretter hatte sich mit seiner Faust auf den Schreibtisch donnernd auf seinen Bürostuhl fallen lassen, nicht darauf achtend, wie das Mobiliar unter der Belastung ächzte. »Was sagst du da? Was ist passiert?«
Er hatte auf die Erklärung seiner Frau gewartet, nur ihr Weinen gehört. »Was ist passiert?«
Mit stockender Stimme war sie dazu übergegangen, ihm zu berichten, dass eine Gruppe junger Männer, »dieselben, die
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