Schwaben-Sumpf
Worte über die Lippen gingen. Meck würde sich die Chance nicht entgehen lassen, sie dessen zu überführen, war ihr sofort klar. Natürlich hatte sie keinen Beweis, dass Heimpold mit seinem Chef persönlich gesprochen hatte, obwohl sich das sinngemäß den Telefonaten zufolge, die er vorher und anschließend geführt hatte, so ergab. Der Ermordete hatte zwar die Nummer gewählt, die auf Meck zugelassen war, wer ihm dabei aber als Gesprächspartner gedient hatte, war völlig offen.
»Ich erwähnte es doch gerade«, erwiderte Meck mit süffisantem Grinsen, »Sie verfügen über eine gehörige Portion Fantasie, Frau Kommissarin. Aber auch Sie sollten sich an die Fakten halten, ich denke, der Herr Oberstaatsanwalt wird mir da beipflichten. Fakt ist, dass Herr Heimpold an jenem Tag tatsächlich ein langes Gespräch mit der Nummer führte, unter der auch ich manchmal, aufgrund meiner beruflichen Belastung allerdings doch recht selten, zu erreichen bin. Herr Heimpold war, nun, umschreiben wir es einmal so, ein Frauentyp. Ich weiß nicht, ob Sie das nachvollziehen können, Sie haben ihn wohl kaum gekannt. Auf jeden Fall war er, was die besagte Beziehung betrifft, kein Kostverächter. Deshalb scheute er sich auch nicht, Gelegenheiten wahrzunehmen, die, sagen wir mal, etwas unkonventioneller Natur waren. Langer Rede kurzer Sinn: Herr Heimpold führte jenes lange Gespräch in der Tat mit besagter Nummer. Aber er hatte nicht mich an der Strippe und der Inhalt des Gesprächs war auch nicht beruflicher Natur, sondern Herr Heimpold flirtete mit meiner Frau. Sie hat es mir heute Morgen gebeichtet. Diese Beziehung ging schon mehrere Wochen. Der Mann, dessen Namen ich jetzt wirklich nicht mehr hören und nicht mehr aussprechen möchte, betrog mich nicht nur geschäftlich, sondern auch noch privat. Sie können meine Frau jederzeit daraufhin befragen. Sind Sie jetzt endlich zufrieden, Frau Kommissarin, nachdem ich mich vor Ihnen so entblößt habe?«
28. Kapitel
Es war Steffen Braigs Idee.
»Morgen ist Sonntag. Wie wäre es mit einer kleinen Abwechslung und ein paar Stunden Erholung? Ann-Katrin hat frei, die Wetterprognose sieht gut aus. Wie steht es mit deinen beiden Männern? Fahren wir gemeinsam an den Bodensee?«, hatte er am Telefon gefragt.
Neundorf war sofort einverstanden, zumal Thomas Weiss seine Anwesenheit in der Redaktion auf den Sonntagmorgen hatte beschränken können. »Wenn du bereit bist, auf meinen Sohn zu verzichten. Er ist mit der Oma in Großheppach verabredet.«
Kurz nach zwölf Uhr hatten sie sich im Stuttgarter Hauptbahnhof getroffen, das Baden-Württemberg-Ticket gelöst, waren im nur schwach besetzten vorderen Teil des Zuges ins Gespräch gekommen.
»Wie geht es mit deinen Schmerzen?« Neundorf hatte Braigs leichtes Humpeln sofort bemerkt.
Er schüttelte den Kopf, zog einen Schuh aus, legte sein rechtes Bein auf den gegenüberliegenden Sitz. »Nicht anders als sonst auch. Es bleibt sich gleich. Wenn wir nicht gerade zu einer Bergtour starten, ist es kein Problem.«
»Vor vierzehn Tagen wurde das Schwein verurteilt«, sagte sie.
Er nickte, verstand sofort, wen sie meinte. Karl Bosbach, ein Immobilienmakler aus Oettingen, der eine Nudelfabrikantin ermordet, eine andere Frau entführt und auf der Flucht vor seinen Kollegen ihn, Braig, in Reutlingen überfahren hatte.
»Steffen hat den Prozess verfolgt«, sagte Ann-Katrin Räuber, Braigs Lebensgefährtin, »mit zusammengebissenen Zähnen.«
»Dem konnten wir dann wenigstens alles nachweisen und ihn lebenslänglich hinter Gitter bringen«, erklärte Neundorf. »Mord aus Habgier und zweimal versuchter Totschlag. Der sitzt den Rest seines Lebens. Davon kann ich im Moment nur träumen.«
»Du arbeitest an dem Fall des ermordeten Mädchens, das von Theresa beerdigt wurde?«
Die Kommissarin nickte. »Ich habe deine Schwester zum ersten Mal als Pfarrerin erlebt. Sie sprach sehr einfühlsam. Wir arbeiten daran, kommen aber nicht vorwärts.«
»Wo liegt das Problem?«
»Ich glaube, wir haben den Hintermann. Aber mir fehlen die Beweise.«
»Dieser ominöse Meck?«
»Genau der, ja.«
»Er behauptet, Heimpold habe kurz vor seinem Tod am Telefon mit seiner Frau geflirtet?«
Neundorf blickte aus dem Fenster, sah unten im Tal und an den Hängen die Häuser Stuttgarts liegen. Der Zug wand sich die kurvenreiche Steigung hoch, verschwand dann in einem schmalen Einschnitt. »Ein neunundfünfzig Minuten langer Flirt, nachdem er gerade mit Bohnwald und Welter in
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