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Schwaben-Sumpf

Schwaben-Sumpf

Titel: Schwaben-Sumpf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Wanninger
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weniger Konzerne. Mit der Konsequenz, dass sich der Staat immer weiter verschulden muss, während die Konzerne immer höhere Gewinne einstreichen. Aber das gilt bei uns inzwischen im Gegensatz zum Diebstahl einer Streichholzschachtel im Supermarkt als völlig legal. Und jetzt seid ihr dem Kerl tatsächlich auf die Schliche gekommen?»
    »Beinahe auf die Schliche gekommen«, betonte Neundorf. »Heimpold wurde gerade noch rechtzeitig aus dem Verkehr gezogen. Er hätte Mecks Verwicklung in die Sklavenarbeit und den Missbrauch der Kinder als Soldaten bezeugen können.« Sie sah mehrere Leute in den Zug steigen, wartete, bis sie ihre Sitzgruppe passiert hatten. »Niemand kam dieser Mord gelegener als Meck.«
    »Was ist mit Jessica Heimpold?«, fragte Braig. »Gibt es einen Zusammenhang mit dem Tod ihres Vaters, oder denkst du immer noch an die Vukmirovic-Brüder?«
    »Wie sollte ein Zusammenhang aussehen?«
    Braig überlegte nicht lange. »Eine letzte entscheidende Warnung an Heimpold: Mir ist es absolut ernst damit, dass du dein Maul hältst und alle Verantwortung für die Tätigkeit der Firma übernimmst. Du siehst, ich schrecke vor nichts zurück.«
    »Meck lässt Heimpolds Tochter ermorden?«
    »Seit wann war er über Bohnwalds Recherchen informiert?«
    Neundorf überlegte. »Dienstags kam er nach Deutschland. Drei Tage später, von Freitagnacht auf Samstag wurde Jessica ermordet.«
    »Also, das könnte doch passen.«
    Sie runzelte die Stirn, atmete tief durch. »Das muss ich erst einmal verdauen«, erklärte sie. »Zuerst die Tochter, dann der Vater. Ich werde Bohnwald anrufen und nach dem genauen Zeitpunkt fragen, an dem er zum ersten Mal mit Heimpold Kontakt aufnahm und inwieweit Meck informiert war.«
    »Damit wären die Vukmirovics endgültig draußen«, meinte Braig.
    »Du wärst froh darüber.«
    Braig nickte. »Schon wegen ihrer Mutter. Sie ist völlig am Boden.«
    »Woher …?«
    »Ich habe sie noch einmal besucht. Gestern Mittag.«
    Neundorf zeigte sich überrascht. »Einfach so?«
    »Ich will ihr helfen. Sie tut mir leid. Erst das Unglück mit ihrem Mann, jetzt die Söhne. Dabei hat sie alles getan, die auf einen rechten Weg zu bringen.«
    »Du siehst Gemeinsamkeiten mit deiner Biografie?«
    Braig lächelte. »Ein Stück weit, ja. Das Leben am Rand der Gesellschaft. Der eiserne Wille, dazu gehören zu wollen. Und die Gleichgültigkeit und Verachtung, die dir von vielen entgegenschlägt.« Er sah die mächtige Kirche von Herrenberg hoch über der kleinen Stadt thronen, wandte sich wieder seiner Kollegin zu. »Sie erinnert mich an meine Mutter. Arbeit Tag und Nacht. Alles für die eigene Familie. Morgens Zeitungen austragen, dann die Kinder in die Schule schaffen, anschließend der Vollzeitjob in der Mensa. Danach Essen kochen für die Jungs, bei irgendwelchen reichen Schnöseln putzen, abends in einer Wirtschaft Geschirr spülen bis kurz vor Mitternacht. Leben in Deutschland. Hast du eine Ahnung, wie viele dieser Gastarbeiter«, er betonte das Wort, gab seiner Aussprache jenen verächtlichen Beiklang, mit dem es oft benutzt wurde, »sechs Tage in der Woche etwa so verbringen?«
    »Wir sehen nur die Negativbeispiele«, gab sie zu, »die Minderheit, die über die Stränge schlägt und Probleme macht.«
    »Sie putzt bei den Heimpolds und anderen neureichen Familien. Weißt du, wie viel sie ihr zahlen?«
    Neundorf schüttelte den Kopf. »Ich denke, die Frau ist sehr fleißig. Sie verdient ihr Geld.«
    Braig ging nicht auf ihre Worte ein, wartete, bis der Zug hielt und die neu zugestiegenen Fahrgäste Platz genommen hatten. »Drei Euro fünfzig«, sagte er dann, »die Stunde.«
    Weiss starrte überrascht zu ihm hin. »Das kann nicht sein. Der gesetzliche Mindestlohn liegt weit darüber.«
    »Drei Euro fünfzig«, wiederholte der Kommissar, »gesetzliche Mindestlöhne interessieren Heimpolds und andere gute Bürger dieser Stadt nicht. Da trifft es sich doch gut, dass die Frau Geld braucht. Ihr Mann ist schwer verunglückt, und die beiden Söhne sind auf dem Weg zum Abitur. Eine kleine Zwangslage. Da strengt man sich halt noch an. Drei Euro fünfzig im reichen Stuttgart. Die Frau lügt nicht. Ich weiß, wie meine Mutter behandelt wurde.« Er schaute nach draußen, sah im Osten die graublaue Wand der Schwäbischen Alb emporragen. »Und jetzt macht sie sich Vorwürfe, dass sie nicht genügend Zeit hatte, sich um ihre Söhne zu kümmern und zu verhindern, dass die irgendwelchen Gewaltfilmen verfallen, mit denen die

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