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Schwaben-Wahn

Schwaben-Wahn

Titel: Schwaben-Wahn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Wanninger
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ein buntes Sammelsurium all jener, die auf der Schattenseite des Lebens gelandet sind oder dort zu landen drohten. Karls Aufgabe war es, die Leute zu überprüfen, die Hintergründe und Tragweite ihrer Defekte zu analysieren und eine Prognose über ihre Resozialisierungsbereitschaft und -fähigkeit zu erstellen. Oft hing von seiner Expertise die Existenz ganzer Familien ab. Was tun mit einem Alkoholiker, der seine Sucht nicht wahrhaben will, als LKW-Fahrer im alkoholisierten Zustand aber bereits mehrere Unfälle verursacht hat? Darf seinen Beteuerungen Glauben geschenkt werden, er greife unterwegs nie mehr zur Flasche? Wie ist der notorische Schläger zu beurteilen, der nach mehreren Jahren Haft um Freigang bittet? Karl stand zeitweise unter dem Schutz Ihrer Kollegen. Sie glauben nicht, wie viele Drohungen er erhielt.«
    Neundorf seufzte laut auf, warf Braig einen viel sagenden Blick zu. Er wusste, was die Aussage der Frau bedeutete. Arbeit über Arbeit. Sie mussten sämtliche Personen überprüfen, die Karl Herzog im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit als Psychologischer Gutachter bedroht hatten. »Wie lange war Ihr Mann in dieser Position tätig?«, hakte er nach.
    Stefanie Herzog überlegte, zählte mit den Fingern ihrer Hände nach. »Acht Jahre«, erklärte sie dann, »fünf davon in Reutlingen und drei in Esslingen. Zuerst gemeinsam mit einer Kollegin und dann in einer eigenen Praxis in Esslingen. Die letzten Jahre, das war die schlimmste Zeit.«
    »Mit den schlimmsten Drohungen?«
    Die Frau nickte mit dem Kopf.
    »Wann genau?«
    Stefanie Herzog brauchte nicht lange zu überlegen. »1997 bis 2000. Diese ständigen Belastungen waren der endgültige Schlussstein unserer Beziehung. Ein gemeinsames Leben alle paar Wochen unter Polizeischutz – das funktioniert nicht.«
    »Könnten Sie uns Namen nennen? Oder sollen wir bei unseren Kollegen nachforschen?«
    »Das ist nicht nötig. Gewisse Namen prägen sich ein.«
    »Ja?« Braig hatte einen Block vor sich liegen, war bereit mitzuschreiben.
    »Ich muss diese Hürde überwinden«, erklärte Stefanie Herzog. »Aber diejenigen, die ich jetzt nenne, haben es verdient.« Sie fuhr sich mit der Hand über die Stirn, wischte eine Haarsträhne zur Seite. »Wangbiehler, Johannes.«
    »Wangbiehler?«, fragte Braig. »Doch nicht dieser Unternehmer ...«
    »Sein Sohn«, antwortete die Frau. »Der Kerl war Anfang zwanzig, aber eine durch und durch verkommene Existenz. Zweimal Trunkenheit am Steuer, einmal Totalschaden, das zweite Mal ein schwerverletzter Fußgänger. Karl hielt ihn für unberechenbar, plädierte für Führerscheinentzug. Wangbiehler hetzte ihm Schläger auf den Hals, einmal gab es auch eine Auseinandersetzung mit Ihren Kollegen. Sie können nachfragen, das wurde ordentlich protokolliert. Der Kerl drohte mehrfach, Karl umzubringen.«
    »Wissen Sie, wo er lebt? »
    Stefanie Herzog schüttelte den Kopf. »Damals wohnte er in Stuttgart. Wo er sich heute herumtreibt, weiß ich nicht. Fragen Sie Karls Mutter. Vielleicht weiß sie Bescheid. Wangbiehler war der Grund, dass wir von Esslingen wegzogen, hierher. Wir wollten endlich wieder in Ruhe leben.«
    »Wer waren die anderen?«
    »Zimmermann, Friedrich. Derselbe Typ wie Wangbiehler. Verwöhntes Muttersöhnchen. Dreißig Jahre lang fiel ihm alles in den Schoß und dann kam ihm zum ersten Mal jemand in die Quere. Drogen- und Alkoholexzesse, Touren mit bis zu drei Promille, zwei angefahrene Kinder. Karl war nicht bereit, darüber hinwegzusehen. Er brachte Zimmermanns menschenverachtenden Charakterzug zu Papier. Darauf hatte er keine Ruhe mehr. Bis der Kerl erneut erwischt wurde. Diesmal war seine Beifahrerin tot.«
    »Er sitzt im Gefängnis?«
    Die Frau streckte ihre Hände weit von sich. »Keine Ahnung. Ihre Kollegen werden informiert sein, oder?«
    »Wir werden es überprüfen, das ist kein Problem. Wen sollten wir noch berücksichtigen?«
    Sie nannte zwei weitere Namen, Robert Meurer und Stefan Schilling, schilderte die Umstände, sah zu, wie Braig sich Notizen machte. Auch diese Männer hatten Schwierigkeiten mit Alkohol und anderen Drogen gehabt, dazu verbissen um ihren Führerschein gekämpft. »Glauben Sie, da ist ein Zusammenhang?«, fragte Stefanie Herzog plötzlich, die Augen ratlos durch das nahe Fenster ins Freie gerichtet. Sie war aufgesprungen, fuhr sich stirnrunzelnd mit der Hand durch die Haare. »Weil Karls Expertise der Auffassung dieser Männer nach Ursache dafür war, dass sie eine Zeit lang nicht Auto

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